Schubumkehr

In Zeiten des realen Irrsinns muss sich die komische Profession auf den lachhaften Todernst besinnen. Wes Anderson tuts.

Das grosse Ganze ist Pipifax. Es ist die Aneinanderreihung der Assoziationen in den Details, die letztlich «The Poenician Scheme» von Wes Anderson (und Co-Autor Roman Coppola) eine Art von Sinnhaftigkeit vermitteln. Dem schwerreichen Multi Anatole Zsa Zsa Korda (Benicio Del Toro) gehört schon die halbe Welt und das ist natürlich nicht genug. Er will die letzte Wüste mit allem, was Infrastrukturprojekte an Grössenwahnsinnstauglichem so hergeben, entwickeln und seinen Nachkommen den Geldregen für die nächsten 150 Jahre garantieren. Jetzt sieht das unter anderem die Weltverschwörung der Bürokratie gar nicht gerne, weshalb die Stellvertreterherren alles abfeuern (lassen), was an Sabotage und Verhinderung in ihrem Köcher steckt. Das letzte bisschen Finanzfehlbetrag will er von den Teilhaberkonsortien getreu der Maxime Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren spielerisch eintreiben. Klappt natürlich nur so mässig, aber getreu der Handlungsschubumkehr vom Multi zum Tellerwäscher ist das Konkrete die Quantité négligeable, als harte Währung wahrgenommen wird allein der innerlich empfundene Triumph einer geglückten Übervorteilung des Gegenübers. Der Film beginnt mit Zsa Zsas sechstem Flugzeugabsturz, während dessen Sturzflug er noch rasch den Piloten feuert und in den folgenden anderthalb Minuten Beinahetod mit dem Vorhof zum Jenseits Bekanntschaft schliesst, wo bei allen weiteren Malen solcher Erfahrungen verschiedene Personen aus seinem Vorleben ihre Einschätzungen über seine Paradiestauglichkeit abgeben. Mit dem Glauben hat ers eh nicht. Seine potenzielle Adoptivtochter – die besten Gene müssen nicht die eigenen sein – Liesl (Mia Threapleton) soll ihre Profess gegen die Rolle einer Kronprinzessin auf Probe tauschen. Aus didaktischen Gründen nimmt er sie zusammen mit dem Privatlehrer für Insektenkunde (Michael Cera) mit auf seine Dealmakerreise. Putzige Handgranätchen sollen seine Gegenüber wohlgesinnt stimmen, aber zuletzt sind es doch eher die Nötigung, das bare Glück oder die eigentliche Verzweiflung des Gegenübers, die ihn reüssieren ergo scheitern lassen. Der Cast ist natürlich bis in die kleinste Rolle hochgradig besetzt und das Setting gernegross suggerierende potemkinsche Dörfer. Lustig im offensichtlichen Sinn ist das alles überhaupt nicht. Listig schon eher. Und in Anbetracht der vollkommen frei erfundenen Personen und Handlungen ohne jedwede erkennbaren Parallelen zu realen Vorkommnissen und Handelnden höchstens ein klitzekleinwenig politisch.

«The Phoenician Scheme» spielt in den Kinos Arena, Corso, Frame, Le Paris, RiffRaff.