Rehabilitieren

Ernesto Daranas hebt den verschollenen Filmschatz eines kubanischen Avantgardisten.

Vor vier Jahren traf endlich die Bewilligung ein, im nationalen Filmarchiv nach Spuren der Werke von Nicolás Guillén Landrián (1938-2003), dem ersten Schwarzen Filmregisseur auf Kuba zu forschen. Ohne Ernesto Darans Dokumentation dazu zuvor gesehen zu haben, wirken die geretteten und restaurierten Filme (separat im Programm) höchstens sehr indirekt potenziell revolutionszersetzend. Aber Landrián war «anders als alle anderen» und das genügte offensichtlich, ihn als Gefahr einzustufen. Es halfen kein Vater mit dem Ruf eines Nationaldichters, kein internationaler Sukkurs durch den dänischen Regisseur Theodor Christensen und keine Sympathie des Direktors des Filminstituts Alfonso Guevara, wenn die Direktive von ‹ganz oben› kam, Landrián am Filmen zu hindern. Die Ausflüchte für teils drakonische Strafen wie (Präventiv-)Haft und Zwangseinweisung in die Psychiatrie klingen allesamt lapidar und schwammig: «Liederliches Verhalten», «unangebrachte Äusserungen», «Extravaganz und ideologische Verwirrung». Dabei war er ein Kämpfer in der Revolution gegen die Diktatur Batistas und schrieb in seinem Tagebuch: «Ich war nie angepasst. Deshalb dachte ich, die Revolution ist mein Ding.» Seine Witwe Gretel Alfonso glaubt, «sie hatten Angst vor ihm», insbesondere vor seinem gewinnenden Charisma und seiner steten künstlerischen Bemühung um eine «anschauliche Beschreibung der Realität». Sein langjähriger Kameramann Livio Delgado beschreibt seinen Freigeist so: «Er machte immer was er wollte und sagte, was er dachte». Das Wagnis, die Realität statt eines Ideals mit der Kamera einzufangen, die Kunst über didaktische Absichten zu stellen und damit die sich zunehmend verengenden ideologischen Leitlinien zu sprengen und damit in der breiten Bevölkerung Anklang zu finden, mag für ein Regime in der Tat erschrecken. Neben der Rehabilitierung Landriáns ermöglichen die Filme auch einen raren Einblick in die Anfangsjahre des noch jungen nachrevolutionären Kuba.

«Landrián» spielt im Filmpodium.