- Gemeinderat
Rechnung, Kesselhaus, Kitas
Die Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend startete mit dem Rücktritt von Monika Bätschmann (Grüne, siehe auch P.S. vom 14. Juni). Der Präsident der Rechnungsprüfungskommission (RPK), Sven Sobernheim (GLP), las den Bericht seiner Kommission zur Jahresrechnung 2023 vor. Bei einem Aufwand von 10,63 Milliarden Franken und einem Ertrag von 10,86 Milliarden Franken resultierte ein Ertragsüberschuss von 231,3 Millionen Franken. Im Budget 2023 war ein Aufwandüberschuss von 216,4 Millionen Franken vorgesehen: «Unter Berücksichtigung der Nachtragskredite von 86,2 Millionen Franken sowie der Globalbudgetergänzungen von 36,7 Millionen Franken ist das Ergebnis 2023 um 570,7 Millionen Franken besser ausgefallen.»
Am deutlichsten dazu beigetragen hätten die «stark gestiegenen und hohen Steuereinnahmen (plus 405,3 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr)». Im Gegensatz zu früheren Jahren habe die Neubewertung der Liegenschaften im Finanzvermögen nur eine geringfügige Auswirkung gehabt, konkret einen Aufwertungsgewinn von insgesamt sechs Millionen Franken. DerSelbstfinanzierungsgrad beträgt 99,8 Prozent, «was deutlich über dem Vorjahreswert von 79,2 Prozent liegt». Aus Sicht der RPK bildet diese Zahl jedoch nicht die Realität ab, denn seit dem 1. Januar 2022 seien Finanzreserven von Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ) verringert und bei der Abfallbewirtschaftung die Gebühren gesenkt worden. Wegen dieses Abbaus der Reserven ist daher aus Sicht der RPK der Selbstfinanzierungsgrad ohne die Eigenwirtschaftsbetriebe ERZ Abfall und ERZ Abwasser aussagekräftiger: «Dieser Selbstfinanzierungsgrad beträgt für den Gesamthaushalt 106,9 Prozent (Eigenwirtschaftsbetriebe 103 Prozent).» Das zweckfreie Eigenkapital beträgt jetzt 2,35 Milliarden Franken. Die Mehrheit beantrage Zustimmung, schloss Sven Sobernheim.
Für die Minderheit erklärte Përparim Avdili (FDP), man fühle sich an der Nase herumgeführt angesichts von über einer halben Milliarde Franken mehr als budgetiert im 2023, nach über 600 Millionen mehr im 2022. Er sprach von «rekordhohen Steuererträgen dank florierender Wirtschaft». Die hohen Grundstückgewinnsteuern habe der Stadtrat «mit-provoziert und davon profitiert». Kurz, es brauche eine Steuersenkung. Përparim Avdili betonte gleichzeitig, die Ablehnung seiner Fraktion sei nicht «formeller Natur», diesbezüglich hätten die Freisinnigen keinen Einwand, sondern «politischer Natur».
Johann Widmer (SVP) erklärte, das Alleinstellungsmerkmal der Linken sei, «Geld auszugeben, das ihnen nicht gehört». So gingen «hunderte Millionen für nicht wirksame Hitzeminderungsmassnahmen» drauf und 20 Millionen für das Ersetzen von Heizungen, Geld fliesse in «Schulpaläste», in die «Sozialindustrie» und in die «überproportional wachsende Verwaltung». Florian Utz (SP) rechnete vor, dass eine Steuersenkung um ein Prozent einen durchschnittlichen Haushalt um 21 Franken ‹entlasten› würde. Für eine «Entlastung, die beim Mittelstand ankommt», müsste man beispielsweise bei der Mietzinsentwicklung, den Krankenkassenprämien, den Betreuungskosten in den Alterszentren, den Kosten für die Kitas und jenen für den öV ansetzen. Schliesslich hiess der Rat die Jahresrechnung 2023 mit 73 gegen 34 Stimmen (von SVP und FDP) bei acht Enthaltungen (der AL) gut. Der Geschäftsbericht 2023 kam mit 98 gegen 12 Stimmen (der SVP) durch.
Schwimmen im Kesselhaus
Die Vorlage des Stadtrats für den Einbau einer Schulschwimmanlage an der Wasserwerkstrasse 107 stellte Kommissionssprecherin Yasmine Bourgeois (FDP) vor. An dieser Adresse befindet sich das ehemalige Kesselhaus des Elektrizitätswerks Letten, das besetzt war, geräumt wurde und zu dem Grüne und AL in der Vergangenheit mittels Postulat eine «selbstorganisierte Nutzung für kulturelle und politische Veranstaltungen sowie Selbsthilfewerkstätten und eine Küche» gefordert hatten (P.S. berichtete).
Zur Debatte stand ein Projektierungskredit von 2,5 Millionen Franken. Es gebe «Bedarf an Wasserfläche für den obligatorischen Schwimmunterricht im Schulkreis Waidberg», der dank der neuen Anlage im ehemaligen Kesselhaus gedeckt werden soll. Die Kosten beliefen sich auf 17 Millionen Franken. Das Kesselhaus werde «nicht mehr gebraucht», sei jedoch im Inventar der schützenswerten Bauten, weshalb die Anlage als «reversibler Einbau» geplant sei. Bis zur nötigen Instandsetzung sei «eventuell eine Zwischennutzung» möglich.
Den Rückweisungsantrag von Grünen und AL begründete Urs Riklin (Grüne) unter anderem damit, es werde «zunehmend schwieriger, Orte für Kleingewerbe und Kultur» zu finden. Das Kesselhaus habe «über Jahre leer gestanden», und nach der Besetzung habe das EWZ die Räumung mit der Begründung in die Wege geleitet, das Gebäude sei einsturzgefährdet. Eine Schulschwimmanlage in Kesselhaus und eine Energiezentrale im benachbarten Burrischopf wiesen die Grünen mit dem Auftrag zurück, den Bedarf an Wasserflächen im Schulkreis Waidberg an alternativen Standorten zu decken. Das Kesselhaus sei zu sanieren und einer öffentlichen Nutzung zuzuführen.Yasmine Bourgeois erklärte, die Mehrheit lehne den Rückweisungsantrag ab. Es gebe keinen alternativen Standort, und eine kulturelle Nutzung sei auf dem nicht überbauten Parkplatz vorgesehen. Per Änderungsantrag verlangten SP, GLP und AL den Einbau einer «langfristig betriebenen Schulschwimmanlage». Ann-Catherine Nabholz (GLP) sagte zur Begründung, es gelte «Nachhaltigkeit nicht nur beim Bau, sondern auch bei der Infrastrukturplanung zu beachten». Den Rückweisungsantrag lehnte der Rat mit 86:23 Stimmen (von Grünen und AL) ab, der Änderungsantrag kam mit 62:48 Stimmen (von FDP, SVP und Grünen) durch. Die derart bereinigte Vorlage hiess der Rat mit 87:25 Stimmen (von AL und Grünen) gut.
Kita-Verordnung
Zu später Stunde debattierte das Parlament noch die Teilrevision der Verordnung über die familienergänzende Kinderbetreuung in der Stadt Zürich. Zu reden gaben unter anderem die zusätzlichen unangekündigten Kontrollen in den Kitas und die Verbesserung der Anstellungsbedingungen. SVP und FDP stellten den Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, die «strukturellen Probleme des Kita-Marktes» anzugehen, die «durch die staatlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden sind». Zur Begründung führten sie unter anderem an, angesichts des dadurch entstandenen «Überangebots» sei es falsch, «einen Gesamtarbeitsvertrag auszuarbeiten und die Mehrkosten den Steuerzahlern aufzubürden». Sie drangen damit aber nicht durch: Den Rückweisungsantrag lehnte der Rat mit 70:42 Stimmen (von SVP, FDP und Mitte-/EVP), ab, und auch bei den Änderungsanträgen setzte sich die Mehrheit durch. Die Vorlage geht nun an die Redaktionskommission.