Proteste losgetreten, Verhandlungen stockend

Sergio Scagliola

 

Rund 1500 BauarbeiterInnen gingen in Zürich am Freitag letzter Woche auf die Strasse. Die siebte Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaften und Schweizerischem Baumeisterverband (SBV) am darauffolgenden Montag scheiterte aber. 

 

Die Gewerkschaften hatten für den November Protesttage angekündigt, nachdem trotz mehrerer Verhandlungsrunden keine Einigung für einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) gefunden werden konnte. Bereits im Sommer protestierten 15 000 ArbeiterInnen in Zürich: Gegen die vom SBV geforderte Flexibilisierung bei den Arbeitszeiten, für besseren Schutz ihrer Gesundheit, für eine Lohnerhöhung neben einem Teuerungsausgleich. Der siebten Verhandlungsrunde am Montag ging eine mehrwöchige, überregionale Aktion der Gewerkschaften voraus – sie hatten Protesttage in der ersten Novemberhälfte angekündigt, bei denen gesamtschweizerisch wieder rund 15 000 BauarbeiterInnen auf die Strasse gegangen sind. Beim SBV nervt man sich indes über die Arbeitskämpfe: In einer Medienmitteilung vom 11. November verurteilt der SBV die gewerkschaftlichen Aktionen unter dem Argument der Nichteinhaltung der Friedenspflicht scharf. Es sei fraglich, ob die Gewerkschaften «überhaupt ernsthaft einen neuen LMV wollen, wenn sie den bestehenden immer wieder brechen». In einem nächsten Schritt wollen die Baumeister diesen Bruch der Friedenspflicht vor das Schiedsgericht bringen. Aber wenn sieben Verhandlungsrunden scheitern und rund ein Sechstel der Personen, die vom LMV betroffen sind, auf die Strasse gehen, ist fraglich, ob den Anliegen der ArbeiterInnen wirklich Gehör geboten wird. SBV-Mediensprecher Matthias Engel dementiert: «Angesichts der Tatsache, dass auch in der Baubranche ein Fachkräftemangel besteht, haben die Baumeister kein Interesse daran, diese Situation mit schlechteren LMV-Bestimmungen für ihre Bauarbeiter zu verschärfen.» 

 

Zwei Termine zur gemeinsamen Ausarbeitung des LMV stehen aber noch an. Festgefahren sind die Verhandlungen insbesondere, weil wenig Kompromissbereitschaft zu bestehen scheint. Der SBV will nur etwas von einer Lohnerhöhung wissen, wenn deren Arbeitszeitmodell akzeptiert würde – er fordert eine flexiblere Einsatzplanung. Diese würde laut dem Verband etwa Verbesserungen bei Schlechtwettersituationen mit sich bringen und zudem die Freizeitsplanung erleichtern, laut Unia jedoch zu einem Arbeitszeitdiktat führen können, wodurch genau bei Hitze mehr und im Winter weniger gebaut werden könnte ohne grossen Einfluss seitens der ArbeiterInnen. Dies käme in erster Linie den Baumeistern zugute und nicht dem Privatleben der Angestellten. «Eine Flexibilisierung nach dem Gusto der Arbeitgeber», heisst es bei der Unia.

 

Wie weiter also? Nico Lutz, Leiter Sektor Bau bei der Unia, sagt: «Wir haben bis Ende November jetzt noch zwei zusätzliche Verhandlungsrunden vereinbart. Ob wir eine Einigung erreichen werden, ist derzeit noch sehr ungewiss. Bei der Arbeitszeit liegen die Positionen noch weit auseinander. Doch beide Seiten wissen, dass der Vertrag für die Arbeitnehmenden, für die Firmen und für die gesamte Branche von grosser Bedeutung ist. Falls es keine Einigung gibt, ist ab Januar mit Streiks zu rechnen.

 

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