Postcoronale Verwirrungen

Corona ist vielleicht schon bald Geschichte – hinterlässt aber landauf, landab geistige Verwüstungen. Auf Telegram sucht jemand: «eine Person im Raum Zürich, die aktuell Corona hat – ich hätte gerne ein paar Fragen.» Das ist wohl die maximale Verwirrung. Gewöhnlich haben die Leute ja jede Menge Fragen und hätten immer nur gern Antworten. Warum uns heute zu Corona nicht mal mehr Fragen einfallen, weiss vielleicht die Person, die hinter diesem Zürcher Graffiti steckt: «… ein Virus aus dem aus dem Weltall kam und den Menschen den Verstand weg nahm.» Dieser Reim ist zwar reichlich lahm – inhaltlich aber wahrscheinlich korrekt, denn: Auch bei mir bei mir, da reicht es itzo nur mehr noch für Spott und Witze!

 

In meinem Quartier wird renoviert. Wenn das Auto der Dachdecker-Bude herumsteht, muss ich immer lachen, denn darauf steht: Pilatus Flachdach. Das erinnert mich an meinen ehemaligen Religionslehrer namens Friedhelm Krieger. Eine ganze Weile kann ich drögem Alltagsdenken entfliehen, indem ich fiktive Romanfiguren mit ähnlich widersprüchlichen Personennamen erfinde: Der erfolglose Detektiv Klever Dumpfback. Die uncharmante Bardame Büsi Hunziker. Der notorische Lügner Shorty Longleg. Der konkursite Geschäftsmann Hanswurst Ernst. (Bitte ergänzen!) «Wir reparieren alles – ausser Wasser und Strom», steht auf einem anderen Handwerker-Büssli. Die kennen immerhin ihre Grenzen. Mit defektem Wasser ist nämlich nicht zu spassen – kaum hat es sich zwei H abgeknackst, schon entweicht es als Ozon in die Atmosphäre und beisst in den Augen. Da kann der Klempner nur noch in die Röhre gucken! 

 

Die Werbewelt taumelt von Fettnapf zu Fettnapf. Keine Kauflust löst bei mir jedenfalls das «Druckkleid mit kurzen Armen» aus – ich empfinde eher eine Mischung aus Atemnot und Mitleid. Ganz ähnlich geht es mir beim «Fisch auf Gemüsebeet». Eben noch schwamm der Salm quicklebendig im Flussbett, versprochen war ihm eine letzte Ruhestätte auf aromatischem Gemüsebett, und jetzt soll er einfach so zwischen Kartoffelstauden und Kohlköpfen auf der Erde liegen? Da knirscht mir ja schon rein von der Vorstellung der Dreck zwischen den Zähnen. Ich nehm dann mal lieber Fleischkäse mit Pommes…

 

«Worin ich investiere, bestimme ich allein,» so wirbt eine junge Frau für ein Finanzinstitut. Sie tat es zum Zeitpunkt des Fotografiertwerdens gerade in einer reichlich tätowierten Haut und in jugendlich-modischen Kleidern. Vielleicht tut sies zu anderen Zeiten aber auch im Morgenrock, in einem Schaumbad oder in der Besenkammer, das kann man bei so originellen und burschikosen Leuten nie wissen. Wir verstehen aber auf Anhieb, dass investieren anscheinend weniger kompliziert sein soll als der Unterschied zwischen dem Dativ und dem Akkusativ eines interrogativen Adverbs. Der Akkusativ von «Worin» wäre ja nicht etwa … «Worein ich investiere, bestimme ich allein»? Reimt sich, klingt aber affig. Fast so schlimm wie: «Wie ich mein Geld anlege, bestimme ich allein.» So plump kann man das doch nicht bringen! Da würde wohl jede/r merken, dass man für Geld erst mal eine Weile arbeiten oder es von spiessigen Verwandten erben müsste. Dass man sich mit Anlegen wohl kaum alleine auskennt. Und dass dann so unkuhle Entitäten wie sparen, Bankschalter und Anlageberater ins Spiel kommen. Aber investieren, momoll, womöglich im Pyjama vom Sofa aus – weischwiegeil!

 

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