Pilz, Pilze, Pilze!

In der Pilzkontrolle spüren wir einen ungebrochenen Boom des selbstversorgerischen, veganen und coronatauglichen Frischlufthobbys des Pilzesammelns. Die Trendigkeit hat natürlich auch ihre Schattenseiten, und so gab es letztes Jahr einen Rekord an Pilzvergiftungen zu verzeichnen. Als Ursachen gelten der Glaube an Ammenmärchen, wonach jeglicher Giftpilz mit irgendeinem Hausmittelchen zweifelsfrei ermittelt werden könne, aber auch Pilzapps, mit deren Anwendung Anfänger sich in falscher Sicherheit wiegen, sowie die unsachgemässe Handhabe von Speisepilzen.  

Die häufigsten Fragen von Neulingen sind: «Wo finde ich Pilze?» und «Wie unterscheide ich einen essbaren Pilz von einem giftigen?». Darauf gibt es keine einfachen Antworten. Am besten wählt man in der Nähe des eigenen Wohnorts einen Routine-Waldspaziergang, den man mit der Zeit variiert, und hält unterwegs die Augen offen. Viele Pilzler sind denn auch Hündeler. Pilze wachsen bei besonderen Bäumen wie Birken, Lärchen, Pappeln, Weisstannen, Föhren usw., am Wegrand, in Wiesen, im Moor, auf dem Friedhof, am Wasser, am Hang, auf Totholz usw. Ungeeignet sind m.E. mit Brombeeren überwachsene Waldböden, reine Ahornwälder und Strassenränder. Man kann aber auch in einem bekannten Pilzgebiet Ferien machen. 

Zur Giftigkeit gilt: Man muss! jeden! einzelnen! Pilz, den man essen will, absolut! zweifelsfrei! kennen! Oder eben in die Kontrolle bringen. Pilzapps und Facebook-Gruppen sind zu wenig sicher.  Zweifelsfrei lassen sich nur jene Pilze bestimmen, die live vorliegen, betastet, gedreht und gewendet, beschnuppert und aufgeschnitten werden können. Selbstverständlich hilft gute, aktuelle Literatur, die sich auf das Sammelgebiet bezieht, die Erscheinungszeit der jeweiligen Pilzart erwähnt und Verwechslungsmöglichkeiten mit Giftpilzen illustriert. Die Taschenbibel der Mykofritzen, den mit unerreicht treffenden Illustrationen versehenen «Bon» (Pareys Buch der Pilze von Marcel Bon) gibt es leider nur noch antiquarisch –  in den zwei neusten Auflagen ab 400 Franken (!). Noch gründlicher erweitern Sie Ihr Wissen, wenn Sie sich einem Verein anschliessen und Bestimmungsabende besuchen. Es wird sich dann automatisch ergeben, dass Sie mit ein paar Sorten anfangen, die Sie je länger wie sicherer selber bestimmen können, und dann zu erweiterten Kenntnissen übergehen.

Zum Schluss noch etwas zur Nettiquette des Pilzesammelns – dem Wald, den anderen und der Kontrolleurin zuliebe. Vom 1. bis 10. jeden Monats ist im Kanton Zürich und anderswo Schonzeit, also Pflückverbot. Respektieren Sie diese, auch wenn Fachleute sie nicht mehr für zwingend halten. Es ist ein Gebot der Fairness den korrekten SammlerInnen gegenüber, dass man während deren Enthaltsamkeit nicht den Wald abräumt. Sammeln Sie nur solches in Mengen (bis ein Kilogramm pro Person), was Sie sicher kennen, nach Sorten getrennt, und reinigen Sie die Speisepilze am Sammelort, wo Sie auch ungeniessbare, verwurmte, überalterte Teile zurücklassen. (Ein Hauptposten an Vergiftungen geht auf den Konsum verdorbener Speisepilze zurück!). Verwenden Sie Körbchen, Stoffbeutel, Kartons, Papiertüten, gelochte Plastik-Früchtebehälter aus dem Supermarkt etc., aber niemals Plastiksäcke. Von Pilzen, die Sie nicht kennen oder nicht essen wollen, bringen Sie nur eins bis zwei vollständige Exemplare, separat verpackt, in die Kontrolle. 

Und nun, ab Sonntag wieder: Ab in die Wälder!

 

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