- Kultur
Paradox
Vermutlich ist die Neugier die originärste aller menschlichen Regungen, weshalb im raffinierten Spiel mit ihr die grösste Illusion einer anscheinend spielerischen Leichtigkeit erweckt werden kann. So, als wärs nix. «Nichts als ein Versuch» von Lukas Roth, mit der lebhaften Unterstützung der Musikerinnen Andrea Kirchhofer und Jeanne Larrouturou sowie der halbstatischen einer Zimmerpflanze und einer Wandtafel, ist ein Spiel mit Theatertricks. Grad noch keine Zauberei, denn die Ebene der Illusion bleibt allein dem Kopfkino überlassen, das bereits inhaltlich anspringt, wenn Lukas Roth die Behauptung aufstellt, nichts wäre Anlass genug, um sich darüber die Stirn in Falten zu legen. Natürlich unternimmt er in einer runden, umfassenden Tour d’horizon alles Erdenkliche und unterlässt dabei auch nichts Unvorhergesehenes, um die eigene Behauptung, noch während er sie trifft, als zutiefst fragwürdiges Unterfangen vorzuführen. Dabei passiert auf der Bühne, wo viel mit dem Mittel der Tableaus gewerkt wird, nicht eben überragend viel, und das schon gar nicht schnell. Alles ist auf Wirkung aus, was auf einen grosszügigen Vertrauensvorschuss schliessen lässt, ein anwesendes Publikum sei ohnehin aufmerksam. Nur so kann mit minimalen Interventionen, klitzekleinen Veränderungen und einer offensichtlich grossen Selbstverständlichkeit ein Erzählfluss ohne Inhalt, eine Verblüffung ohne Effekthascherei, ein schwergewichtiges philosophisches Thema mit beiläufiger Leichtigkeit hergestellt werden, die als grosse Verlockung über sich hinauswächst und doch wieder nur damit kokettiert, halt bloss ein Paradox zu sein. In Abgrenzung zum titelgebenden Nichts wäre Alles eine nicht vollends fehlerhafte Beschreibung dafür, was hier demonstriert wird. Dies im vollen Bewusstsein, dass das gar nicht möglich ist, wohingegen das Echtzeiterleben einen gerade eines Besseren belehrt. Oder wie Handwerk zu Kunst wird.
«Nichts als ein Versuch», 25.9., Theater in Kornhaus, Baden.