Neugier
Malika Fankhas «Techicolor Dreamz» changiert zwischen Einladung und Appell, das Sensorium geöffnet zu halten.
Die drei Seiten des Raums füllenden Visuals von Tina Kult wirken wie eine digitalisierte und zeitgeschmacklich und technisch aktualisierte Version einer Welt in der Schwebe, wie sie Mitte der 1980er-Jahre Hayao Miyazaki in seinen ersten Animéfilmen als fantastische Fantasiewelten entworfen hatte. Auch die Performerin wirkt wie aus einer japanisch inspirierten Game-, Animé- oder Mangawelt stammend ausgestattet. Auf der sprachlichen Ebene (englisch) verhandelt sie einerseits die eigene kindliche Neugier auf alles damals für sie Unbekannte, also das Nichthippieske, Konventionelle wie industrielle Zahnpasta und vermittelt andererseits ein Lebensgefühl von sensorisch aussergewöhnlich herausgeforderten Menschen mit sogenannter Synästhesie. Einer Wahrnehmung, die sich von jener der Mehrheit davon unterscheidet, dass Farben, Klänge oder Personen in einem sensorisch erweiterten Zusammenhang gesehen werden. Das Aussergewöhnliche ist immer das Andere. Unabhängig davon, woher jemand blickt. Malika Fankha versteht es klug, die Relativierung gleich mit in die Performance einzubauen und sie nicht auf eine rein zeitgeistige Offenbarung allein zu reduzieren, sondern aus dem eigenen Erfahren ein äquivalentes Beispiel hinzuzuziehen, woraus letztlich ein quasi neutraler Appell erwächst, der zeitgleich universell wie auch zutiefst humanistisch ist. Das Äussere könnte, soll aber nicht davon ablenken, dass der Inhalt allgemein verständlich und genauso nachvollziehbar ist, wenn sich jemand auf der beobachtenden Seite nur ausreichend nach allen Richtungen hin offen erweist. Insofern eine altbekannte Losung, Vorurteile zu meiden und allem erstmals neutral bis zugeneigt zu begegnen, bis ein Gegenüber aus eigenem Zutun für das Gegenteil Anlass gibt. Tänzerisch exponiert sich Malika Fankha als Vorzeigeobjekt, stellt sich also als Testperson zur Verfügung und das Publikum direkt auf die Probe. froh.
«Technicolor Dreamz», 27.10., Tanzhaus, Zürich.
Olivia Schenker