Mitinitiant Tizian Schöni lanciert das Crowdfunding für wnti.ch im Winterthurer Salzhaus.(Bild: zvg/Tobias Garcia)

Neue Medienstimme in Winterthur?

In Winterthur soll eine neues Online-Lokalmedium entstehen: Ab April will ‹wnti.ch› mit einer täglichen Lokal-News-Übersicht und längeren Beiträgen die Medienvielfalt vergrössern. Auslöser für die neue Initiative war der ständige Stellenabbau auf der Redaktion des ‹Landboten›. Profitieren soll ‹wnti.ch› von der Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen Stadtmagazin ‹tsüri.ch›.

Auslöser für die Initiative war eine weitere Sparrunde der Tamedia, seit 2014 Besitzerin des ‹Landboten›. Die Redaktion in Winterthur wurde reduziert, eine eigene Chefredaktion abgeschafft und die Redaktion der Chefredaktion des ‹Tages-Anzeigers› in Zürich unterstellt. Der Umfang der Berichterstattung wurde eingeschränkt, eine eigentliche Stadt-Winterthur-Fokussierung fiel weg. Die sechstgrösste Stadt der Schweiz wird gleichgesetzt mit Gemeinden wie Humlikon oder Wiesendangen als Teil der «Region». Eine Gruppe von Persönlichkeiten aus Kultur und Politik lancierte in der Folge einen Aufruf für Medienvielfalt in Winterthur, den in kurzer Zeit rund 1200 Personen unterzeichnet haben. Dabei war wohl nicht nur der Abbau des ‹Landboten› ein Auslöser, sondern generell das lokale Medienangebot: Neben dem ‹Landboten›, der im Tagesjournalismus eine faktische Monopolposition hat, existieren nur wenige Medien, die Winterthur zum Thema haben (siehe Kasten).

Zwei Projekte finden sich

Das Team hinter dem Aufruf betonte immer, nicht selbst aktiv werden zu wollen, organisierte jedoch Austauschtreffen von Interessierten. An diesen Treffen trafen sich einerseits Personen, die den Verein Medienvielfalt in Winterthur gegründet hatten, sowie Exponent:innen des erfolgreichen Zürcher Stadtmagazins ‹Tsüri›. «Statt uns zu konkurrieren, beschlossen wir eine Zusammenarbeit», sagt Tizian Schöni vom Verein für Medienvielfalt in Winterthur. Gemeinsam wurde eine GmbH gegründet, die das Projekt ‹wnti.ch› nun lanciert. «Nick Eichmann, Melanie Widmer und ich bringen das lokaljournalistische Knowhow und die Leidenschaft für Winterthur, Simon Jacoby und Elio Donauer von ‹Tsüri› das Knowhow», hält Schöni fest. Am Dienstag wurde mit einem Kick-off-Anlass im Winterthurer Salzhaus das Crowdfunding für das neue Medium lanciert. 

Täglicher Newsletter als Basis

Funktionieren soll das neue Medium ähnlich wie Projekte in Basel, Bern und eben ‹Tsüri›: Die Basis bildet ein täglicher Newsletter, geschrieben mit persönlichem Touch durch die Redaktionsmitglieder, in dem die wichtigsten lokalen News zusammengefasst werden. Zudem ist täglich mindestens ein eigener redaktioneller Beitrag geplant, der auf der Website publiziert wird. «Die Redaktion soll auch zu einem Dreh- und Angelpunkt für Berichte aus den Quartieren werden, von Vereinen und Kulturschaffenden», hält Schöni fest. «Sie wollen wir aktivieren, uns ihre Beiträge zuzusenden, die wir dann aufbereiten.» Geplant wird mit einer Dotierung der Redaktion mit rund 200 Stellenprozenten. «Haben wir den gewünschten Erfolg, können wir unser Angebot schrittweise ausbauen. Beispielsweise auf Berichte aus dem Stadtparlament.»

Finanzierung auf drei Säulen

Die Finanzierung des neuen «Wnti-Briefings» soll auf drei Säulen basieren. Einerseits durch ein Crowdfunding bei Einzelpersonen, ergänzt durch Beiträge von Stiftungen sowie bezahlter Werbung. «Tsüri.ch zeigt, dass Werbung in diesen Newsletters beliebt ist, und wir können gerade auch dem lokalen Gewerbe eine attraktive Plattform bieten», hält Schöni fest. Als ersten Schritt wurde nun ein Crowdfunding lanciert, das innert ca. drei Wochen rund 100 000 Franken einbringen soll. Nach 36 Stunden sind bereits 57 000 Franken zusammengekommen. Trotzdem: «Es ist ein ambitioniertes Ziel, aber wir müssen auch klar sehen: wenn der Wille in der Bevölkerung nicht da ist, dann macht es keinen Sinn. Eine minimale finanzielle Basis ist für die Lancierung ausschlaggebend», sagt Schöni.

Lancierung Anfang April

Gestartet werden soll mit dem neuen Wnti-Briefing Anfang April, wobei zu Beginn zwei Monate ein Ladenlokal in der Altstadt Dreh- und Angelpunkt sein wird: Ein offenes Redaktionsbüro, das gleichzeitig auch der Bevölkerung ermöglicht, Einblick in die Arbeit zu nehmen und mit der Redaktion in Austausch zu gelangen.

Spendenkonto/Link: wnti.ch

Winterthurer Medienlandschaft

Der Landbote
Gegründet 1836. Gehört seit 2014 zur TX-Group (Tamedia). Aktuelle Auflage 18 600. Trotzdem mangels Konkurrenz noch immer Platzhirsch der tagesaktuellen Lokalberichterstattung. Sinkender Anteil an Berichten aus der Stadt im Vergleich mit den umliegenden Gemeinden. Gratis-Grossauflage jeweils Mittwochs mit rund 80 000 Auflage.

Top-Medien
Seit 1984, zuerst als Raio Eulach gegründet. Heute unabhängiges Lokal-TV und Radio, Tele Top und Radio Top haben ebenfalls ein Einzugsgebiet das weit über Winterthur hinausreicht.

Winterthurer Zeitung
Gratis-Wochenzeitung, seit 2017 im Besitz von Christoph Blocher. Auflage wöchentlich rund 70 000. Klar rechtsbürgerlicher Kurs.

SRF Regionaljournal
Ursprünglich mit Winterthurer Korrespondent:in. Fundierte Berichterstattung zu politischen Schwerpunktthemen.

Radio Stadtfilter
Seit 2005 alternatives Lokalradio mit starkem Schwerpunkt im Bereich Kultur. Kaum tagesaktuelle Politberichterstattung.

Coucou
Seit 2012 Kultur-Stadtmagazin Print/online mit jährlich 10 Ausgaben. 

Quartierzeitungen
Verschiedene Quartierzeitungen die von der Stadt subventioniert werden, mit Ausnahme der Quartierzeitung ‹De Tössemer›, welche seit 1958 als damals erste Quartierzeitung in Winterthur von der Sozialdemokratischen Partei Winterthur-Töss herausgegeben wird.