Neue Bewilligungspraxen für alternative Räume?

Der «Park Platz» ist ein beliebter unkommerzieller Freiraum in Wipkingen. In einer Petition fordern die Betreiber-/NutzerInnen mehr Selbstbestimmung und Gestaltungsraum in der Stadt Zürich.

 

Roxane Steiger

Zwischen Oberem und Unterem Letten ist hinter dem Gestrüpp am Wegrand eine Tribüne mit Holzstufen zu erkennen. Im Hintergrund eine Werbetafel, die von bunten Graffiti-Sprüchen vereinnahmt ist, daneben eine Holzbaracke. Auf den zweiten Blick sind auf den aussen aufgehängten Gastronomie-Tafeln neben dem Getränkeangebot, Aufschriften wie «Get organized» oder «Bewegungsfreiheit für alle» zu erkennen. Der einstige Parkplatz beim alten Bahnhof Letten wird seit sechs Jahren unter dem Namen «Park Platz» als unkommerzieller Raum für verschiedenste Veranstaltungen genutzt und pflegt dazu in einem Café ein Gastronomieangebot. Heute zeigen sich die BetreiberInnen mit der aktuellen Vertrags- und Bewilligungspraxis der Stadt unzufrieden. Mit der Petition «Platz da!» wollen sie auf die Schwierigkeiten um den Betrieb eines unkommerziellen Raums in der Stadt Zürich aufmerksam machen und stellen verschiedene Forderungen für mehr Selbstbestimmung und Gestaltungsraum.

 

Hürden beim Bauen und Veranstaltungen

«Es ist frustrierend, dass ein Projekt wie der ‹Park Platz› so wenig Anerkennung von behördlicher Seite erfährt», schreiben die BetreiberInnen auf ihrer Website. Es sei an der Zeit, dass Zürich selbstverwaltete Projekte ernst nehme. Dafür braucht es neue Regelungen, die den unterschiedlichen Zwecken von Räumen angepasst sind. Problematisch sind zwei Aspekte. Bei den Baubewilligungen gibt es in Zürich keine Sonderregelungen für alternativ genutzte Areale. Die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten musste der «Park Platz» bereits bei verschiedenen Umbauprojekten erleben. «Wir haben für die Projekte die erforderlichen Dokumente für die Baubewilligung baurechtlich korrekt bei der Liegenschaftsverwaltung der Stadt Zürich eingereicht. Es kamen aber willkürlich immer wieder zusätzliche Auflagen hinzu, und wir wurden vertröstet», erzählt Natalja Burkhardt, die sich im Vorstand vom «Park Platz» engagiert. Die Kommunikation sei schon zuvor praktisch blockiert gewesen, doch als die Pandemie kam, sei das Bewilligungsverfahren schliesslich gänzlich versandet. Eine weitere zentrale Frage stellt sich bei der Bewilligungspraxis von Veranstaltungen. Am Oberen Letten teilen sich die Gastrobetriebe vier Bewilligungen pro Jahr für «belastende eintägige Anlässe». Hintergrund dieser Regelung ist eine Petition aus dem Jahr 2018, die eine Verringerung des Veranstaltungskontingentes am Oberen Letten forderte. Sie wurde von 158 Personen unterschrieben. Diese Bewilligungspraxis sei für besonders lärmintensive Veranstaltungen konzipiert und verhindere eine den Lärmemissionen entsprechende Beurteilung von Veranstaltungen. So werde jede Art von Tonverstärkung verhindert, wie zum Beispiel eine politische Veranstaltung mit Mikrofon-verstärkten Diskussionen, die zwei Tage dauert.

 

Bern und Basel als Vorreiterinnen

Die BetreiberInnen des «Park Platz» fordern eine Unterscheidung zwischen kommerziell und nicht-kommerziell genutzten Räumen. Zudem sollten die Bewilligungspraxen dem Nutzen und den Lärmemissionen einer Veranstaltung angepasst werden. Sie fordern die Stadt Zürich auf, andere Städte wie Bern oder Basel zum Vorbild zu nehmen. «In diesen Städten gelten auf bestimmten Flächen vereinfachte Regelungen und Verfahren für alternative Wohn- und Bauformen, während wir für alles immer einen Antrag stellen müssen», erläutert Burkhardt. Auf politischer Ebene sind sie mit der Stadt bezüglich diesen Anliegen nie in Kontakt gewesen. Das wollen die BetreiberInnen mit dieser Petition ändern, indem sie auf die Probleme alternativer Räume in Zürich aufmerksam machen und Lösungsansätze aufzeigen. «Bisher haben wir sehr positive Rückmeldungen von anderen Projekten wie der Hardturmbrache oder der ‹Zitrone› erhalten. Sie kennen ähnliche Probleme, da die Stadt in diesem Bereich eher restriktiv unterwegs ist. Wir planen, ein Vernetzungstreffen mit Betroffenen zu organisieren», so Burkhardt. Der Gebrauchsleihvertrag mit der Stadt läuft derzeit über den Quartierve­rein Wipkingen, während die BetreiberInnen des «Park Platz» nur als Betriebsgruppe im Vertrag erwähnt werden. Dies lässt ihnen jedoch fast keinen Handlungsspielraum. Die Kommunikation über den Quartierverein mit der Stadt sei ausserdem ungünstig gewesen. «So fühlen wir uns von der Stadt weder ernst genommen noch respektiert», meint Burkhardt. Neben einer neuen Bewilligungspraxis wünschen sich die BetreiberInnen nun einen direkten Vertrag mit der Stadt, ohne den Quartierverein als Vermittlungsebene. 

Nach einem Monat Laufzeit wurde die Petition 3199-mal unterschrieben. Die Abteilung Liegenschaften Stadt Zürich kann sich nicht dazu äussern, da die Petition noch nicht eingereicht wurde und der Stadtrat noch keine Stellung dazu bezogen hat. Auch der Quartierve­rein Wipkingen möchte noch keine Auskünfte geben und die Petition abwarten. 

Klar ist: Es wird mehr zu hören geben, denn die Diskussion über den Umgang mit alternativen Projekten in der Stadt Zürich ist noch nicht vorbei.

 

https://platzda.jetzt/

 

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