- SAC-Hütten
Neubau oder sanfte Renovation
Sie erschliesst eine atemberaubende Landschaft am Übergang von Graubünden in den Kanton Uri: die Cavardiras-Hütte der SAC-Sektion Winterthur. 1928 wird auf der «Fuorcla Cavardiras» auf 2649 Meter die erste Hütte gebaut. 1974 und 1984 wird sie erneuert, respektive ausgebaut. Heute wird sie während rund 80 Tagen im Jahr bewartet, die übrige Zeit steht ein kleiner Winterraum zur Verfügung. Sie zu erreichen ist kein Sonntagsspaziergang. Mindestens vier Stunden reine Wanderzeit dauern die kürzesten Zustiege. Nun plant die SAC-Sektion eine Erneuerung. An der morgigen GV entscheiden voraussichtlich rund 130 der gegen 3800 Mitglieder, welcher Weg eingeschlagen werden soll. Die Zahl zeigt, dass die Cavardiras-Hütte die Mitglieder bewegt, nehmen doch normalerweise deutlich weniger Mitglieder an einer Generalversammlung teil. Der Vorstand und die Baukommission der Sektion beantragen, die bestehende Hütte vollständig abzureissen und durch einen Holzelementebau zu ersetzen. Eine Gruppe von Mitgliedern hat einen Gegenantrag eingereicht und will auf den Abbruch verzichten und lediglich die notwendigsten Sanierungsarbeiten umsetzen.
Aufwändige Planung
Einfach hat sich die Sektion die Planung der Erneuerung nicht gemacht. Schon seit mehreren Jahren wird an der Erneuerung herumgedacht. Mit grosser Sorgfalt wird 2020 eine Bedarfsanalyse für die Erneuerung erarbeitet. Die Generalversammlung von 2021 genehmigt einen Kredit von gegen 100 000 Franken für eine Vorprojekt, das einen Architekturwettbewerb und Fundraising beinhaltet. Aus dem Architekturwettbewerb geht im Sommer 2022 das Projekt «Anatas» als Siegerprojekt hervor. Es sieht den Erhalt der bestehenden Hütte und einen ergänzenden Annexbau vor.
Die Generalversammlung bewilligt Ende 2022 einen neuen Kredit für die weitere Planung. Im Zuge dieser Arbeiten werden 2023 Schäden an der tragenden Holzstruktur der bestehenden Hütte entdeckt. Die voraussichtlichen Kosten für deren Sanierung sprengen den finanziellen Rahmen und so wird das Projekt reduziert. Trotzdem bestehen nach Ansicht der Baukommissionen der Sektion und des SAC-Zentralverbandes sowie des Vorstandes der Sektion zu hohe finanzielle Risiken. Anfang 2024 wird die Zusammenarbeit mit den Architekten des Siegerprojektes eingestellt und ein neues Architekturbüro mit der Erarbeitung eines neuen Projektes beauftragt, welches den vollständigen Abbruch der bestehenden Hütte und einen Holzelement-Neubau vorsieht. Die Kosten sind mit 2,8 Millionen leicht tiefer als das Siegerprojekt, zudem besteht nach Ansicht der Baukommission nun eine wesentlich grössere Sicherheit, dass keine zusätzlichen Aufwendungen und bösen Überraschungen erwartet werden müssen. Im Juni 2024 wird das neue Projekt an einer Informationsveranstaltung vorgestellt. Die morgige GV sollte es absegnen und zur Umsetzung freigeben.
«Abbruch ökologisch nicht zu verantworten»
Gegen dieses Vorgehen regt sich jedoch Widerstand. Eine Gruppe von Mitgliedern hat einen Gegenantrag eingereicht, über den die Generalversammlung ebenfalls entscheiden wird. Auslöser ist vor allem der Abbruch der bestehenden Hütte, welcher nach Ansicht der Antragstellenden ökologisch nicht zu verantworten sei, da der Bauschutt mit Heliflügen im Tal entsorgt werden müsse. Mit der neuen Wasserversorgung, neuen Fenstern und der vor wenigen Jahren renovierten Küche seien die wichtigsten Sanierungsarbeiten bereits gemacht.
Zudem stützt sich die Gruppe auf Aussagen der anerkannten Holzbau- und Hüttenspezialisten Gebrüder Bissig aus Altdorf. Diese halten fest, dass ein Abbruch «nicht notwendig und schade» wäre.
Nach Ansicht der Gruppe ist eine sanfte Renovation der Hütte mit finanziellen Mitteln unter einer Million machbar. Entsprechend beantragen sie einen Marschhalt für das Neubauprojekt. In einem Schreiben an die Mitglieder heben sie die Funktionsfähigkeit der aktuellen Hütte hervor und betonen, dass für die beschränkte Anzahl Betriebstage die bisherige Hütte ausreiche. Zudem könnten die notwendigen Arbeiten innerhalb eines Sommers erledigt werden, im Gegensatz zum Neubauprojekt, das eine zweijährige Schliessung vorsieht. Die Cavardiras-Hütte soll ihren Charakter als Schutzhütte behalten. Welcher der beiden Anträge eine Mehrheit finden wird, ist kaum vorhersehbar.
Hüttenwartin hört so oder so auf
Wie auch immer die SAC-Sektion morgen entscheidet – mit dem diesjährigen Hüttensommer endet eine 36jährige Geschichte: Die bisherige Hüttenwartin Manuela Fischer und ihr Partner Ueli Wiesmann haben ihren Vertrag mit der Sektion nicht mehr erneuert. Mit ihren LandART-Projekten hat die Grafikerin in den letzten Jahren die Cavardiras-Hütte auch zu einem Kunstort gemacht. Nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen lies spannende Projekte entstehen. Den Anfang macht 2013 die Gletscherperformance Wandelzeit, die den Gletscherschwund thematisiert und 2019 auch an der Bienale Venedig präsent ist. Der dazu entstandene Kurzfilm wird ebenfalls prämiert und in mehreren Ländern gezeigt. Im Sommer 2024 schliesst sich der Bogen mit 7 Installationen, die eine Verbindung von Wissenschaft, Kunst und der Landschaft beim Bruni-Gletscher schaffen. Mehr dazu hier: wandelzeit.ch, cavardiras.ch, cavardiras2024.ch