Nanu, was wächst denn da?
Bereits zum dritten Mal bittet der Offene St. Jakob im Mai zum Aktionsmonat. Dieses Mal beleuchten die 20 beteiligten Organisationen das Thema «Wachstum» – je auf ihre Weise.
Nach der «Stadtentwicklung» 2014 und dem «Zusammenleben» 2015 steht dieses Jahr das «Wachstum» auf dem Programm: Am Aktionsmonat, der vom 2. bis am 28. Mai im und um den Offenen St. Jakob am Stauffacher in Zürich stattfindet, ist die Palette des Gebotenen wie gewohnt breit. Schon der Titel lautet in der ausführlichen Version «Wachstum spirituell – ökologisch – politisch», und quasi als Illustration dazu bietet sich die Liste der 20 Organisationen an, die im Programmheft abgedruckt ist: Von «Bio für jede» über die Offene Jugendarbeit Kreis 3&4 und «Open Yoga» bis zum Rotpunktverlag, vom Stadtkloster Zürich übers Maxim-Theater bis zur Autonomen Schule ist alles dabei.
Die einzelnen OrganisatorInnen des Aktionsmonats, die sich seit letztem Herbst an Vollversammlungen austauschten, haben sich auch dieses Jahr wieder zu einer «Koproduktion von Gleichgestellten» zusammengefunden, wobei die Offene Kirche St. Jakob als Koordinatorin fungiert sowie Kirche, Vorplatz und Kirchgemeindehaus als Veranstaltungsorte zur Verfügung stellt.
Bleibt die Frage, was die doch recht unterschiedlichen AkteurInnen wohl aufs Thema «Wachstum» als gemeinsamer Nenner für einen Monat gebracht hat?
«Zwiespältiger Begriff»
Im Vorwort des Programmhefts weist der Kirchenpflegepräsident der Offenen Kirche St. Jakob, Hannes Lindenmeyer, auf die zwiespältige Natur des Begriffs «Wachstum» hin: «Was gibt es Schöneres als das Wachsen einer Blumenwiese, eines Baumes, das Aufwachsen eines Kindes mitzuerleben. (…) Leben heisst wachsen – das kann aber auch gefährlich, tödlich werden: Die Krebszellen in unseren Organen wachsen mit zerstörerischer Kraft. (…) Das wirtschaftliche Wachstum – Heilmittel gegen Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Resignation – bedroht Umwelt und Klima. Das Städtewachstum zerstört Landschaften.» Der letztjährige Aktionsmonat sei «stärker politisch» gewesen, fügt Hannes Lindenmeyer im Gespräch an; dieses Mal sei der Impetus eher von kultureller und spiritueller Seite her gekommen.
Das widerspiegelt sich natürlich im Programm. So ist beispielsweise die Künstlerin Sabina Kaeser vor der Kirche Offener St. Jakob mit «Wildwuchs» präsent: Es handelt sich dabei gemäss Programm um eine «farbenfrohe Fadeninstallation», die während des ganzen Aktionsmonats wachsen und gedeihen wird – man darf also gespannt sein, wie sich das Kunstwerk am Schluss präsentiert. Ebenfalls über den ganzen Monat erstreckt sich die Aktion «Farben der Nachbarschaft», die jeweils ganztags an verschiedenen Strassen im Kreis 4 stattfindet. Und auch die Ausstellung «Wir packen es!» in der Kirche Offener St. Jakob ist täglich von 7 bis 19 Uhr geöffnet.
Von den Kirchgemeinden Hard und Industrie, die sich bereits seit längerem mit dem Offenen St. Jakob austauschen, bietet letztere eine Velo-Rundfahrt an Auffahrt an, mit Start vor der Johanneskirche. «Tänze für den Frieden» treffen auf «Wachstums-Pilgern» und Veranstaltungen wie «Yoga ist kein ‹work out› – Yoga ist ein ‹work in›». Zum Schluss des Aktionsmonats wird es nochmals (kirchen-) politisch: Am 28. Mai wird mit dem Forum St. Jakob ein neuer Verein gegründet, der im Hinblick auf die Neuorganisation der reformierten Kirchgemeinden in der Stadt Zürich nötig werde, wie Lindenmeyer erklärt.
Im «Quergang» durch Zürich
Der Stadtrundgang, den Lindenmeyer erneut moderiert, ist dieses Mal kein Rundgang, sondern eine Stadtquerung: Der Anlass steht unter dem Patronat des Bundes Schweizer LandschaftsarchitektInnen BSLA, und spaziert wird vom Seefeld ins Sihlfeld. «Auf dieser Route lässt sich gut nachvollziehen, wie die Stadt in verschiedenen Phasen das Wachstum bewältigt hat und wie wachstumsbedingt lebensfreundliche, aber auch lebensfeindliche Räume entstehen können», sagt Lindenmeyer. Mit einer Vertreterin des Quartiervereins Riesbach wird zum Start denn auch die «Seefeldisierung» thematisiert.
Gute und schlechte Beispiele
Dann geht es weiter zu den Quaianlagen, die während der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden. Damals sei die Stadt «unglaublich weitsichtig» vorgegangen, sagt Lindenmeyer, sei doch Zürich «enorm gewachsen», und dennoch sei es gelungen, rund sechs Kilometer ums Seebecken herum der Spekulation zu entziehen und der Allgemeinheit zu sichern. Die Hintergründe dazu erklärt vor Ort der zweite Moderator der Veranstaltung, der Landschaftsarchitekt Daniel Ernst.
Der nächste Halt liegt sodann nicht fern: Es ist der Sechseläutenplatz, und die Frage dazu lautet, wie die wachsende Stadt mit ihren Plätzen umgeht bzw. umgehen sollte. Dass gute und schlechte Beispiele der Stadtentwicklung manchmal nur durch eine Strasse getrennt sind, zeigt Lindenmeyer anhand der Selnausiedlung und der gegenüber liegenden neuen Börse. Je ein Halt im Dreieck und bei der Kalkbreite runden den Spaziergang vom 21. Mai ab.
Aktionsmonat im und um den Offenen St. Jakob am Stauffacher: Eröffnung vor und in der Kirche am Montag, 2. Mai ab 19 Uhr, Abschlussfest am 28. Mai.
Detailliertes Programm sowie weitere Infos unter
www.aktionsmonat.ch