Moorschutz: Ein ständiger Kampf

Vor über 100 Jahren wurde Moorschutz in der Schweiz ein Thema, vor knapp 29 Jahren wurde er mit der Annahme der Rothenthurm-Initiative in der Verfassung verankert. Ein Ortstermin im Hochmoor zeigt Erfolge, aber auch Lücken und Durchsetzungsprobleme.

 

Matthias Erzinger

 

Rund sechzig Personen waren es, die am vergangenen Samstag die Gelegenheit benutzten, sich in der Moorlandschaft zwischen Rothenthurm und Biberbrugg direkt über den Moorschutz in der Schweiz zu informieren. Eingeladen hatte die Naturwissenschaftliche Gesellschaft Winterthur NGW zu einem Augenschein im einstmals heftig umstrittenen Gebiet.

Vor knapp 29 Jahren, am 6. Dezember 1987, wurde die «Initiative zum Schutz der Moore» von den Stimmberechtigten mit rund 57 Prozent Ja Stimmen angenommen. Damals eine grosse Überraschung – ging es doch nicht nur um den Schutz der Moore, sondern auch darum, einen Waffenplatz zu verhindern. «Der Erfolg war nur möglich dank dem gesellschaftspolitischen Aufbruch nach 1968», sagt Albert Marty-Gisler, der uns durch die Moorlandschaft führt.

«Ob wir heute wieder gewinnen würden, weiss ich nicht – das Bewusstsein für Natur- und Umweltschutz ist stark zurückgegangen», meint der 68-Jährige, der sich «damals» schon in Rothenthurm für den Moorschutz engagierte. Kein einfaches Unterfangen, war doch die Armee onmnipräsent und ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. «Heute allerdings sind auch damalige Gegner noch froh, dass die Initiative angenommen wurde. Vermutlich wäre der Waffenplatz ja bereits wieder stillgelegt…»

 

Die zurückgebaute Strasse

Auf einem schmalen Feldweg spazieren wir Richtung Moor. Bei der Unterquerung der Eisenbahnlinie bei der 2. Altmatt wird der Feldweg für einige Meter zur breiten Strasse. Die Unterführung ist völlig überdimensioniert und dient nun grossenteils als Lager für Futterballen.

«Hier wurde die Zufahrtsstrasse zur geplanten Kaserne bereits erstellt – und musste nach der Abstimmung wieder zurückgebaut werden, genau wie der grosse Kasernenplatz. «Der damalige Bundesrat Chevallaz wollte mit den Bauarbeiten Druck machen für ein Ja», meint Albert Marty. Die Abstimmung hat in Rothenthurm bis heute Gräben hinterlassen. «Noch heute gibt es Leute, die prinzipiell nie gleich stimmen wie diejenigen, die damals für die Initiative waren. Egal, um was es geht. Natürlich nicht bei den Jungen, die denken nicht mehr so.»

«Für die Schweiz war die Initiative ein Glücksfall, damals. Ohne diese Initiative wären viele Moore und Moorlandschaften von nationaler Bedeutung zerstört, verbuscht, überdüngt oder entwässert», meint Michael Erhardt, Geschäftsführer von Pro Natura Schwyz.

«Aber auch heute noch müssen wir immer achtsam sein – insbesondere die schleichende Düngung von den Rändern her macht uns Sorgen».  So sind in den Streifen entlang den Fahrwegen im Moor  die Moorvegationen stark zurückgegangen. Auch nur schon der Strassenstaub wirkt als Dünger, erklärt Albert Marty dazu. Ein stetiger Kampf sei der Moorschutz.

 

20 Jahre bis zur Umsetzung

Auch bei Rothenthurm hat sich das gezeigt: Nach der Annahme der Initiative benötigte der Kanton Schwyz volle 20 Jahre, um die Moorlandschaft von Rothenthurm mit einer rechtlich klaren Verordnung unter Schutz zu stellen…

Als Glücksfall für die Landschaft bei Rothenthurm habe sich inzwischen auch die Veränderung der Landwirtschaftspolitik herausgestellt. Der biologische Landbau kommt dazu, aber auch die Zahlungen für entsprechende Leistungen. So erhält ein Bauer für eine Streu-Triste (ein speziell geschichteter Streuhaufen, der bei der Gotthardtunnel-Eröffnung als Derwisch bezeichnet wurde…) 450 Franken Entschädigung.

Auch in Rothenthurm war es letztlich nicht das Waffenplatzprojekt, welches das Hochmoor am stärksten gefährdete, sondern der jahrzehntelange Torfabbau hat Spuren hinterlassen.

 

Moorschutz begann 1906 im Jura

Mit den Bemühungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bern um 1906 zum Schutz des Etang de Gruère wurde Moorschutz erstmals zu einem nationalen Thema, welches auch durch die eben gegründete Pro Natura aufgegriffen wurde. 1942 dann verhinderte die Gemeindeversammlung von Saignelegier die Zerstörung des Moores. In Rothenthurm hingegen wurde während dem 2. Weltkrieg stark Torf abgebaut. Bis 500 Personen arbeiteten im Moor, berichtet Albert Marty. Daher wäre es auch wichtig, dass die im Moorschutz von 1987 vorgesehenen Moorrestaurierungen vorangetrieben würden. Das damalige Bundesamt für Umwelt hält 2010 in einem Bericht zum Moorschutz fest, dass solche Restaurierungsmassnahmen sehr erfolgreich sind, andererseits aber durch die Kantone kaum vorangetrieben würden. In der Rothenthurmer Moorlandschaft konnte erst ein kleines Stück Hochmoor restauriert werden. Der Augenschein zeigt aber, dass mit relativ geringen Massnahmen eine grosse Wirkung erzielt werden kann und das Moor sich rasch zu regenerieren beginnt.

An einer verrosteten Torfpresse vorbei spazieren wir wieder zum geplanten Kasernenstandort. «Das Moor ist inzwischen zu einem Erholungsgebiet geworden», meint Albert Marty, der sein Geld mit Führungen und Touren im Moor verdient. Neben der Entwässerung und damit der Verbuschung der Moore ist auch die starke Freizeitnutzung für das Bafu im bereits erwähnten Bericht ein Aspekt des Moorschutzes, der immer wieder neu definiert und umgesetzt werden muss.

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