Mit Altwegg gegen die Sparallianz

Mit dem Grünen Jürg Altwegg wollen SP und Grüne im zweiten Wahlgang die Wahl des SVP-Kandidaten Daniel Oswald in den Winterthurer Stadtrat verhindern. SP-Gemeinderätin Christa Meier, die im ersten Wahlgang noch vor Altwegg den zweiten Platz hinter Oswald belegte, zieht sich zurück, da Altweggs Chancen allgemein als höher eingestuft werden, den Sitz der Grünen zu verteidigen. Er hatte von allen fünf Kandidierenden am meisten über das Potenzial seiner Partei Stimmen generiert. Auch die EVP zog ihre Kandidatin zugunsten von Altwegg zurück. Die Ersatzwahl vom 2. April wird zu einem der wichtigsten Wahlgänge der letzten Jahre in Winterthur.

 

Die Ausgangslage nach der ersten Halbzeit im Winterthurer Stadtratsersatzspiel ist klar: Die jetzige Mehrheit aus SVP (1 Sitz), FDP (2 Sitze) und CVP (1 Sitz) und 43 Prozent Stimmenanteil bei den Gemeinderatswahlen von 2014 wurde von den Stimmberechtigten für ihre Leistung in den letzten drei Jahren und ihren Einsatz für die Unternehmenssteuerreform abgestraft: Ihr Kandidat, Daniel Oswald von der SVP, der aus dem 4:3 im Stadtrat ein 5:2 machen will, erzielte zwar mit 7451 Stimmen das beste Resultat, blieb mit 28 Prozent Stimmenanteil aber weit unter dem bürgerlichen Potenzial. Die Kandidierenden aus EVP, SP und Grünen, die alle die Steuerreform abgelehnt hatten, erzielten zusammen 51 Prozent. Der Grünliberale Michael Zeugin, der sich ebenfalls auf der Steuerreform-Befürworterseite positionierte, blieb auf dem vierten Platz und mit 17 Prozent deutlich hinter dem Grünen Jürg Altwegg zurück. Dieser liegt mit rund 20 Prozent Stimmenanteil nur relativ knapp hinter der SP-Kandidatin auf dem dritten Platz.

 

Eine klare Sache also für den zweiten Wahlgang? Nachdem auch Zeugin gestern seinen Verzicht bekanntgab, kommt es nun zur Wahl zwischen dem SVP-Kandidaten und dem Vertreter des rot-grünen Lagers. Dass die Grünliberalen sich vorerst nicht auf eine Unterstützung des Grünen einlassen, ist nicht gross überraschend. Für sie ist ein zweiter Sitz für die SVP offenbar weniger schlimm, als einen Grünen zu unterstützen. Trotzdem steht das Mitte-Links-Lager gut da. SP und Grüne tun aber gut daran, sich trotz der scheinbar komfortablen Ausgangslage nicht in Sicherheit zu wiegen. Wahlen sind erst entschieden, wenn die Urnen schliessen – genau wie ein Fussballspiel immer 90 Minuten plus Nachspielzeit dauert. So wird es jeweils generell schwierig, die Stimmberechtigten für einen zweiten Wahlgang zu bewegen, und auch die Steuerreform als Mobilisierungsmittel wird wegfallen.

 

Die Wahl vom 2. April wird das Klima und die Entwicklung in Winterthur auf Jahre hinaus prägen. Gelingt es den Grünen und der SP, den Sitz zu sichern, ist das ein weiteres starkes Zeichen für ein fortschrittliches Winterthur und für die Gesamterneuerungswahlen in einem Jahr. Nachdem nun seit längerer Zeit ein von einer Sparallianz geprägter Gemeinderat und seit drei Jahren eine bürgerliche Mehrheit im Stadtrat jegliche Entwicklung blockiert und einseitig auf den Ausbau von Polizei und Parkplätzen setzt, war das Ergebnis der Steuerreform ein grosser Sieg für die alle, die dem Abstieg Winterthurs zu einem Agglomerationsdorf Paroli bieten. Auch im Gemeindeparlament müssten sich die Bürgerlichen gut überlegen, ihre einseitige Sparpolitik einfach durchzuziehen.

 

Sollte es aber nicht gelingen, den dritten Stadtratssitz für Rot-Grün zu sichern, wäre das ein herber Rückschlag. Die Aussichten, in einem Jahr zumindest einen Sitz wieder zurückzuerobern, wären sehr gering.

 

Umso entscheidender wird es sein, dass alle Beteiligten der fortschrittlichen Allianz alles unternehmen, damit Altwegg diese Wahl gewinnt. Und insbesondere die SP ist gefordert, für ihn dieselben Anstrengungen zu unternehmen, die auch bei einer Kandidatur von Christa Meier geplant gewesen wären. Es wird sich für die SP lohnen.

 

Matthias Erzinger

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