Mehr Restwasser für die Seeforellen

Der Aabach in Horgen, an dem die Gemeinde ein Kleinkraftwerk betreibt, soll wieder zu einem Laichgebiet und vielfältigeren Lebensraum für Seeforellen und andere Fischarten werden. Dank einem Seeforellenaufstieg und einer vom Kanton verfügten Erhöhung der Restwassermenge.

 

Arthur Schäppi

 

Es ist ein beliebtes Naherholungsgebiet und gilt manchen Besuchern gar als Kraftort. Das wildromantische Horgner Aabachtobel zwischen der Autobahn A3 und dem Ortsteil Käpfnach. Nach Gewitterregen tost hier der Aabach manchmal als imposanter Wasserfall über eine Felsstufe. Meist aber führt das Kleingewässer nur spärlich Wasser und plätschert gemächlich dem Zürichsee entgegen. Und das hat einen besonderen Grund. Die Gemeinde nutzt die Wasserkraft des Bachs für die Elektrizitätsgewinnung. Eine bis auf zwei kurze Teilstücke unterirdische  Druckleitung führt das Wasser auf einer Länge von 2,7 km vom künstlich gestauten und von der Autobahn überspannten Aabachweiher ins 120 Meter tiefergelegene Kleinkraftwerk Käpfnach. Dort, unweit vom See, produziert das Elektrizitätswerk Horgen jährlich eine Million Kilowattstunden Naturstrom für gegen 300 Haushalte, was knapp einem Prozent des Horgner Stromverbrauchs entspricht.

 

Fische aber tummeln sich im Aabach nur spärlich. Kein Wunder: Die im Oktober 1937 vom Regierungsrat im Hinblick auf die gut ein halbes Jahr später erfolgte Inbetriebnahme des Kleinkraftwerks vorgeschriebene Restwassermenge von gerade mal zwei Litern pro Sekunde (l/s) gilt bis heute. Entsprechend schmal, seicht und unattraktiv präsentiert sich die Wasserrinne und damit der für Fische und andere Wassertiere nutzbare Lebensraum. Für die Seeforelle, eine stark gefährdete Fischart, die für das Laichgeschäft auf Bäche angewiesen ist, endet der Aufstieg auch wegen Sohleverbauungen spätestens nach 500 Metern beim Käpfner Schützenhaus. Grössere laichbereite Exemplare stehen mitunter schon vor der Bahnlinie an.

 

Fischaufstieg und mehr Wasser

Jetzt wollen Gemeinde und Kanton Abhilfe schaffen und den Bach für den Fischaufstieg öffnen. Dabei geht es vor allem um Laichplätze zugunsten der Seeforelle. Bereits 2020 hat das Horgner Tiefbauamt ein Ingenieurbüro mit Vorstudien für entsprechende Massnahmen im Hinblick auf eine Konzessionserneuerung beauftragt. Vorgesehen ist die Erstellung einer fischgängigen, natürlichen Bachsohle im Bereich von Bahnlinie und Seestrasse mit einer Kostenbeteiligung der Gemeinde von 50 000 Franken, wie Horgens Ressortvorsteher Tiefbau, Energie und Umwelt, Markus Uhlmann (GLP), erklärt. Finanziert werde die Aufstiegshilfe hauptsächlich mit Geldern von Bund, Kanton und diversen Naturschutzverbänden. Vorgesehen ist zudem ein schonenderes Schwall-Sunk-Regime beim Kraftwerk. Gemeint ist damit das dort betriebsbedingte Anschwellen und Absenken des Wasserspiegels. Für Horgen als Energiestadt habe die erneuerbare Energie aus dem Aabach trotz relativ bescheidener Menge eine hohe Bedeutung, betont Werkvorstand Ueli Fröhlich (parteilos). Auch weil mit dem Wasserkraftwerk – anders als etwa bei Solaranlagen – praktisch das ganze Jahr über gleichmässig viel Strom erzeugt werden könne.

 

Dringenden Handlungsbedarf sieht man beim Kanton zudem bei der Restwassermenge. Zumal der Aabach mit seinem «über weite Strecken wenig beeinträchtigten bis naturnahen» Lauf sich ganz besonders als Laich- und Fischhabitat für die Seeforelle eignen würde und «zu den Seezuflüssen mit dem höchsten fischökologischen Potenzial» gehöre, wie Lukas Bammatter, Co-Leiter der Fischerei- und Jagdverwaltung betont. Damit Seeforellen und andere Fische sich dort tatsächlich künftig wieder häufiger vermehren und passenden Lebensraum finden können, hat das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) die Gemeinde nun unter Berufung auf das Gewässerschutzgesetz zu einer Restwassermenge von nunmehr 20 l/s verpflichtet. Fliesst künftig entsprechend mehr Wasser durchs Tobel statt auf die Turbine, liefert das Kleinkraftwerk 8,4 Prozent weniger Strom. 

 

Eingehalten werden muss die höhere Abflussmenge spätestens ein halbes Jahr nachdem die entsprechende Verfügung, die beim Awel in Zürich noch bis zum 27. Februar öffentlich aufliegt, rechtswirksam geworden ist. Und gelten soll sie während einer Übergangszeit bis 31. Dezember 2030. Auf dieses Datum hat das Awel in der gleichen Verfügung die bislang unbefristete Konzession nunmehr befristet. Wobei das Werk bis Ende 2025 ein Gesuch für eine Konzessionserneuerung einreichen kann.

 

Kanton setzt Frist

Druck macht das Awel sodann für einen raschen Bau des Seeforellenaufstiegs. Erfolge dieser «nicht bis Ende 2024, ist die Restwasserabgabe in den Aabach per 1. Januar 2025 auf 30 l/s zu erhöhen». Horgen könnte für diesen Fall die Prüfung einer Entschädigung beantragen. Ursprünglich wollte das Awel die Restwassermenge auf 25 l/s anheben und die Konzession auf Ende 2026 befristen. Mit der weniger weit gehenden Regelung hat das Awel nun aber einem Gesuch der Betreiberin stattgegeben. Man wäre andernfalls nicht in der Lage, in jüngerer Vergangenheit getätigte Investitionen etwa in Stauanlage und Druckleitung innert nützlicher Frist zu amortisieren, hatten die Gemeindewerke argumentiert.

 

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