Mehr Platz zum «tschutte»

Der Zürcher Gemeinderat hat zwei Motionen für zusätzliche Rasensportnutzung in der Brunau und den raschen Ausbau der Fussballplätze in den Quartieren überwiesen und über eine angebliche Themenwoche «Geschlechtertausch» debattiert, die so nie stattfand.

 

Was haben die Vorlagen für die Beiträge 2023–2026 an die Stiftung Zürcher Institut für interreligiösen Dialog ZIID und für die Sponsoringbeiträge 2024–2026 des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich EWZ gemeinsam? Sie werden nicht nur regelmässig erneuert und tauchen deshalb regelmässig auf der Traktandenliste des Zürcher Gemeinderats auf, sondern sie werden auch jedes Mal mit vergleichbaren Argumenten verhandelt, worauf eine klare Mehrheit sie gutheisst. So war es auch an der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend. Bei den Beiträgen ans ZIID von jährlich 140 000 Franken hatte die SVP den Ablehnungsantrag gestellt: Stefan Urech befand zwar, das ZIID habe ein «total spannendes Angebot», doch es gehöre in die Kategorie «nice to have, und das kann sich die Stadt in der aktuellen finanziellen Lage nicht leisten». Das Nein der GLP begründete Maleica Lan­dolt damit, es gebe bereits das Zürcher Forum der Religionen und brauche deshalb keine zusätzliche spezialisierte Institution. Alle anderen Fraktionen fanden die Unterstützung fürs ZIID sinnvoll: Der Rat hiess die Vorlage mit 90:30 Stimmen gut.

 

Bei der zweiten Vorlage ging es konkret um das Sponsoring der ZSC Lions (740 000 Franken für die Saisons 2024/25 bis 2026/27) sowie die Beiträge 2024–2026 an den Zürcher Silvesterlauf (135 000), den Zoo Zürich (624 000), das Zürcher Limmatschwimmen (162 000) und den Zauberwald Lenzerheide (108 000). Dominik Waser (Grüne) befand, ein solches Sponsoring sei «aus der Zeit gefallen». Ein städtisches Unternehmen sollte nicht einen Eishockeyclub sponsern, der einer «sehr reichen Person» gehöre. Zum Limmatschwimmen merkte Sven Sobernheim (GLP) an, das sei eine super Sache, doch leider lehne der Stadtrat Postulate ab, die verlangten, dass man immer in der Limmat schwimmen könne: «Ich bin verwirrt!» Schliesslich kamen alle Beiträge gegen die Stimmen von Grünen und AL durch.

 

Mehr Fussballplätze

Mit der ersten von zwei Motionen zum selben Thema forderten Anjushka Früh (SP), Martin Götzl (SVP) und sieben MitunterzeichnerInnen die «Ermöglichung einer zusätzlichen Rasensportnutzung gemäss kommunalem Richtplaneintrag» in der Allmend Brunau. Die zweite von Flurin Cabaul und Sebastian Vogel (beide FDP) sowie 15 MitunterzeichnerInnen verlangte den «raschen Ausbau der Fussballplätze in den Quartieren». Anjushka Früh sprach von einem Engpass und davon, dass viele Kinder, die das gerne möchten, ihren Sport nicht ausüben könnten. Die Brunau eigne sich für zusätzliche Plätze, und eine Ausweitung des Angebots hätte nicht zuletzt «eine positive Auswirkung auf den Frauen- und Mädchenfussball».

 

Der Stadtrat sei zwar ebenfalls der Meinung, man müsse «vorwärts machen», doch zusätzliche Flächen zu schaffen sei eine «komplexe Geschichte», erklärte der Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, Filippo Leutenegger. In der Brunau wäre es zwar grundsätzlich möglich, doch es bräuchte nicht nur eine Umzonierung, sondern man müsste auch Ersatz für die dortigen Fruchtfolgeflächen finden, und das liesse sich in den zwei Jahren, innert deren eine Motion beantwortet werden muss, kaum bewerkstelligen. Deshalb beantrage der Stadtrat die Umwandlung in ein Postulat. Davon allerdings wollten die MotionärInnen nichts wissen. Tanja Maag (AL) erklärte, die Allmend sei, wie der Name schon sage, eine gemeinschaftlich zu nutzende Fläche, ergo «für alle da», doch die vorgeschlagene Nutzung lasse sich verantworten. Auch FDP und GLP sprachen sich für die Motion aus. Die Grünen hingegen sagten «klar Nein», erklärte Simon Kälin-Werth. Es handle sich um eine «ausser­ordentlich wertvolle Landschaft». Die bestehenden Fussballplätze könne man dort sein lassen, aber eine Ausweitung liege nicht drin. Mit 99:17 Stimmen (der Grünen) hiess der Rat die Motion gut. Zur zweiten Motion führte Flurin Capaul aus, wie viel ehrenamtliche Arbeit hinter kleinen Clubs und deren Angebot für Kinder steckt und wie viel Integrationsarbeit geleistet werde. Doch es müssten Kinder abgewiesen werden, weil es nicht genug Platz habe. In Wiedikon beispielsweise sei die Grenze bereits erreicht. Auch zu dieser Motion führte Stadtrat Leutenegger aus, sie sei zwar eine gute Sache, doch die Umsetzung wäre noch viel anspruchswoller, auch hier bräuchte es erst Umzonierungen, weshalb der Stadtrat die Umwandlung in ein Postulat bevorzugte. Balz Bürgisser (Grüne) gab zu bedenken, wie viel – nicht vorhandener – Platz zur Umsetzung nötig wäre, zumal auch Schulen, Quartierparks etc. Raum benötigten. Er plädierte dafür, die bestehenden Plätze besser zu nutzen. Auch Tanja Maag sprach sich für eine «Optimierung der bestehenden Flächen» aus. Alle anderen Fraktionen befürworteten die Motion, sie wurde mit 95:25 Stimmen überwiesen.

 

Zum Abschluss der Sitzung sorgte die SVP mit zwei Interpellationen und zwei Postulaten noch für eine ausgedehnte Debatte. Samuel Balsiger und Martin Götzl forderten erstens die «Verhinderung von Mottowochen mit dem Thema ‹Geschlechtertausch› an den Volksschulen» und zweitens den «Verzicht auf geschlechtsneutrale Toiletten an der Volksschule». Die erwähnte Themenwoche fand gemäss Interpellationsantwort des Stadtrats zwar nicht statt – die Kinder hatten lediglich gewünscht, sich passend zu den jeweiligen Tagesmottos zu verkleiden. Geschlechterneutrale WC-Anlagen werden im Rahmen von Neubauprojekten erstellt, und es fallen keine Mehrkosten an, da die Anzahl Anlagen nicht verändert wird. Immerhin deckte Samuel Balsiger die tatsächliche Absicht der SVP mit diesen Vorstössen in seinem Schlussvotum gleich selber auf: Alle nicht der SVP angehörenden RednerInnen hätten, indem sie sich dagegen aussprachen, der SVP eine grosse Bühne und eine Plattform geboten und spielten ihr so WählerInnen zu.

 

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