Mehr Platz und weniger Kommerz

Der Zürcher Gemeinderat stimmte dem Projektierungskredit für eine breitere Personenunterführung am Bahnhof Altstetten zu und überwies ein Postulat für eine selbstorganisierte Nutzung des Kesselhauses des Elektrizitätswerks Letten.

 

An seiner Sitzung vom Mittwochabend befasste sich der Zürcher Gemeinderat mit der bestehenden Personen- und Velounterführung zwischen dem Altstetterplatz und der Max-Högger-Strasse sowie dem Bau einer Velostation am Bahnhof Altstetten. Konkret ging es um einen Projektierungskredit von sechs Millionen Franken für den Ersatzneubau der Unterführung und die geplante neue Velostation.

 

Ganz neu ist das Geschäft nicht: Bereits im Sommer 2016 hatte der Stadtrat einen Projektierungskredit für eine neue Velostation bewilligt, allerdings ohne Ersatzneubau der Unterführung. Dieser Kredit wird nun aufgehoben. Dass es eine neue Unterführung braucht, begründete Kommissionssprecher Peter Anderegg (EVP) mit der starken baulichen Entwicklung des Gebiets um den Bahnhof Altstetten, dem nahen neuen Eishockeystadion und der Limmattalbahn, deren Endstation sich vor dem Bahnhof Altstetten befindet. Der Verkehr werde noch mehr zunehmen, während die bestehende Personenunterführung aus dem Jahr 1965 ihre Kapazitätsgrenze erreicht habe. Auch die Veloabstellplätze seien bereits stark ausgelastet, sagte Peter Anderegg. Die geplante neue Velostation soll mindestens 520 Velos Platz bieten.

 

«Von Anfang an breit planen»

Von den drei Begleitpostulaten zu dieser Vorlage hat der Rat eines bereits am vergangenen 7. Dezember überwiesen: Die Fraktionen von SP, Grünen, GLP, AL und Mitte/EVP hatten damit eine «sichere Ausgestaltung der Veloführung über den Altstetterplatz sowie auf den nördlichen Zufahrten» gefordert. Die Fraktionen von SP, Grünen, AL und Mitte-/EVP forderten am Mittwoch mit dem einen der verbliebenen Postulate mindestens 1500 Veloabstellplätze. Mit dem anderen verlangten die Fraktionen von SP, Grünen und AL die Realisierung einer «deutlichen Verbreiterung» der neu zu bauenden Personenunterführung.

 

Markus Knauss (Grüne) erklärte, angesichts der «anspruchsvollen Verknüpfung» des Fuss- und Veloverkehrs wollten die drei Fraktionen nicht riskieren, «vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, sondern die Unterführung von Anfang an breit planen». Die vorgesehenen 3,5 Meter für Velos und 5,5 Meter für FussgängerInnen seien «deutlich zu klein». Derek Richter (SVP) entgegnete, es habe schlicht keinen Platz für eine Verbreiterung: «Wir müssen uns an der Realität orientieren statt an Wunschschlössern.» Mit 116:0 Stimmen hiess der Rat den Projektierungskredit gut. Das Postulat für mehr Veloabstellplätze kam mit 83:13 Stimmen bei 20 Enthaltungen  durch, jenes für die Verbreiterung mit 76:13 Stimmen bei 27 Enthaltungen.

 

Neues Leben für das Kesselhaus?

Mit einem Postulat verlangten die AL- und Grüne-Fraktion «ab sofort und für mehrere Jahre» eine «selbstorganisierte Nutzung für kulturelle und politische Veranstaltungen sowie Selbsthilfewerkstätten und eine Küche» im ehemaligen Kesselhaus des Elektrizitätswerks Letten (siehe auch P.S. vom 11. November  2022). Michael Schmid (AL) begründete die Forderung damit, Zürich habe einen «eklatanten Mangel an  nicht-kommerziellen Freiräumen». Die angebliche Einsturzgefahr der Halle habe der Stadtrat in der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage der AL bereits relativiert. Die Halle sei zwar im kommunalen Inventar der schützenswerten Bauten eingetragen. Das bedeute aber lediglich, dass man einen allfälligen Umbau im Kontakt mit der Denkmalpflege planen müsse. Bezüglich Brandschutz- und Sicherheitsvorschriften liessen sich Lösungen finden, und die fehlenden WC könnte man garantiert günstiger einbauen als für die elf Millionen Franken, die der Stadtrat in der Antwort auf die erwähnte schriftliche Anfrage dafür veranschlagt habe.

 

Martin Busekros (Grüne) legte nach: Das EWZ habe die Halle «leer stehen und verlottern lassen». Das sei der eigentliche Skandal. Martina Zürcher (FDP) sagte, wer eine Veranstaltung durchführen wolle, müsse sich an viele Regeln halten. Mit nicht-kommerzieller Nutzung sei hier offensichtlich gemeint, dass «alle Regeln, die Sie erlassen haben, nicht gelten sollen». Moritz Bögli (AL) erklärte, Kunst und Kultur dienten in Zürich bloss noch dem Standortmarketing. Besetzungen seien deshalb legitim, solange die «Grundrechte auf Wohnen und Kulturräume nicht erfüllt sind».

 

Temporäre Nutzung wird abgeklärt

Stadtrat Michael Baumer begann sein Votum mit den Worten, er sei als einziger schon in dieser Halle gewesen – und fügte angesichts des Raunens aus der Ecke der AL an, «ich meine legal». Künftig konzentriere sich das EWZ auf die beiden Standorte Oerlikon und Herdern, und er könnte sich eine kulturelle Nutzung der Halle vorstellen. Diese sei aber nicht möglich ohne grössere Investitionen. Zudem sei der Standort Herdern erst 2027 fertig und bezugsbereit. Der Stadtrat sei jedoch bereit, abzuklären, ob vor einer definitiven eine temporäre Nutzung mit einer günstigen Sanierung möglich sei. Mit 62:52 Stimmen (von SVP, FDP, Mitte-/EVP und GLP) überwies der Rat das Postulat.

 

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