- Gemeinderat
Lieber Flüge als Nachtzüge
An seiner Sitzung vom Mittwochabend befasste sich der Zürcher Gemeinderat wieder einmal mit dem Flughafen: Die Stadt Zürich ist mit fünf Prozent an der Flughafen Zürich AG (FZAG) beteiligt. Diese Beteiligung wird zurzeit «aufgrund der strategischen Relevanz der Beteiligung und der damit verfolgten Ziele», wie es in der Vorlage heisst, im Finanzvermögen geführt. Nun soll die Beteiligung neu dem Verwaltungsvermögen zugeordnet werden, und zwar rückwirkend per 1. Januar 2025. Dafür hatte der Rat einen Kredit zuhanden der Stimmberechtigten zu bewilligen. Die Volksabstimmung soll im zweiten Quartal 2025 stattfinden.
Zum Verwaltungsvermögen gehören jene Vermögenswerte, die der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen. Vermögenswerte des Finanzvermögens könnten demgegenüber «ohne Beeinträchtigung der öffentlichen Aufgabenerfüllung veräussert werden», heisst es in der Vorlage. Für die Zuordnung einer Beteiligung sei massgebend, «ob sie primär dem Zweck der Wahrung öffentlicher Interessen dient oder die Finanzanlage im Vordergrund steht».
Die Minderheitsbeteiligung an der FZAG sei für die Stadt Zürich «von strategischer Relevanz», sagte Kommissionssprecher Markus Haselbach (Die Mitte). Sie diene der Wahrung gewichtiger öffentlicher Interessen und sei daher im Verwaltungsvermögen zu führen. Er erinnerte daran, dass die Stadt die Aktien in den 1990er-Jahren hätte verkaufen können, als es ihr finanziell schlecht ging. Doch die Stadt habe stattdessen andere Beteiligungen verkauft wie etwa jene an der Swissair und der Crossair. Zurzeit liege der Wert der Aktie bei rund 200 Franken, was bei zirka eineinhalb Millionen Aktien rund 300 Millionen Franken macht. Die Aktien wurden allerdings teilweise tiefer bewertet, und der Wert am kommenden 31. Dezember lässt sich sowieso nicht voraussagen. Deshalb beantrage der Stadtrat dem Gemeinderat, einen Kredit «in Höhe des Buchwerts der Minderheitsbeteiligung der Stadt Zürich an der ‹Flughafen Zürich AG› per 31. Dezember 2024» zu bewilligen.
«Strategische Relevanz»
Für die Minderheit der Kommission hielt Felix Moser (Grüne) fest, Werte im Finanzvermögen dienten der Sicherung der Liquidität, womit die Flughafenaktien «am falschen Ort» seien. Doch der Stadtrat gehe mit seiner Vorlage trotzdem «in die falsche Richtung». Denn im Verwaltungsvermögen befänden sich Werte, die zur Erfüllung von öffentlichen Aufgaben nötig seien, also etwa zum Bau von Schulhäusern oder von Verkehrsinfrastruktur, und «das trifft hier so nicht zu». Deshalb sei die Vorlage an den Stadtrat zurückzuweisen, und dieser habe den Verkauf der Aktien zu prüfen. Die Grünen seien der Meinung, die Stadt brauche diese Beteiligung nicht, fuhr Felix Moser fort: «Der Flughafen gehört nicht zur Verkehrsinfrastruktur der Stadt.» Der finanzielle Erlös des Verkaufs könnte dann für kommunale Aufgaben genutzt werden, «zum Beispiel für den Wohnungsbau oder dafür, Velowege auszubauen». Zudem zeige die Erfahrung, dass die Stadt mit einer Beteiligung von nur fünf Prozent keinen Einfluss auf die Ausrichtung der Flughafen Zürich AG habe, fügte er mit Verweis auf die Pistenverlängerung an.
Markus Haselbach entgegnete ihm, die Mehrheit sehe die strategische Relevanz dieser Beteiligung durchaus. Der Flughafen sei von grosser Bedeutung für die Region, für die Verbindung mit Deutschland, für die Vernetzung des Wirtschafts- wie auch des Hochschulstandorts und wegen der damit verbundenen rund 30 000 Arbeitsplätze. Dank des Sitzes im Verwaltungsrat könne sich die Stadt Zürich unter anderem dafür einsetzen, dass der «bestmögliche Schutz vor Lärm» gewährleistet sei. Florian Blättler (SP) sagte, die aktuelle Situation sei «nicht haltbar». Die SP finde aber, dass die Aktien nicht verkauft, sondern ins Verwaltungsvermögen überführt werden sollten: «Es geht um unser demokratisches Mitspracherecht. Unser Einfluss ist zwar klein, aber wir haben Einfluss.» Tanja Maag (AL) entgegnete, es handle sich eben gerade nicht um eine rein finanztechnische Vorlage. Es gehe darum, ob die Beteiligung fester Bestandteil des Verwaltungsvermögens werden solle, das der «unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben» diene: «Wollen wir das?» Johann Widmer (SVP) wiederum fand, man solle nicht «das Tafelsilber verkaufen», nur um «Klimakosten zu decken» und genügend Geld zu haben für «all das ganze Zeugs wie Wohnungen und Velowege». Es sei gut, «dass das Volk darüber befindet», schloss er. Sven Sobernheim (GLP) fand, es sei schön, «dass alle begeistert darüber sind, dass es eine Volksabstimmung gibt und sie den Stimmberechtigten erklären dürfen, warum 300 Millionen von einer Tasche in die andere wechseln sollen». Als er einen Vorstoss zur Eigentümerstrategie der FZAG mit-eingereicht habe, habe es geheissen, mit fünf Prozent Beteiligung könne man nichts bewerkstelligen… Martin Bürki (FDP) fasste sich kurz: Die FDP habe «immer schon gesagt, so muss es sein», und stimme der Vorlage deshalb zu. Der Rückweisungsantrag ging mit 90 gegen 24 Stimmen (von Grünen und AL) bachab, und den Übertrag vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen nahm der Rat mit 89 gegen 26 Stimmen (von Grünen und AL) an.
«Das System wurde kaputtgemacht»
Mobil ging es weiter, einfach statt in der Luft auf Schienen: Mit einer Motion forderten Markus Knauss und Roland Hohmann (beide Grüne) die Beschaffung von drei Nachtzugskompositionen sowie deren Weitergabe an einen Betreiber von Nachtzugverbindungen «zu sehr günstigen Konditionen». Markus Knauss sagte, das Problem bestehe darin, dass Nachtzugverbindungen «lange Zeit konsequent abgebaut und Linien stillgelegt» worden seien. Das System sei «kaputtgemacht» worden, und es brauche Zeit, es wieder aufzubauen. Er erinnerte an eine Kommissionsreise «mit einem Schrottzug nach Amsterdam» und daran, dass eine Nachtzugfahrt viel weniger CO2-Ausstoss verursache als ein Flug. Ja mehr noch: Der beste Schutz der Bevölkerung vor zuviel Fluglärm bestehe darin, Flüge durch Zugfahrten zu ersetzen. Den Einwand vorwegnehmend, das Vermieten von Nachtzügen sei keine Aufgabe der Stadt, erinnerte er seine ‹Gspänli› daran, dass sie ja auch keine Probleme damit hätten, «ein internationales Flugverkehrsdrehkreuz zu betreiben».
Johann Widmer entgegnete ihm ungerührt, er sei eine Woche zu früh dran, «die Fasnacht fängt erst am 11. an»… Matthias Renggli (SP) outete sich als Zugfahrer und sagte, die SP hätte den Vorstoss als Postulat unterstützt, was die Grünen aber ablehnten. Roland Hohmann hob hervor, Nachtzüge hätten viele Vorteile, und wies nochmals auf die geringeren Emissionen hin. Andreas Egli (FDP) entgegnete, wenn ein Zug nicht ausgelastet sei, dann sei der CO2-Ausstoss pro Kopf kaum geringer als im Flugzeug. Nachtzüge stünden zudem tagsüber nur herum, was weder effizient noch wirtschaftlich sei. Mit 93 gegen 18 Stimmen (der Grünen) lehnte der Rat die Motion ab.