Kosmos wird ‹Frame›

Trotz Konkurs des ehemaligen Kosmos hatte die Eigentümerin, die SBB, seit jeher kommuniziert, dass auch in Zukunft in diesem Gebäude Kultur und Leben stattfinden soll. Und sie hat nun auch eine Nachfolge gefunden – zumindest fürs Kino: das Zurich Film Festival (ZFF). An der Medienkonferenz vom Mittwoch stellten die Beteiligten das Projekt näher vor – im grössten Kinosaal, was die Pressekonferenz dank den gepolsterten Kinosesseln auch zu einer der bisher bequemsten Medienorientierungen machte. Und obschon der Name Kosmos noch immer nachhallte und auch den anwesenden Medienvertreter:innen hin und wieder rausrutschte – das Kosmos und auch sein Name sind somit endgültig Geschichte. ‹Frame› soll das neue Kino heissen, das ab dem 6. Oktober ganzjährig bespielt wird. Eingeweiht wird es zum Start des ZFF am 28. September. 

Alexis Leuthold, der Leiter Bewirtschaftung Immobilien bei den SBB, erklärte, es habe die SBB getroffen, als sie vom Konkurs des Kosmos erfahren hatte. Und auch Christian Jungen, Programmleiter und Artistic Director des ZFF, drückte seine Betroffenheit aus: «Wenn ein Kino zugeht, ist das für einen Cinephilen eine Hiobsbotschaft wie für einen Christen, wenn eine Kathedrale abbrennt.» Die Tage der Betroffenheit und auch der Ungewissheit, wie es weitergeht, sind aber gezählt: Bald solle wieder Austausch und Kultur stattfinden.

Dennoch: Nicht alles ist so gekommen, wie man es sich anfangs erhofft hatte. Bei den SBB hatte man darauf gehofft, dass sich eine Trägerschaft findet, die das ganze Haus mietet – bei den eingegangenen Offerten habe der erhoffte Synergieeffekt allerdings gefehlt. Deshalb habe man sich vorerst auf den Kern konzentrieren wollen: Das Kino und dessen Erhalt. Was mit dem Gastronomieteil des Hauses passiert, steht hingegen noch nicht fest. 

Wieso haben sich die SBB aber für das ZFF entschieden? Alexis Leuthold erklärte, es sei ein wunderbarer Match: Eine fest in Zürich verankerte Institution mit internationaler Strahlwirkung sei perfekt für einen Standort im Herzen von Zürich. Beim ZFF ist man zudem überzeugt, dass das Konzept auch funktionieren wird. Gerade im Kreis 4 sei das Kino sehr beliebt – die Auswertung des digitalen Ticketing habe gezeigt, dass in 8004 mit Abstand die meisten Tickets verkauft wurden. Zudem sei das Kino zur besten Spielstelle des ZFF geworden, habe sogar mehr Billete verkauft als das Corso am Bellevue und erreiche ganz generell eine grundlegend andere Zielgruppe – die vor allem jünger sei. 

Die Geschichte des Kosmos wirft dennoch Fragen auf: Nur Kino? Funktioniert das? Beim ZFF zeigt man sich optimistisch, wohl auch, weil es konzeptionelle Neuerungen geben soll: So wird das Kino ‹Frame› ein Kino Plus. Also ein Kino mit Begrüssungen, Einleitungen, allfälligen Podiumsdiskussionen mit jeweils beteiligten Filmschaffenden und so weiter. So soll ein Leuchtturm für das Kino entstehen, so wie die Kunst das Kunsthaus, die Oper das Opernhaus oder das Theater das Schauspielhaus hat. Der Film respektive das Kino sei bislang im Sommer da und plötzlich wieder weg gewesen.  

Was das Programm angeht, orientiert sich das ZFF an einem Mix von den ganz grossen Produktionen über Arthouse bis hin zu essayistischen oder dokumentarischen Filmen – in Originalsprache mit Untertiteln «mit Ausnahme von Kinderfilmen».

Eingemietet hat sich de facto aber nicht das ZFF, sondern die ‹Spoundation Motion Picture› (SMP), eine Marketingagentur, die eng mit dem ZFF arbeitet – und auch an derselben Adresse im Kreis 8 Zuhause ist. Deren Geschäftsführerin Jennifer Somm führte näher zur Zukunft des Kinos aus und sah die Branche in einem erneuten Wachstum – sogar Streamingdienste hielten ihre Premieren schliesslich mittlerweile in Kinos ab, es sei nunmal «etwas anderes», einen Film auf dem Sofa oder im Kino zu schauen. Das Kino als Boutique, also mit starker Kuratierung, soll deshalb im Zentrum stehen. Dass dies wirtschaftlich auch funktioniert, benötigt ungefähr 100 000 Besucher:innen pro Jahr. Die SMP als Mieterin erhalte übrigens im Gegensatz zum ZFF keine Subventionen – finanzielle Mittel würden lediglich zum ZFF, das die Programmleitung innehat, hin­fliessen. sca.

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