Kopfkino

Soli sind im Theater Kanton Zürich ein eher neueres Phänomen, das aber neidlos anzuerkennen eine gute Idee ist.

 

Nicolas Batthyany mit «Dr Goali bin ig», Pit Arne Pietz mit «Das Auge des Tigers» (wird Ende Monat nachgeholt) und jetzt Michael von Burg mit «Die Blechtrommel». Drei Soli. Klassische Bühnenkunst, vielleicht ein klein wenig altmodisch im Vergleich zum grassierenden Innovationsgedöns, das viele Bühnen beherrscht, aber währschaftes Handwerk und ein ideales Mittel zur Poesieherstellung. Ganz zu schweigen von der hausseitigen Ehrerbietung an das Schauspielvermögen der einzelnen, die hier ihre Register ziehen können. Michael von Burg ist selber nicht sehr gross. Die überdimensionierten Küchenschemel, die neben der titelgebenden Lärmquelle, einer Falltür und viel Stoff allein das Bühnenbild ausmachen, überragen ihn – gestapelt – locker. Wenn er sie als Kirchenbank, Verkaufstresen oder Chaiselongue drapiert, wird das überdeutlich. Zur Hauptsache aber besteht dieses rund achtzigminütige Solo aus Bühnenpräsenz und endet inhaltlich mit dem Beschluss Oskar Mazeraths, jetzt doch wachsen zu wollen, wofür Michael von Burg bloss die Arme in die Höhe zu strecken braucht. Das zuvor eindringlich auf die Kraft der Worte und des Schauspiels eingefuchste Publikum sieht ihn dann förmlich in die Höhe gehen. An sich ist die Figur von Günther Grass kein Sympathieträger und so legen Michael von Burg und Regisseur Markus Keller die Figur auch vielmehr in der Ecke Ekelzwerg, Lüstling und Tyrann an – nicht ohne das Gegenteil des Unschuldslamms, das seine vom Alter ablenkende Kleine schamlos ausnutzt. Wofür Michael von Burg seinen Blick auf treuherzig und hilfsbedürftig umstellen kann, dass sich darüber alle erbarmen. «Die Blechtrommel» ist Kopfkino vom feinsten – auch weil es tunlichst unterlassen wird, die Kreischqualität von Oskar Bennent aus Volker Schlöndorffs Film nachahmen zu wollen, es genügt ein Lichteffekt dass man glaubt, die Schreie zu hören.

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