- Gemeinderat
Jugendarbeit im GZ und in der Kurve
Zu Beginn der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend preschte Samuel Balsiger (SVP) vor und verlangte, das Traktandum 10 abzusetzen, um die Vorlage sodann nochmals in der Kommission zu besprechen. Es ging um das Provisorium für das Gemeinschaftszentrum (GZ) Witikon. Zur Begründung führte er an, die IG Pro Wittiker-Huus habe einen Rekurs angedroht. Es sei deshalb besser, erst eine Vertretung der IG in die Kommission einzuladen und sich auszusprechen. Eigentlich hätte er diesen Antrag erst bei der Behandlung des Geschäfts bringen sollen, erklärte ihm Ratspräsident Guy Krayenbühl, liess die Vorab-Debatte dann aber laufen. Balz Bürgisser (Grüne) sagte, für ihn als «Witiker Urgestein» komme dieser Antrag überraschend. Das Provisorium sei dringend nötig, weil der Vertrag zwischen der Stadt und der SwissRe per Ende September 2026 auslaufe. Die dort geplante Arealüberbauung komme, man habe schlicht keine Zeit für Zusatzrunden. Patrik Brunner (FDP) fügte an, der Grund, den Samuel Balsiger genannt habe, sei «vorgeschoben, es geht der IG um den Erhalt des Hauses, nicht um das GZ oder das Provisorium». Mit 97 gegen 11 Stimmen (der SVP) lehnte es der Rat ab, das Traktandum abzusetzen.
Die traditionelle Erklärung der IG Frauen zum 8. März verlas dieses Jahr Serap Kahriman (GLP). Sie erinnerte insbesondere daran, dass die bisher erreichten Errungenschaften «kein Selbstläufer» seien, im Gegenteil: «Weltweit ist ein Backlash gegen Frauenrechte im Gang.» Das sei «alarmierend».
Teuer, aber nötig
Schon bald kam das GZ Witikon erneut und diesmal regulär zur Sprache. Kommissionssprecherin Karin Stepinski (Die Mitte) sprach von einer «wichtigen soziokulturellen Einrichtung fürs Quartier», einem «Treffpunkt für Jung und Alt», kurz, einer Institution, die «nicht mehr wegzudenken» sei. Doch das GZ befindet sich heute in einer Liegenschaft der Swiss Re an der Witikonerstrasse 405, und dieses Gebäude soll ab 2027 einem Ersatzneubau weichen. Deshalb läuft der Mietvertrag der Stadt mit der Swiss Re Ende September 2026 aus. Weil kein geeigneter neuer Standort für das vollständige Raumprogramm des GZ gefunden werden konnte, wird nun eine Zwei-Standorte-Strategie Tatsache: Im Ersatzneubau der Swiss Re im Zentrum von Witikon entsteht dereinst der zentrale Hauptstandort, und im Neubau des Sportzentrums Witikon wird ein Zweitstandort realisiert. Weil diese jedoch erst 2029 bezugsbereit seien, brauche es ein Provisorium, fuhr Karin Stepinski fort. Dieses soll hinter dem Alten Schulhaus an der Witikonerstrasse 359 erstellt werden, rund 300 Meter vom heutigen GZ entfernt.
Vorgesehen ist ein dreigeschossiges Provisoriumsgebäude. Der Baukredit beläuft sich auf 5,8 Millionen Franken, inklusive Reserven und einer Grenzabstand-Entschädigung. Das sei viel zu viel, befand Michele Romagnolo, der den Rückweisungsantrag der SVP begründete. Er selber habe «aktiv» nach einem Gewerberaum gesucht und einen gefunden, mit 190 m2 Fläche und rund 100 Meter vom GZ entfernt, fuhr er fort. Er habe den Stadtrat gebeten, diese Möglichkeit zu prüfen, doch dieser habe nichts unternommen, empörte er sich, dabei wäre das viel billiger gekommen. Karin Stepinski entgegnete, der Stadtrat habe viel unternommen, um einen definitiven Standort zu finden, aber «leider nichts gefunden, was nur annähernd den Flächenbedarf gedeckt hätte». Die jetzige Lösung sei «ein sehr guter Kompromiss».
Den Änderungsantrag der GLP stellte Ronny Siev vor. Seine Fraktion habe nichts gegen das GZ und unterstütze auch das Provisorium, doch die Kosten seien zu hoch, sagte er. Deshalb solle nur zwei- statt dreistöckig gebaut werden, damit liesse sich fast eine Million einsparen. Moritz Bögli (AL) sagte, die Gentrifizierung habe nun auch Witikon erreicht, und das sei aus Sicht seiner Fraktion grundsätzlich negativ, für die Vorlage fürs GZ-Provisorium sei das aber «irrelevant». Doch wenn die Vorlage abgelehnt werde, stehe Witikon ohne GZ da, und deshalb stimme die AL der Vorlage zu. Patrik Brunner sagte, auch die FDP-Fraktion hätte es gern günstiger gehabt, sie stimme aber zu. Balz Bürgisser erklärte schliesslich noch, es sei «haarsträubend», was die SVP behaupte. 190 m2 wären nicht einmal halb soviel Fläche wie heute, und abgesehen davon seien im Erdgeschoss der Witikonerstrasse 375 aktuell noch zwei Räume mit je 60 m2 leer, wobei der eine ab April für mindestens zehn Jahre von einem «quartierverbundenen Gewerbebetrieb» gemietet worden sei. Er wisse das, weil er den Eigentümer der Räume gefragt habe, fuhr Balz Bürgisser fort und erinnerte die SVP daran, dass sie diese Informationen auch hätte bekommen können, so sie denn gefragt hätte. Mit 102 gegen 13 Stimmen (der SVP) ging der Rückweisungsantrag bachab, mit 91 gegen 24 Stimmen (von GLP und SVP) lehnte der Rat den Änderungsantrag der GLP ab, worauf die unveränderte Vorlage mit 102 gegen 13 Stimmen (der SVP) durchkam.
Mehr Fans, mehr Fansozialarbeit
Zu Beginn der Debatte um die Beiträge 2025–2028 an den Verein Fansozialarbeit FC Zürich erklärte Kommissionssprecher Moritz Bögli, die Stadt unterstütze den Verein seit 2003. Bisher erhielt der Verein 50 000 Franken, neu sollen es 130 000 Franken jährlich sein. Damit könne das Angebot ausgebaut werden. Der Verein habe direkten Zugang zu Jugendlichen, die sonst schwer erreichbar seien, führte er aus. Zudem sei die Kurve seit fünf Jahren um zirka 50 Prozent gewachsen, wobei ein überproportional grosser Teil Mädchen bzw. junge Frauen seien.
Den Rückweisungsantrag begründete Samuel Balsiger. Er zitierte aus einem internen Dokument der VBZ für den Zeitraum 2019 bis 2022, wobei er von Messerstechereien, Knallkörper-Anschlägen, Raub etc. durch «radikal-gewalttätige Hooligans» berichtete. Es herrschten «Zustände wie in einem Kriegsgebiet», habe ihm ein VBZ-Mitarbeiter gesagt. Samuel Balsiger erzählte auch noch, drei Tage, nachdem er in der Kommission gefordert habe, man müsse endlich durchgreifen und es brauche als letzte Konsequenz Geisterspiele, sei das Haus, in dem er wohne, «per Zufall ziemlich umgehend» mit FCZ-Sprüchen versprayt worden. Klammer auf: Eine interessante Aussage angesichts der Tatsache, dass Kommissionssitzungen nicht öffentlich sind und auch Journalist:innen keine Auskunft über das dort Besprochene erhalten.
Moritz Bögli fasste zusammen: «Ich finde es faszinierend, wie man zehn Minuten reden kann und ganze zehn Sekunden davon zum Antrag.» Die Mehrheit lehne die Rückweisung ab, fuhr er fort. Es sei klar, dass es hier nicht um ein «Allerheilmittel» gehe, sondern um Jugendarbeit. Luca Maggi (Grüne) betonte, in jüngerer Vergangenheit sei es bei den allermeisten Spielen zu keinerlei Vorkommnissen gekommen, trotz jeweils knapp 7000 Menschen im Sektor D, wo sich auch die Südkurve befindet. Den Rückweisungsantrag lehnte der Rat mit 82 gegen 33 Stimmen (von SVP und FDP) ab, und mit demselben Stimmenverhältnis kam sodann die Vorlage durch.