Ja zur STAF heisst Nein zu Steuerflucht
Die Schweiz gilt als Steuerparasit, der sich auf Kosten anderer Länder bereichert.Das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) ist ein Fortschritt im Kampf gegen internationale Steuervermeidung und verschafft gleichzeitig der AHV zwei Milliarden Zusatzfinanzierung.
Beat Jans
Das Steuersystem der Schweiz ist wie ein Emmentaler Käse. Voller Löcher. Zahlreiche Firmen verstecken hier ihre Profite vor den Steuerbehörden. Deshalb gilt die Schweiz zurecht als Steuerparasit, der sich auf Kosten ärmerer Länder bereichert. Ein Ja zum Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) stopft einige dieser Löcher und macht wichtige Fortschritte im Kampf gegen internationale Steuervermeidung. Ein Nein hingegen zementiert den Status quo und der ist übel. Denn multinationale Grosskonzerne müssen im Ausland erwirtschaftete Gewinne zum Teil gar nicht versteuern. Sie zahlen heute viel weniger Gewinnsteuern als KMUs, die nur in der Schweiz wirtschaften. Gemischte Gesellschaften geben nur zehn bis elf Prozent ihrer tatsächlichen Gewinne in Form von Steuern an die Allgemeinheit weiter. Holdings kommen mit nur acht Prozent davon und Prinzipalgesellschaften oder Swiss Finance Branches ziehen sich mit unglaublich tiefen zwei bis drei Prozent aus der Affäre. Damit macht die STAF Schluss. Internationale und Schweizer Firmen werden gleichgestellt. Die Abschaffung dieser Steuerprivilegien ist aber längst nicht der einzige Fortschritt, welche die STAF im Kampf gegen kapitale Steuerschlupflöcher bringt:
Gewinnverstecker entlarven
Sie korrigiert auch das Kapitaleinlageprinzip (KEP), ein weiteres mächtiges Steuerschlupfloch. Globale Steuervermeider haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Dieses erlaubt ihnen, Gewinne zu tarnen und vollständig steuerfrei auszuschütten, wenn sie sie als überschüssiges Kapital verbuchen. Seit dessen Einführung bewilligte die Steuerverwaltung gegen 2000 Mrd. Franken Kapitaleinlagen, die steuerfrei ausgezahlt werden können. Die STAF durchkreuzt dieses Geschäftsmodell. Konzerne können neu gemeldete Kapitalreserven nur noch freigeben, wenn sie mindestens gleichviel steuerbare Dividenden ausschütten.
Weiter wird endlich verboten, mehr Abzüge als Gewinne auszuweisen. Die sogenannte Entlastungsbegrenzung schreibt neu vor, dass alle Unternehmen mindestens 30 Prozent ihrer Gewinne zum vollen Steuersatz besteuern müssen. Ein solches Minimum gab es bisher nicht.
Steuervagabunden stoppen und die Reichsten höher besteuern
Fortschritte gibt es zudem beim Step-up. Mit diesem Trick kann sich heute ein Konzern ‹legalisieren›. Will er vermeiden, dass er auf die Schwarze Liste der OECD kommt, kann er seine bisherigen Steuerprivilegien freiwillig aufgeben und sie als stille Reserven aufdecken. Die Aufdeckung stiller Reserven kann er von den Steuern abziehen. Im Extremfall bezahlt er so über Jahre keine Steuern. Die STAF verlangt nun eine Mindestbesteuerung der Firmen, die stille Reserven aufdecken. Der Teilabzug ist auf fünf Jahre beschränkt. Und sollten diese Offshore-Firmen dann wegziehen wollen, werden die stillen Reserven voll besteuert. Der kantonalen Nullbesteuerung von Steuerprofiteuren wird so ein Riegel geschoben.
Erfolgreich haben wir auch erwirkt, dass Grossaktionäre endlich stärker zur Kasse gebeten werden. Der Bund erhöht die Steuern für Reiche, die mehr als 10 Prozent Anteile einer Firma halten. Er besteuert ihre Dividenden neu mit 70 statt 50 Prozent und schreibt den Kantonen vor, sie mindestens zu 50 Prozent zu besteuern. Diese Massnahme bringt eine Erhöhung der Einnahmen bei Bund von ca. 100 Mio. und in einigen Kantonen von ca. 120 Mio. Franken. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Alleingänge beenden
Zurecht wird eingewendet, dass die STAF stattdessen neue Abzüge einführt, nämlich für Gewinne aus Patenten (Patentbox) und für Ausgaben in Forschung und Entwicklung. Diese Abzüge sind aus entwicklungspolitischer Sicht aber deutlich gerechter als diejenigen, die abgeschafft werden. Sie belohnen erstens reale Investitionen und den Personalaufwand in der Schweiz und nicht billige buchhalterische Tricks. Und zweitens sind sie keine nationalen Alleingänge, sondern richten sie sich nach den internationalen Standards der OECD. Siebzehn Länder haben die Patentbox bereits eingeführt. Die Abzüge für Forschung und Entwicklung kennen fast alle Industrie-
länder. Sie sind für die Kantone fakultativ und auf Bundesebene nach wie vor nicht abziehbar.
Grosskonzerne mehr beteiligen
Das alles führt dazu, dass Grosskonzerne und Grossaktionäre erstmals seit Jahrzehnten wieder mehr Steuern bezahlen müssen. Rechnet man Bund und Kantone zusammen, werden die bisher bevorzugten Grosskonzerne etwa zwei Milliarden Franken mehr Steuern zahlen. Dass in einigen Kantonen trotzdem mit Mindereinnahmen gerechnet wird, hat nichts mit der STAF zu tun sondern mit den kantonalen Umsetzungsplänen. Denn die Bundesvorlage, über die wir am 19. Mai abstimmen werden, senkt keine Steuersätze. Ein Nein würde die Finanzen dieser Kantone nicht verbessern. Im Gegenteil, die Kantone würden gesamthaft eine Milliarde Franken verlieren, weil die höhere Beteiligung an den Steuereinnahmen des Bundes wegfiele. Die Bundeskasse profitiert ganz klar von der STAF. Sie nimmt etwa 500 Mio. mehr von Unternehmen ein und entlastet im Gegenzug die Kantone und die AHV.
Die Behauptung, die STAF würde die Steuerspirale zwischen den Kantonen anheizen, ist haltlos. Tiefsteuerkantone mit Steuersätzen unter 13 Prozent gibt es in der Schweiz schon seit Jahren. Bürgerliche Kantone brauchen dafür keine STAF. Luzern, Nid- und Obwalden, die beiden Appenzell und Zug lassen grüssen. Damit die Kantone ihre Sätze endlich harmonisieren und auf ein anständiges Mass heben, braucht es eine Volksinitiative. Ein Nein zur STAF würde uns auf diesem Weg kein bisschen weiterbringen. Es ist im Gegenteil zu befürchten, dass einige Kantone die Sätze dann noch stärker senken würden. Die Steuerspirale mit dem Ausland kann nur international gebremst werden. Indem die Schweiz mit der STAF die internationalen Regeln übernimmt, begibt sie sich auf diesen Weg und macht einen entscheidenden Schritt in diese Richtung.
Fazit
Das Referendum gegen die USR III hat sich gelohnt. Der vorliegende Plan B ist viel besser. Nicht nur, weil die AHV zwei Milliarden soziale Zusatzfinanzierung erhält. Sondern auch, weil er griffigere Massnahmen gegen die internationale Steuerflucht und Mehreinnahmen von Grosskonzernen und Grossaktionären bringt. Bei einem Nein dürfte es chaotisch werden. Denn die Vorlage wird von einzelnen Linken und Rechten bekämpft. Diese könnten sich dann jahrelang darüber streiten, wer die Abstimmung gewonnen habe. In der Zwischenzeit ginge die AHV den Bach runter und die Steuerparasiten würden weiter schmarotzen.