Immer fürs Auto mobil

SVP-Nationalrat und Bundesratskandidat Albert Rösti trägt bekanntlich viele Hüte. Einige davon passen so problemlos ineinander, dass man fast meinen könnte, es sei Absicht.

 

Am 15. Oktober fand das erste «H2-Trucker-Meeting» in Olten statt. Das geht aus einer gemeinsamen Medienmitteilung von H2 Energy, Hyundai Hydrogen Mobility, Hydrospider und dem Förderverein H2 Mobilität Schweiz hervor (siehe Infobox). Gemäss letzterem läuft in der Schweiz seit zwei Jahren «eine weltweit einzigartige Realisierung einer Initiative, die auf einen sektorübergreifenden Wasserstoff-Ökokreislauf setzt». Ihr Ziel: die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs. Und so fuhren am H2-Trucker-Meeting 20 Wasserstoff-Elektrotrucks miteinander den 5-millionsten Kilometer, den Wasserstoff-LKW bisher in der Schweiz zurückgelegt haben. Sie wurden dabei aufmerksam beobachtet von zwei der drei Co-PräsidentInnen der parlamentarischen Gruppe Wasserstoff, den NationalrätInnen Maja Riniker (FDP, AG) und Albert Rösti (SVP, BE), der übrigens auch Präsident von Auto Schweiz ist.

 

Doch woher soll dereinst in der Schweiz all der Strom aus erneuerbaren Quellen kommen, der die Produktion von grünem Wasserstoff ermöglicht? Am 17. November vermeldete die H2 Energy die Eröffnung eines weiteren «Pionierprojekts», einer Wasserstoff-Produktionsanlage im Kraftwerk Kubel im Kanton St. Gallen. In der Medienmitteilung heisst es, «die neue Produktionsanlage – eine der ersten in der Schweiz – bezieht den Strom direkt vom angrenzenden Wasserkraftwerk und produziert damit CO2-neutralen Wasserstoff aus Wasserkraft». Das hört der Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes, Albert Rösti, sicher gern…

 

Von Strompreisen…

Es gibt allerdings ein Problem: Die Strompreise spielen bekanntlich verrückt. In einem Artikel mit dem Titel «Status der H2-Initiative von Hyundai: Es ist kompliziert» auf mobility-market.ch ist nachzulesen, «20 Betreiber von bisher 47 ausgelieferten H2-LKW von Hyundai nutzen ein nicht näher definiertes Pay-per-use-System mit langfristig definierten Kosten (…)». Doch «die irrlichternden Marktpreise für Strom» setzten diesen Ansatz nun unter Stress. Zwar reiche der grüne Wasserstoff, den die Hydrospider AG mithilfe von Strom aus dem Laufwasserkraftwerk Niedergösgen der Alpiq in einer Pilotanlage produziere, um die bestehende Flotte zu alimentieren. Doch die nächsten nach Europa gelieferten H2-LKW von Hyundai kämen nicht hierzulande auf die Strasse, sondern würden nach Deutschland geliefert: «Von 1000 H2-Brennstoffzellen-Trucks bis Ende 2023 ist keine Rede mehr. Und wie lang der Marschhalt dauert, wissen derzeit auch die Verantwortlichen nicht.» Beim Förderverein H2 Mobilität Schweiz heisst es dazu, Wasserstoff sei nach wie vor der ideale Energieträger, um Strom aus Photovoltaik- und Windanlagen zu speichern. Die Schweiz sei Vorreiterin bei den H2-LKW-Transportlösungen, und natürlich könne es sein, dass man seine Ziele korrigieren müsse. Das Wichtige sei aber, dass sich die Branche einig sei, dass man am Ausbau festhalten wolle. Eine weitere Produktionsstätte für grünen Wasserstoff soll bald in Bürglen im Kanton Uri gebaut werden.

 

…und Fördergeldern

Nun ist die Umstellung der Transportbranche auf erneuerbare Energien bekanntlich auch ein Thema für die Politik. In der Schweiz sind Elektro-Lastwagen und Wasserstoff-Trucks von der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) befreit. Am Anlass in Olten sagte Albert Rösti gemäss einem Beitrag auf swisscamion.ch, für den Erfolg des CO2-neutralen Wasserstoffs als Treibstoff sei es wichtig, dass möglichst schnell entschieden werde, dass Wasserstoff-Lastwagen auch nach 2030 von der LSVA befreit seien.

 

Zudem verpflichtet das nach dem Nein vom 13. Juni 2021 weiterhin geltende ‹alte› CO2-Gesetz die Mineralölgesellschaften, die fossile Treibstoffe in Verkehr setzen, einen bestimmten Teil der CO2-Emissionen zu kompensieren, die bei der Nutzung der Treibstoffe entstehen. Die von der Erdölvereinigung (heute Avenergy Suisse) 2012 gegründete Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation (Stiftung KliK) nimmt als Kompensationsgemeinschaft den an ihr teilnehmenden Mineralölgesellschaften die Erfüllung dieser Kompensationspflicht ab: «Geeignete Kompensationsaktivitäten werden von den zuständigen Bundesstellen registriert und erhalten für verifizierte Emissionsverminderungen sogenannte Bescheinigungen ausgestellt. Durch den Verkauf der Bescheinigungen an die Stiftung KliK entsteht ein finanzieller Beitrag, der die Umsetzung der jeweiligen Kompensationsaktivität fördert», heisst es auf der Website der Stiftung KliK. Aktuell wird dort auf ein neues Programm verwiesen: «Das Programm ‹H2-LKWs› fördert den Einsatz von schweren Nutzfahrzeugen, die mit grünem Wasserstoff (H2) betrieben werden. Es richtet sich an Transportunternehmen, die mit Wasserstoff betriebene LKWs von einem beliebigen Anbieter käuflich erwerben, mieten oder leasen möchten. Die Förderung besteht beim Kauf eines H2-LKW in einem einmaligen Investitionsbeitrag von CHF 50 000. Wird der H2-LKW gemietet oder geleast, besteht die Förderung in einem jährlich bis 2030 ausbezahlten Förderbeitrag, der rund zwei Drittel der Mietmehrkosten gegenüber einem Diesel-LKW deckt.»

 

Damit fliesst ein Teil des Geldes, das die AutofahrerInnen beim Tanken abliefern, ca. ein Rappen pro Liter, in die Förderung von LKW, die mit erneuerbarer Energie unterwegs sind. Es bleibt also in der Auto-Familie, was den Bundesratskandidaten Rösti freuen dürfte. Dass allerdings der Strom aus ‹seinen› Wasserkraftwerken nicht reichen wird, wenn auch noch alle Personenwagen einen Stecker bekommen, ist unbestritten. Was nun? Sonne? Wind? Stromabkommen? Oder anders gefragt: Ist es eine gute Idee, Albert Rösti in den Bundesrat zu wählen?

 

Wasserstoff-LKW:

Die H2 Energy Holding AG ist im August 2014 gegründet worden und will «Wasserstoff aus erneuerbarer Energie zu einem Grundpfeiler des Energiesystems machen». Seit 2020 beteiligt sich das Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura an H2 Energy. Die Hyundai Hydrogen Mobility AG ist ein Joint Venture von Hyundai und H2 Energy. Hydrospider AG wiederum ist ein Joint Venture von Alpiq, H2 Energy und Linde/PanGas. Hydrospider stellt «die Produktion, Beschaffung und Logistik von grünem Wasserstoff aus CO2-freier Produktion» sicher. Der Förderverein H2 Mobilität Schweiz schliesslich «setzt sich zum Ziel, in der Schweiz ein flächendeckendes Netz an Wasserstoff-Tankstellen aufzubauen». In diesem Verein sind von Agrola über Migros, Coop und verschiedene grosse Transportfirmen bis zu Shell New Fuels, Socar und Tamoil alle dabei. nic.

 

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