Kaspar Bopp. (Bild: zVg)

Im Dschungel der Wohnungspolitik

Die Abstimmung zum Vorkaufsrecht für Immobilien für Gemeinden stand diese Woche im Zentrum eines Politapéros der SP Töss. Moderiert von Esther Banz diskutierten der Winterthurer Finanzvorstand Kaspar Bopp (SP) und der Präsident der Genossenschaft WAK in Elgg Erich Wegmann über den Stellenwert eines Vorkaufrechts in der Stadt und auf dem Land, aber auch über weitere Instrumente gegen die Verteuerung von Wohnraum.

Schlag auf Schlag folgen sich Initiativen und Abstimmungen zum Wohnbereich: Im Kantonsrat standen diesen Montag nicht weniger als vier Initiativen zur Diskussion (siehe Seite 4), im September wurde der Eigenmietwert in der Volksabstimmung auf Bundesebene abgeschafft, und nun steht Ende November im Kanton Zürich die «Volksinitiative für mehr bezahlbaren Wohnraum» zur Abstimmung. Die Ausgangslage scheint aktuell positiv: Eine Studie des Umfrageinstituts GfS, die Anfang Woche publiziert wurde, zeigt einen Monat vor dem Abstimmungssonntag über 60 Prozent Zustimmung. Zwar sind über 90 Prozent der Bevölkerung mit der Wohnsituation zufrieden, viele haben jedoch Angst vor Veränderungen und zusätzlichen finanziellen Lasten.

Winterthur fehlen Immobilien

«Die Initiative bildet einen kleinen Hebel für Gemeinden, in der Wohnungspolitik aktiv zu werden», hielt Kaspar Bopp fest. Sie sei jedoch nur ein erster Schritt: Mit der Initiative erhalten die Gemeinden zwar die Möglichkeit, ein Vorkaufsrecht für Immobilien in der Gemeindeordnung zu verankern, dies müsse dann aber auch auf dem politischen Weg erfolgen. «Es ist also ein Instrument, das nicht sofort greifen wird.» Aber für Winterthur sei es eine wichtige Säule der städtischen Wohnungspolitik. Bopp nannte vier Säulen, die für Winterthur entscheidend seien: Finanzielle Förderung, Zonenplanung (Zonen für preisgünstigen Wohnraum, Mehrwertausgleich, etc.), Verträge ­(Public-Private-Partnership, städtebauliche Verträge, etc.) sowie schliesslich Eigentum (Kauf von Land, Baurechtsvergabe, etc.). In diesem Bereich sei das Vorkaufsrecht angesiedelt. «Nicht zuletzt bringt ein in der Gemeindeordnung verankertes Vorkaufsrecht auch mehr Transparenz auf den Immobilienmarkt.» Sein Engagement für die Initiative entspreche seiner tiefen Überzeugung, dass eine Durchmischung der Stadtbevölkerung entscheidend sei: «Ich will dazu beitragen, dass sich alle in Winterthur wohlfühlen.» Die Stadt Winterthur könnte damit teilweise auch die Veräusserungen von Immobilien im Rahmen eines Sparprogramms Anfang der 2000er-Jahre korrigieren. Auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum führte Bopp aus, dass damals Immobilien im Wert von rund 80 Millionen veräussert wurden, deren Wert heute sicher deutlich über 100 Millionen Franken wäre. Relativierend müsse aber festgehalten werden, dass es sich dabei teilweise um Einfamilienhäuser gehandelt habe, die wenig Potenzial für kostengünstigen Wohnungsbau hätten.

Mehr kleine Genossenschaften gründen

Dass ein Vorkaufsrecht für Gemeinden auch für Wohnbaugenossenschaften wichtig ist, betonte Erich Wegmann, der in Elgg die Genossenschaft WAK mit aufbaute und im Vorstand des Verbandes der Wohnbaugenossenschaften in der Region Winterthur mitarbeitet. «Aus meiner Sicht betrifft das Vorkaufsrecht nun vor allem mittlere und grössere Städte, in einer Landgemeinde wie Elgg ist es nicht so entscheidend, weil da auch kaum eine politische Mehrheit für Immobilienkäufe zu finden sei. «Wir sind mit der Genossenschaft ‹Wohnen, Arbeiten, Kultur› dann in diese Lücke hineingerutscht.» Am Anfang sei es nur darum gegangen, eine Liegenschaft zu kaufen, um den Claro-Weltladen zu retten. «Inzwischen werden uns Liegenschaften von den Besitzer:innen zum Kauf angeboten.» Dabei spiele vor allem auch der Wille mit, den Charakter des Städtchens zu erhalten und nicht von Immobilienfirmen bestimmen zu lassen, die keinen Bezug zu Elgg hätten. Bezogen auf die Genossenschaften sei es so, dass die grossen Genossenschaften ein Engagement für kleinere Immobilien wegen dem Aufwand scheuten. «Ein Vorkaufsrecht durch die Stadt und danach eine Abgabe im Baurecht an eine kleine Genossenschaft wäre aber sinnvoll», hielt Wegmann fest. Er würde die Gründung von objektbezogenen Genossenschaften durchaus als interessantes Mittel im Zusammenspiel mit dem Vorkaufsrecht der Stadt Winterthur sehen. «Angesichts der kommerziellen Wohnbautätigkeit müssen wir uns anstrengen, den Anteil von gemeinnützigen Wohnungen nur zu halten».