«Ich würde auf mehr Transparenz setzen»

Ihre Chancen, Regierungsrätin zu werden, sind intakt: Darüber, wie SVP-Nationalrätin und Kommunikationsberaterin Natalie Rickli die steigenden Gesundheitskosten, aber auch das Thema häusliche Gewalt angehen würde, gibt sie im Gespräch Auskunft.

 

Sie könnten die neue Gesundheitsdirektorin des Kantons Zürich werden – und als solche, wie einst Verena Diener, Spitäler schliessen müssen: Schrecken solche Aussichten Sie nicht ab?
Natalie Rickli: Die Gesundheitspolitik interessiert mich immer mehr, aber auch die Baudirektion wäre ein neues Fachgebiet für mich und würde mich reizen. Im Gesundheitswesen kennen die Kosten sowohl schweizweit wie auch im Kanton Zürich zurzeit nur eine Richtung, nach oben. Ich finde es jedoch nicht angebracht, Lösungen vorzuschlagen, solange ich nicht gewählt und mit der Materie vertraut bin: Gäbe es eine einfache und mehrheitsfähige Lösung des Kostenproblems im Gesundheitswesen, dann wäre sie längst umgesetzt.

 

Aber darüber, dass wir im Kanton Zürich eher zu viele als zu wenige Spitäler haben, sind sich zumindest die Bürgerlichen doch einig.
Wir haben in der Schweiz 91 Spitäler, 29 davon stehen im Kanton Zürich: 16 Kliniken mit eigenem Notfall, zwei Geburtshäuser, sieben Reha-Kliniken und vier psychiatrische Einrichtungen. Gemäss dem Grundsatz «ambulant vor stationär» dürfte es künftig weniger Übernachtungen geben. Der neue Gesundheitsdirektor oder die neue Gesundheitsdirektorin wird sich über die Belegung, die Finanzen und diesbezüglichen Optimierungsmassnahmen Gedanken machen müssen. Dazu gehört je nachdem auch das Schliessen eines Spitals.

 

Im neuen Parteiprogramm der SVP Schweiz wird eine Gebühr vorgeschlagen, die alle bar zu bezahlen hätten, die einen Arzt oder ein Spital aufsuchen: Lässt sich damit wirklich Geld sparen?
Im Parteiprogramm der SVP Kanton Zürich haben wir keinen solchen Passus, und ich weiss nicht, welche Überlegungen der SVP Schweiz ihm zugrunde liegen. Ich stehe dieser Forderung aber ablehnend gegenüber. Was ich hingegen unterstütze, ist eine Pauschale, die jene zu berappen hätten, die wegen einer Bagatelle oder am Sonntag in den Notfall gehen, obwohl bis am Montag hätte gewartet werden können: Ein Besuch im Notfall ist doppelt so teuer wie beim Hausarzt. Das Wichtigste ist aber ohnehin, dass es gelingt, alle Akteure einzubinden, von den Medikamentenherstellern über die Ärztinnen, die Spitäler, die Krankenkassen und natürlich die Politik. Der Kanton hat zudem eine spezielle Rolle inne, ist er doch gleichzeitig Eigner und Regulator der Spitäler.

 

Dass das so bleiben soll, haben die Stimmberechtigten fürs Kantonsspital und die integrierte Psychiatrie Winterthur erst kürzlich bestätigt.
Daran gibt es nichts zu rütteln. Als neue Gesundheitsdirektorin würde ich aber auf jeden Fall den Dialog mit der Bevölkerung suchen und auf mehr Transparenz setzen, was die Leistungen und die Kosten unseres erstklassigen Gesundheitssystems betrifft – und dass wir nicht vergessen dürfen, dass Prämienverbilligungen Steuergelder sind und deren Erhöhung folglich vor allem jene belastet, die selber keine solchen beziehen.

 

Wechseln wir das Thema: Kürzlich wurde in Winterthur eine neue Studie zur «Häuslichen Gewalt» vorgestellt. Dabei kam heraus, dass viele Opfer gar nicht wollen, dass der Täter bestraft wird. Wie würden Sie diesem Dilemma begegnen?
Wir haben letztes Jahr im Parlament das Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen beschlossen; die Referendumsfrist läuft Anfang April ab, und danach kann es in Kraft treten. Neu können die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren nur noch bei einfacher Körperverletzung, wiederholten Tätlichkeiten, Drohung oder Nötigung sistieren, wenn das Opfer darum bittet oder sich dadurch die Situation des Opfers verbessern lässt. Wenn der Täter jedoch wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder die sexuelle Integrität verurteilt wurde, ist das nicht mehr möglich.

 

Die Frau wird somit gezwungen, damit zu leben, dass ihr Mann oder Freund ins Gefängnis muss, selbst wenn sie sich wieder mit ihm versöhnt hat: Was, wenn sie lieber mit ihm das Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt» des Zürcher Justizvollzugs besucht hätte, das am erwähnten Anlass auch vorgestellt wurde?
Ich verstehe hier die linken Frauen nicht, die – zu Recht – dafür gekämpft haben, dass Gewalt in der Ehe ein Offizialdelikt wird. Nun argumentieren sie wie damals ihre Gegner, denen sie das heute noch vorwerfen. Das ist paradox. So werden Männer, die ihre Ehefrauen schlagen, vor dem Gesetz auch besser gestellt als Männer, die fremde Frauen schlagen. Das kann es doch nicht sein. Es ist falsch, dem Opfer die Entscheidung aufzubürden, ob der Täter bestraft werden soll oder nicht. Das ist Aufgabe des Staates.

 

Auf Prävention und Lernprogramme zu setzen, ist nicht Ihr Ding?
Natürlich braucht es Prävention. Jede Tat, die verhindert werden kann, ist das Beste. Ich unterstütze auch Lernprogramme, doch wer seine Frau schlägt, gehört bestraft, da gibt es nichts zu rütteln. Dies umso mehr, als Ersttäter in dieser Deliktskategorie kaum im Gefängnis landen, sondern lediglich eine bedingte Strafe erhalten. Bis ein Opfer den Mut hat, seinen Peiniger anzuzeigen, braucht es viel. Dann müssen wir auch alles tun, um das Opfer zu schützen. Da viele Täter Ausländer sind, ist es auch eine Frage der Integration: Wir müssen den Männern klar machen, dass die Frauen hierzulande gleichberechtigt sind und dass es kein Kavaliersdelikt ist, eine Frau zu schlagen, sondern dass man dafür verurteilt wird.

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