«Ich will, dass die Stadt Gleichstellung umsetzt»

Meret Böhni machte in ihrer Bachelor-Arbeit auf die ungleiche Verteilung von öffentlichen Fussballplätzen zwischen Frauen- und Männerteams in der Stadt Zürich aufmerksam. Diesbezüglich hat der Stadtrat auf eine schriftliche Anfrage im Gemeinderat geantwortet: Die Teams seien bei der Platzverteilung gleichgestellt. Stimmt das?

 

Roxane Steiger

 

Letztes Jahr machte Meret Böhni in ihrer Bachelor-Arbeit auf die ungleiche Verteilung von öffentlichen Fussballplätzen zwischen Frauen- und Männerfussballteams in der Stadt Zürich aufmerksam. Die Plätze würden zwar öffentlich finanziert, aber werden nicht nach dem Prinzip der Gleichstellung verteilt. Daraus folgerte Böhni in ihrer Bachelor-Arbeit, dass die Stadt mit den Subventionen auch Ungerechtigkeiten mitfinanziere. Daraufhin reichten Lisa Diggelmann und Anjushka Früh (beide SP) vergangenen November im Gemeinderat eine schriftliche Anfrage zur Vergabe- und Verteilpraxis der Fussballfelder der Stadt ein. Im Februar hat der Stadtrat darauf geantwortet: Männer- und Frauenfussballteams seien bei der Platzverteilung gleichgestellt.


Schwammige Vergabekriterien

Im sportpolitischen Konzept der Stadt ist neben der Verwirklichung der Gleichstellung auch die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Verbände und Vereine als Ziel aufgeführt. Zudem gilt der Grundsatz der Subsidiarität gegenüber dem privatrechtlichen Sport. Gewisse Vereine und Verbände sind somit selber für die Durchführung von Trainings oder Wettkämpfen verantwortlich. Der Stadtrat vermeidet so wenn möglich, in die Autonomie der Sportverbände und -vereine einzugreifen. Das Sportamt orientiere sich deshalb nicht nur an den städtischen Vorgaben zur Gleichstellung, sondern auch an den geltenden Vorgaben der Fussballverbände. Dazu fragt sich Meret Böhni: «An welchen Vorgaben orientieren sich das Sportamt und die Vereine genau? Diese Vorgaben sind mir nämlich nicht bekannt und werden in der Antwort auch nicht genannt.» Tatsächlich bleibt dies in der Antwort des Stadtrats vage. Fussballteams in den Amateurligen werden von den Vereinen in einer Sitzung mit dem Sportamt in Trainingseinheiten zugeteilt. Wenn Trainingszeiten in Konflikt stehen, erfolgt eine Bevorzugung von Nachwuchsteams gegenüber Erwachsenenteams. Kann keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, wendet das Sportamt die vom Stadtzürcher Fussballverband erlassenen Vergabekriterien an. Diese Kriterien werden aber im Beschluss weder konkret genannt, noch sind sie auf der Webseite des Verbands zu finden. Für die Vereine, die vom Sportamt an die Fussballvereine übertragen wurde, gelten theoretisch dieselben Regeln. Für die Absage von Meisterschaftsspielen gilt schweizweit die Prioritätenordnung des Schweizerischen Fussballverbands, bei dem Frauenfussball zweitrangig ist (P.S. berichtete). «Wenn die Stadt Gleichstellung anstrebt, aber gleichzeitig die Autonomie von Sportverbänden tolerieren möchte, die keine Gleichstellung umsetzen, ist das widersprüchlich», meint Meret Böhni. «Eine Lösung wäre zum Beispiel, wenn die Stadt bei den Plätzen, die sie vergibt, Bedingungen im Sinne der Gleichstellung stellt.»


Mehr Transparenz?

In Zukunft soll die Zuteilung der Fussballfelder auf ihren Rasensportanlagen transparenter sein. Dazu will das Sportamt die Zuteilungen tagesaktuell auf seiner Webseite publizieren. Im Beschluss veröffentlicht der Stadtrat zudem eine Liste mit den Angaben zur Anzahl der Frauen- und Herrenteams mit den Tagen und Uhrzeiten, zu welchen sie trainieren. «Die anonymisierte Liste bringt uns wenig Klarheit», entgegnet Böhni. Sie vermutet, dass die Frauen, die beim Heerenschürli trainieren, die FCZ-Frauen sind. Die Männer des FCZ seien auf dem Plan aber nicht aufgelistet, da sie nicht zum Breiten-, sondern zum Spitzensport gezählt würden. Es ist also schwierig, aus dieser Liste klare Schlüsse zu ziehen. Der Stadtrat verweist zudem da­rauf, dass der Anteil der Trainingseinheiten für Frauen- und Mädchenteams bei 13,3 Prozent liegt, während die gemeldeten Frauen- und Mädchenteams 13,9 Prozent betragen. Meret Böhni weist darauf hin, dass es dabei nur um die Vergabe von Trainingseinheiten geht: «Ob man Haupt- oder Nebenplätze erhält, wird nicht berücksichtigt. Wenn ein Frauenteam gleich viel trainiert wie ein Männerteam, aber zu schlechteren Zeiten und auf einer schlechteren Wiese, spielt das in dieser Antwort keine Rolle.»


Gleichstellung auch im Fussball

«Die Antwort des Stadtrates ist schwierig hinzunehmen, da ich die Ungerechtigkeit als Fussballspielerin kenne, in meiner Bachelor-Arbeit festgehalten und ausgedrückt habe. Sie anerkennt meine Aussagen nicht», meint Meret Böhni. «Dass keine Informationen zu Ungerechtigkeiten vorliegen, heisst nicht, dass es keine Ungerechtigkeiten gibt», fügt sie an. Ihre Bachelor-Arbeit weise auf einen Missstand hin, der vielen Personen bewusst sei. Es sei zudem unwahrscheinlich, dass solche Hinweise von Vorständen der Vereine, die oft männerdominiert und für die Verteilung der Plätze zuständig sind, diese Ungerechtigkeiten melden würden.

 

Aktuell bespricht sie mit den beiden Politikerinnen, wie sie genau vorgehen wollen, um auf konkrete Problemstellungen einzugehen. Es wäre beispielsweise hilfreich zu wissen, zu welchen Zeiten und auf welchen Wiesen die Teams spielen und ob sich die Teams auf diesen Feldern vorbereiten können, auf welchen sie auch die Spiele austragen – was für die Vorbereitung von Spielen sehr wichtig sei.

 

«Ich will, dass die Stadt Gleichstellung umsetzt. Dieses Ziel hat sie sich selbst gesetzt und es ist nicht verständlich, weshalb diese Ungerechtigkeit abgestritten wird oder die Gleichstellung im Fussball nicht gelten soll. Damit die Notwendigkeit für einen Wandel ersichtlich wird, müssen wir diese Aspekte nun direkt ansprechen.»


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