(Bild: Philipp Frowein)

Haudrauf

Höhnisches Gelächter trifft auf humanistische Intervention gegen die Gewaltorgie.

Die Laune ist danach noch miesepetriger, als es der morgendliche Blick in die Zeitung bereits andeuten liess. «Zer0 Gravity» von Sascha Özlem Soydan, Lubna Abou-Kheir und Nicole Oder vermengt philosophisch begründete konkrete Ansätze zur Überwindung einer auf Aktion und Reaktion verkürzte Logik der Gewaltanwendung mit der pathologischen Haudrauf-Zerstörungsfreude des popkulturellen Horrorclowns. In einem Bühnensetting zwischen Gummizelle und Katastrophenfilm trifft Sascha Özlem Soydan als Philosophieprofessorin Simone Weil auf ihre Misses Hyde. Die hoffnungsfrohe paradoxe Intervention gegen eine anscheinend unauflösbare Logik der stets steigernden Gewaltspirale prallt gegen ohnmächtige Verzweiflungslacher von Foltererlebnissen als Frau. Die nach der Schwerkraft benannte Gesetzmässigkeit der engstirnigen Gewaltlust wird hier als unüberwindbar in Szene gesetzt. Weit hinter der Bühnenrealität versteckt, kauert ein Quentchen Hoffnung, die eine Hälfte der menschlichen Spezies würde trotz der erlittenen Übergriffe, der verordneten Machtlosigkeit und der institutionalisierten politischen, militärischen, physischen Unterlegenheit, die Urkraft für den Kampf für eine Veränderung zum Positiven, zu einer allgemein humanistischen Maxime niemals verlieren und sich entgegen der Erfahrungen, Erlebnisse und Prognosen fürderhin mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften zur Wehr setzen. Trotzdem. Und dann kommt wieder so ein breitbeiniger Möchtegern um die Ecke, zertrampelt alles fröhlich gällend und sich selbst als heldenhaften Riesen feiernd. Und ist dabei sehr viel lauter, wirkt ungeheuer viel lustbetonter und das Resultat ist auch sehr viel effizienter und nachhaltig radikaler herbeiführbar. Ein leise geäussertes Aber mit der in der Folge beinahe geflüsterten Idee für ein alternatives und insbesondere konstruktives Verhalten dringt schon beinahe nicht mehr bis ans Ohr durch. Trefflich deprimierend.

«Zer0 Gravity», 22.3., Theater Neumarkt,
Zürich.