Ha ke Ahnig

«Frag mi nid, ha ke Ahnig, ha ke Ahnig, chumme chumme nid drus. Bi ou nur e Tubel wo chli Nonsens lallt, i ha o ke Plan, lueg i tue nur so, würke souverän, well das ghört zu de Show.»

Was das ist, werdet ihr euch fragen. Nun. Es ist ein Song von Steffe la Cheffe, einer Rapperin aus dem Breitsch (das ist ein Quartier in Bern, ich erkläre es euch ein andermal). Aber es ist natürlich noch mehr, der Soundtrack nämlich zum aktuell heissesten Streifen in Zürich. «Alle vs. Nielsen» heisst der. Es ist ein Politkrimi, wie ihn nur Wahlkämpfe schreiben können, geboren in der Not mangels anderer Argumente, und wenn ich auch ein grosses Verständnis habe für alles, was man in Wahlkämpfen macht, dann geht es mir hier ein birebitzeli zu weit. Ok, es geht mir viel zu weit.

 

Die Dramaturgie solcher Krimis ist immer die Gleiche. Ein Thema wird hochgeschaukelt. Es ist meistens eines, das schon lange da ist, die Dringlichkeit ist zwar plausibel, wenn auch nicht so hysterisch, wie sie dann daherkommt. Ein politischer Akteur erkennt die Gunst der Stunde, pusht das Thema und hängt noch ein Mitglied der Exekutive dran, damit es auch wirklich Wichtigkeit erhält. Die Medien haben fest Freude. Und dann wird es ein Megathema. Alle reden nur noch darüber. Plötzlich wimmelt es nur so von Spezialistinnen und Spezialisten. Jede und jeder weiss etwas dazu zu sagen. Man fragt sich, wo die vorher alle waren. Und man weiss: Ke Ahnig, chumme chumme nid drus. Die haben eigentlich keine Ahnung. Aber es hilft nichts. Die Geschichte dreht und dreht und mit ihr die Protagonistinnen und Protagonisten.

 

Und das ist die Geschichte: Wir haben eine Gesundheitsvorsteherin mit zwei Stadtspitälern, im Besitz der öffentlichen Hand. Und drumherum ist ein System, an dem alle nagen, die sich den perversen Wettbewerb um Zusatzversicherte und die guten Risiken, die Gesunden, nicht leisten können und wollen. Das System, die Spitalfinanzierung, ist ein Pfusch, der Fehlanreize schafft, höhere Kosten und Überkapazitäten.

 

Und wir haben alle zusammen keine Ahnung, wie dieses Problem von heute auf morgen gelöst werden soll. Aber eines wissen wir: An diesen Stadtspitälern hängen Menschen, an diesen Stadtspitälern hängen Schicksale. Wer in Zürich, ob jung oder alt, arm oder alleine ist, ohne soziales oder finanzielles Netz, psychisch krank und dadurch besonders verletzlich, oft gescheitert, strauchelnd, wer nur allgemeinversichert ist, wer sich keine Zusatzversicherungen leisten kann, wer dann krank wird, kompliziert krank, schwer krank, immer wieder krank, unheilbar krank, der bekommt eine medizinisch hochstehende Gesundheitsversorgung.

 

Wer in einem Privatspital liegt, hat es nicht besser als die in einem Stadtspital. Das ist eine Errungenschaft. Und was für eine. Nicht das Portemonnaie bestimmt über die Qualität der medizinischen Versorgung. Was in anderen Bereichen nicht oder nicht mehr gilt, ist hier noch wahr: Vor der Gesundheitsversorgung sind wir alle gleich. Wir sind es diesen Menschen, zu denen wir, wer weiss, vielleicht selbst einmal gehören, schuldig, dass es auch so bleibt.

 

Es wird in die falsche Richtung geschossen in diesem Politkrimi. «FDP sagt ‹Spital› und meint ‹Nielsen›», titelte der ‹Tages-Anzeiger› seinen Bericht über die Medienkonferenz des Freisinns zur Spitälerstrategie. «Bi ou nur e Tubel wo chli Nonsens lallt, i ha o ke Plan, lueg i tue nur so, würke souverän, well das ghört zu de Show», singt es im Abspann.

 

Andrea Sprecher

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