Grüne und soziale Entwicklung des Hardturms ist möglich

Ein kluger Mensch kann seine Meinung ändern. Am 27. September stimmen wir über den privaten Gestaltungsplan Areal Hardturmstadion ab – schon wieder? Ja! Denn die Vorzeichen haben sich geändert: Die Zeit ist reif für einen Richtungswechsel hin zu mehr Ökologie und sorgsamen Umgang mit städtischem Bauland. Wie einst die AKW-GegnerInnen kämpfen wir so lange wie nötig und möglich, um dieses aus zahlreichen sachlichen Gründen schlechte Bauvorhaben auf dem Hardturm zu stoppen.

 

Lisa Kromer, IG Freiräume Zürich-West

Der private Gestaltungsplan hebelt auf dreiste Art sämtliche Baugesetze der Stadt aus. Mit der Versiegelung des Areals und den zwei 137 Meter hohen Betontürmen geht der Gestaltungsplan an nie dagewesene Grenzen für Wohngebäude in der Schweiz. Und dies ohne Notwendigkeit. Das Bewusstsein der Bevölkerung für Treibhausgasemissionen wie das CO2 hat sich geschärft und der Wille, diese Emission zu verringern, ist gestiegen. Doch was nützt es, wenn einzelne Personen weniger fliegen, mehr Velo fahren und Secondhand-Kleider kaufen, wenn im gleichen Atemzug städtische Areale nach alter Manier klimaschädlich überbaut werden? 

 

Hochhäuser sind unnötig

Hochhäuser, so warnen Experten, verdichten ungenügend und dienen einzig der Rendite. Sie sollten, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen erstellt werden und eignen sich nicht zum Wohnen. Hochhäuser sind in der Erstellung teurer und der Freiflächengewinn ab dem 8. Stock ist marginal. Und, was entscheidend ist für die Hardturm-Vorlage: sie eignen sich nicht zum Wohnen. Das Leben in Hochhäusern ist anonym. Das Leben um Hochhäuser inexistent. 

Und ökologisch? Norbert C. Novotny Dr. sc. techn. ETHZ sagt dazu: «Ein ökologisches Unding in einer intendierten 2000-Watt-Gesellschaft». Er hat Berechnungen zur grauen Energie von den Ensemble-Türmen gemacht und kommt zum Resultat: «Mit dem Mehraufwand an Energie beim Bau dieser Hochhäuser im Vergleich zu Bauten bis 25 Metern könnte man 6000 neue Wohnungen 50 Jahre heizen». 

Hochhäuser tragen nichts zur Minderung der Wohnungsnot bei, sondern treiben die Mietpreise weiter in die Höhe. Leere Wohnungen im Hochpreissegment gibt es im Kreis 5 zur Genüge. Was die Stadt dringend benötigt, sind bezahlbare Wohnungen. 

 

Einen Hardturm für Zürichs Zukunft 

Als Gegengewicht zu den entstandenen Renditebauten in Zürich-West soll der Hardturm 100 Prozent gemeinnützig überbaut werden. Die Bau- und Wohngenossenschaft NeNa1 hat längst Entwürfe für eine genossenschaftliche Überbauung des Hardturm-Areals erstellt.

Diese Überbauung kommt ohne Tiefgarage aus, versiegelt das Areal deutlich weniger, lässt Platz für stark durchgrünte Freiflächen und fördert das Zusammenleben. Menschen, die in dieser Siedlung wohnen, arbeiten in den günstigen Gewerberäumen und pflegen gemeinsam den Garten. Ihre Wochenenden verbringen sie in den gemeinschaftlichen Aussenräumen, wo sie genügend Erholung finden. Ihre Kinder besuchen im Areal den Kindergarten und spielen zusammen auf der Wiese Fussball. Sie bewegen sich selbstständig zwischen Wohnung und Aussenraum und können gesund heranwachsen. Die Plätze haben Dorfplatzcharakter, sind für das ganze Quartier zugänglich und somit eine echte Bereicherung für alle. Die grünen Freiflächen kühlen das durch die Nähe zu den Gleisfeldern und durch die rücksichtslosen Überbauungen der letzten zehn Jahre bereits stark erhitzte Zürich-West.

Weiter sollte der Döltschibach, der das Areal unterirdisch umfliesst, freigelegt, renaturiert und durch das Areal gezogen werden. Ein Traum für die Artenvielfalt und ein weiteres kühlendes Element für das überhitzte Quartier.

 

Und was ist mit dem Fussballstadion?

Ein Fussballstadion hat in einem hochverdichteten Wohnquartier keinen Platz, es gehört an einen unbewohnten Ort ausserhalb der Stadt. Beispielsweise ans Limmattalerkreuz oder nahe zum Flughafen. Oder das bestehende Stadion Letzigrund muss für die besonderen Bedürfnisse des Fussballs angepasst werden, das wäre ökologischer und günstiger. 

 

Und was machen wir mit der CS?

Ein Nein zum privaten Gestaltungsplan am 27. September ist zugleich Startschuss für Neuverhandlungen zwischen der Stadt und der CS. Die Stadt soll das Areal von der Stadionklausel freikaufen und das Land der Spekulation für immer entziehen.

Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die CS nur das Bauland A und B zurückkaufen. Für eine Rendite-Überbauung à la Ensemble bräuchte es einen Gestaltungsplan, der chancenlos wäre. Plant sie innerhalb der geltenden Gesetze, werden die Gebäude tiefer und die Stadt kann 33 Prozent gemeinnützige Wohnungen verlangen. Das aktuelle Projekt bietet gerade mal 21 Prozent!

Darum sagen wir Nein zum privaten Gestaltungsplan Areal Hardturmstadion und setzen ein starkes Zeichen für eine lebenswerte Stadtentwicklung.

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