Frei nach Marie-Antoinette meint eine ältere Bewohnerin: «Wenn wir alle unter der Brücke schlafen sollen, muss die Stadt einfach sehr viele neue Brücken bauen.» Sie ist eine von insgesamt 239 Mietparteien der Überbauung Brunaupark, denen 2018 von der Pensionskasse der damaligen Credit Suisse eine Kündigung mit Vorlauf ins Haus flatterte. Für zwanzig bis dreissig Jahre alte Bauten, deren Küchen- und Sanitärbereiche eben erst saniert worden waren. Mit dem ergänzenden Untertitel «In unseren Träumen lebst Du weiter» widmen die Filmemacher Felix Hergert und Dominik Zietlow der Siedlung Brunaupark, insbesondere dem sozialen Gefüge und dessen Wandel in den Zeiten höchster Verunsicherung, eine dreijährige Langzeitdokumentation. Familiengenerationen kommunizieren per Zuruf über den Hof, Teenager informieren Fröglikinder bereitwillig über deren Lebenskonzept, ein in die Obdachlosigkeit gerutschter Kauz wärmt sich stundenweise in den Irrungen der Tiefgarage und philosophiert. Die konkreten Fakten wie auch die wehrhaften Bemühungen der Bewohnerschaft mit Hilfe des Mieterverbandes flechten die Filmer beiläufig, teils allein in Bildern in ihr Patchwork ein. Der Verlust des langjährigen Treffpunktes irgendwo zwischen Kiosk, Kantine, Take-Away betrifft in durchaus unterschiedlicher Intensität letztlich sämtliche Generationen, Kulturkreise und Religionen. Anstelle dieses sozialen Schmelztiegels etabliert sich neu eine Barista-Kredenz, die trotz allem fortlaufend frei werdenden Wohnungen werden halbiert und möbliert auf Zeit vermietet. Die damit einhergehende Veränderung der Bewohnerschaft hinsichtlich des Interesses an einer sozialen Integration, der momentanen Lebensplanung oder des Freizeitverhaltens kommt hier deutlich zum Vorschein. Auch die daraus erwachsenden Konflikte. Nicht, dass der Film dadurch larmoyant würde, aber wehmütig stimmt er alleweil. Der Rechtsstreit ist noch im Gang.
«Brunaupark» spielt in den Kinos Houdini, Piccadilly.