(Bild: Judith Schlosser)

Frauenalarm

Der Hahn, die Eule, die Lerche oder die Nachtigall künden von einem turbulenten Stück Schabernack.

Theater ist im 16. Jahrhundert ein Geschäft. Die Eigner der Spielstätten buhlen um das jeweilige Stück der Stunde. Den Preis für die Dramatiker halten sie tief, derweil ihre Marketingfantasie sie zu eindimensionalen Höhenflügen verleitet. Schliesslich ist bei Gefallen ein Stein im Brett der Königin möglich, die sich entgegen der Gepflogenheiten der feinen Gesellschaft sehr gerne neue Stücke ansieht. Der Überflieger unter den spritzigen Autoren ist Christopher Marlowe (Michael von Burg), den der Ruhm indes zu langweilen scheint. William Shakespeare (Axel Julius Fündeling) ist über dessen Popularität genervt, leidet unter Schreibstau, ist mehr als bloss pleite und verirrt sich auf seiner rastlosen Suche nach einer Muse gleich mehrfach. Er steht bei Henslowe (Pit Arne Pietz) wiewohl bei Burbage (Christian Baus) mit demselben Stück im Wort und Darsteller sind auch keine halbwegs passablen zu bekommen. Der eine ist als Säufer verrufen (Nils Torpus), der andere fällt vor Selbststolz beinahe rücklings wieder von der Bühne (Fritz Fenne) und der Dritte träumt von einer Zukunft als Primaballerina (Otto Kosok). Allein ein androgyner Fremder, Thomas Kent (Eva Maropoulos) vermag der innigen Feinfühligkeit einer Liebe um Leben und Tod einen dermassen glaubhaften Ausdruck zu verleihen, dass der Autor seinem Charme sogleich erliegt. Als später rauskommt, dass es sich dabei um die Erbin eines Adelstitels handelt, die vom Vater des Vermögens eines langweiligen Emporkömmlings (Fenne) wegen längst versprochen ist, fährt das Karussell «Shakespeare in Love» eine zusätzlich alles verkomplizierende Handlungsschlaufe. Auf die Verwirrung folgt der Neid, die Missgunst und der Verrat, was erst von allerhöchster Stelle, also der Königin (Katharina von Bock) mittels eines Machtworts in eine – zumindest mehrheitliche – Minne überführt werden kann. Den Skandal, ein Weibsbild auf offener Bühne zur Schau zu stellen, was strengstens untersagt ist, entkräftet sie mit grosser Bestimmtheit, indem sie Thomas Kent kurzerhand zum Mann erklärt. Die potenziell zweite Ungeheuerlichkeit, die Vermählung, die trotz Brief und Siegel aus Gründen der Empfindsamkeit auf der Kippe zu stehen droht, überspielt die Königin mit einem genauso souveränen Verdikt. Aus dem Jahrtausendwendefilm «Shakespeare in Love» schrieb Lee Hall einen Bühnenstück für eine handvoll überaus rollenagiler Darsteller:innen, denen Elias Perrig in seiner Regie kaum Atempausen gönnt. Das Ensemble nutzt das freudig aus und verwandelts in traumtänzerische Kurzweil.

«Shakespeare in Love», Freilichttournee bis 13. Juli, Theater Kanton Zürich.