Der Bund will beim Gebäudeprogramm 400 Millionen Franken sparen. (Bild: Unsplash/Troy Montier)

Fördergelder einzusparen fördert den CO2-Ausstoss

Das Entlastungspaket 2027 für den Bundeshaushalt sieht auch klimapolitische Massnahmen vor. Nimmt der Bund dem Gebäudeprogramm wirklich 400 Millionen Franken weg, die er für neue Fördermassnahmen selber zahlen müsste? Und falls ja: Wie wirkt sich das auf den Kanton Zürich aus?

Die aeesuisse vertritt gemäss ihrer Webseite (aeesuisse.ch) als Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Interessen von 40 Branchenverbänden und damit rund 600 Unternehmen in der Schweiz. Am 27. Januar verschickte sie eine Medienmitteilung im Namen einer «breiten Allianz», die von aee­suisse über die Schweizerische Energiestiftung bis zum WWF reicht. Was hat sie alle auf den Plan gerufen? Es geht um das sogenannte Entlastungspaket 2027 des Bundeshaushalts. Damit solle «auch auf Kosten des Klimaschutzes, der Energiewende und der Versorgungssicherheit» gespart werden, heisst es in der Medienmitteilung: «Konkret fordert der Bundesrat umfangreiche Kürzungen beim Gebäudeprogramm, ohne jedoch Ersatzmassnahmen vorzuschlagen.» Das ist aus Sicht der Allianz «inakzeptabel». Sie erinnert daran, dass seit der Einführung des Gebäudeprogramms mehr als 140 000 Gebäude saniert wurden und eine Treibhausgasreduktion von 44 Prozent gegenüber 1990 realisiert werden konnte, obwohl seither die beheizten Flächen «massiv» zugenommen hätten. Demgegenüber seien im Verkehrssektor im selben Zeitraum nur rund acht Prozent der Treibhausgasemissionen eingespart worden.

Grundlage des Gebäudeprogramms von Bund und Kantonen, das seit 2010 existiert, ist das CO2-Gesetz und insbesondere die dort verankerte CO2-Abgabe auf Brennstoffe. Von dieser Abgabe fliesst ein Drittel, maximal 450 Millionen Franken pro Jahr, in das Gebäudeprogramm «sowie in die Förderung der Geothermie», wie auf der Webseite des Bundesamts für Umwelt (Bafu) nachzulesen ist. Es leiste «einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaziele».

Dem pflichtet der Zürcher Regierungsrat Martin Neukom (Grüne) auf Anfrage bei: «Der Gebäudebereich ist derjenige Emissionsbereich, in dem es in den letzten 15 Jahren zu substanziellen Verbesserungen gekommen ist. Hier sind die Emissionen deutlich gesunken. Das ist verschiedenen Massnahmen zu verdanken, unter anderem dem Gebäudeprogramm.» Gemäss der Webseite des Bafu ist das Gebäudeprogramm nicht befristet. 

Das soll sich nun ändern: Der Bundesrat will sparen und hat deshalb letztes Jahr eine Expert:innengruppe um Serge Gaillard eingesetzt, den ehemaligen Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, um den Bundeshaushalt zu durchleuchten und Sparvorschläge zu machen. Im September 2024 gab die Gruppe 59 konkrete Massnahmen bekannt. Eine davon sieht vor, beim Gebäudeprogramm 400 Millionen Franken zu sparen.

Tschüss Gebäudeprogramm?

Unter dem Titel «Fördermassnahmen im Klima- und Energiebereich» heisst es, die Expert:innengruppe sei der Ansicht, «dass die Ausrichtung von finanziellen Beiträgen an Private, Hausbesit­zende und Unternehmungen auf ein Minimum reduziert werden sollte». Denn sie sei «häufig, wie beispielsweise beim Gebäudeprogramm, mit hohen Mitnahmeeffekten verbunden». Es würden «auch dort finanzielle Beiträge gewährt, wo die Massnahme auch ohne diese umgesetzt worden wäre». Und gingen solche Beiträge an Unternehmungen, komme es nicht nur zu Wettbewerbsverzerrungen: «Es besteht auch die Gefahr, dass ein Ausstieg aus diesen Subventionen in Zukunft nicht mehr möglich ist: Die Branche hat ein derart grosses Interesse an diesen Beiträgen, dass es sich für sie lohnt, wirksam zu lobbyieren.»

Solche Subventionen hätten immer Mitnahmeeffekte, gibt Martin Neukom zu bedenken. «Aber sie erzielen auch eine Wirkung. Würden sie gestrichen, fielen also nicht nur die Mitnahmeeffekte, sondern auch die Wirkung weg. Zudem ist zu berücksichtigen, dass dank der Förderbeiträge Massnahmen von höherer energetischer Qualität umgesetzt wurden, beispielsweise bei der Wärmedämmung: Die Anforderung für die Förderung ist hier 20 Prozent strenger als die Wärmedämmvorschriften.»

400 Millionen weniger

Wie aber wollen die Expert:innen die stattliche Summe von 400 Millionen Franken wegsparen? Auf der Basis des neuen Bundesgesetzes «über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit», kurz KIG, seien «zusätzliche Subventionen» vorgesehen, halten sie fest: «Einerseits sollen die Fördermassnahmen im Gebäudebereich durch ein Impulsprogramm intensiviert werden (während zehn Jahren jährlich maximal 200 Millionen), andererseits sollen Unternehmen gefördert werden, die neuartige Technologien und Prozesse zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen umsetzen (während sechs Jahren jährlich maximal 200 Millionen). Diese Fördermassnahmen werden mit allgemeinen Bundesmitteln finanziert (d.h. nicht durch die CO2-Abgabe).»

Die Expert:innen schlagen nun vor, sämtliche «klimapolitisch motivierten Finanzhilfen aus dem zweckgebundenen Anteil der CO2-Abgabe zu finanzieren und dabei diesen Anteil bei maximal einem Drittel zu belassen». Konkret: «Die Ausgaben, die bisher zulasten des Bundeshaushalts vorgesehen waren (bis zu 400 Millionen pro Jahr), fallen damit weg.» Mit dem zurzeit fürs Gebäudeprogramm vorgesehenen Drittel der CO2-Abgabe müssten also zusätzlich auch die neuen Fördermassnahmen fianziert werden.

Was würde das bedeuten? «Ohne Förderprogramm ist zu erwarten, dass weniger Gebäude saniert würden und dies erst noch in schlechterer Qualität. Das bedeutet einen höheren Energieverbrauch, was wiederum zu höheren CO2-Emissionen oder im Falle von Wärmepumpen zu einem höheren Stromverbrauch führen würde. Die Fortschritte im Gebäudebereich würden damit gefährdet», sagt Martin Neukom und fügt an: «Für diesen Fall hat die Expertengruppe dem Bundesrat statt der Förderung die vermehrte Anwendung von CO2-Abgaben mit Rückverteilung an die Bevölkerung und die Wirtschaft, Emissionsvorschriften und technische Vorgaben empfohlen.»

Die Expert:innengruppe schreibt weiter, gerade im Gebäudebereich verfügten die Kantone über ausreichende Kompetenzen, um eine Reduktion der Fördermittel des Bundes zu kompensieren. Wie sieht das im Kanton Zürich aus? «Aktuell ist nicht davon auszugehen, dass der Kanton Zürich die wegfallenden Mittel kompensieren würde. Auch bei den Gemeinden ist das nicht zu erwarten. Daher würde es mit grosser Wahrscheinlichkeit zu einer Reduktion der Fördermittel mit den oben genannten Auswirkungen kommen», hält Martin Neukom fest.

Ja, aber…

Dem Impulsprogramm und der Förderung der Unternehmen im Umfang von je 200 Millionen Franken haben die Stimmberechtigten mit ihrem Ja zum KIG, also zum indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, am 18. Juni 2023 zugestimmt. Im Abstimmungsbüchlein stand unter anderem dies: «Bundesrat und Parlament wollen die Bevölkerung beim nötigen Umstieg auf klimafreundlichere Heizungen unterstützen. Wer beispielsweise neu eine Holzheizung oder eine Wärmepumpe installiert, wird mit der Vorlage finanziell entlastet. Unternehmen werden unterstützt, wenn sie in innovative, klimafreundliche Technologien investieren. Die Vorlage setzt die richtigen Anreize. Davon profitieren die Bevölkerung sowie der Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz.» Wer würde aus diesen Sätzen herauslesen, dass die versprochene Unterstützung des Umstiegs auf klimafreundlichere Heizungen im Klartext heisst, dass das Gebäudeprogramm abgeschafft werden soll und der Bund 400 Millionen Franken jährlich spart?

Ein «Buebetrickli»

Damit zurück zur eingangs erwähnten Medienmitteilung der Allianz von aeesuisse, Schweizerischer Energiestiftung SES, EIT.swiss (ehemals VSEI – Verband Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen), Gebäudehülle Schweiz, Thermische Netze Schweiz, suissetec, swisscleantech und WWF Schweiz: Indem der Bundesrat die Einnahmen aus der CO2-Abgabe in den neuen Innovations- und Impulsprogrammen einsetzen wolle, ignoriere er den Volksentscheid zum Klimaschutzgesetz, «das vielmehr zusätzliche Massnahmen im Gebäudebereich gefordert hat», halten sie fest: «Weiter verkennt die Landesregierung damit die Wichtigkeit des Gebäudeprogramms zur flächendeckenden Umsetzung von energetischen Erneuerungen sowie Heizungssanierungen und riskiert die Erreichung der Klimaziele der Schweiz.» In der Medienmitteilung des Vereins Klimaschutz Schweiz vom 29. Januar tönt es so: «Der Bundesrat wendet hier ein ‹Buebetrickli› an: Um das Gesicht zu wahren, kürzt er die Gelder nicht direkt im Klimaschutz-Gesetz, sondern über Umwege im CO2-Gesetz.»

Die Allianz um die aeesuisse schreibt weiter, sie habe eine «konstruktive Lösung» erarbeitet, wie die Schweiz die Energie- und Klimaziele erreichen und das Bundesbudget entlasten könne: Um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen, soll die bestehende CO2-Abgabe von aktuell 120 Franken pro Tonne CO2 «wesentlich erhöht» werden, und zudem sollten, befristet bis 2031, 49 statt 33 Prozent der CO2-Abgabe eingesetzt werden, um diese Ziele zu erreichen. So könnten sowohl das Gebäudeprogramm der Kantone als auch das mit dem Klimaschutzgesetz beschlossene Impuls- und Innovationsprogramm «ohne Mittel aus dem Bundesbudget finanziert» werden. Ausserdem fordert die Allianz, die neuen Vorgaben für den Heizungsersatz, die die Energiedirektorenkonferenz letztes Jahr beschlossen habe, müssten «verbindlicher» werden: «Die Kantone sollten verpflichtet werden, diese bis spätestens 2035 in den kantonalen Energiegesetzen zu beschliessen.»

Allianz fordert höhere CO2-Abgabe

Soweit, so klar. Doch um wieviel genau soll die CO2-Abgabe erhöht werden? Und was sagt aeesuisse zur Einschätzung der Expert:innen­gruppe, Beiträge an Unternehmungen führten zu Wettbewerbsverzerrungen und zur Gefahr, dass ein Ausstieg aus diesen Subventionen in Zukunft nicht mehr möglich sei, weil die Branche ein solch grosses Interesse an diesen Beiträgen habe, dass es sich für sie lohne, «wirksam zu lobbyieren»?

Simon Dalhäuser, Leiter Kommunikation aeesuisse, erklärt auf Anfrage, dass die CO2-Abgabe gemäss Berechnungen der Allianz auf 210 Franken pro Tonne CO2 erhöht werden müsste: «Im Rahmen der nun gestarteten Vernehmlassung geht es jedoch insbesondere darum, eine mehrheitsfähige Lösungsfindung anzustossen und mit unseren Mitstreiter:innen eine gemeinsame Position zu finden.» Zu möglichen Wettbewerbsverzerrungen gibt er zu bedenken, die Expert:innen machten in ihrem Bericht eine «reine Lenkungsabgabe» beliebt: «Das ist aus liberaler Sicht eine effiziente und effektive Methode. Doch reine Lenkungsabgaben sind relativ schwierig zu vermitteln, und sie müssten recht hoch sein, um richtig zu funktionieren. Das ist aber politisch kaum umsetzbar, wie unter anderem das Nein zum CO2-Gesetz gezeigt hat.» Mit dem Gebäudeprogramm hingegen sei man «auf gutem Weg», die gesteckten Ziele zu erreichen. «Dass es gewisse Mitnahmeeffekte gibt, ist unbestritten», fügt Simon Dalhäuser an. Vor diesem Hintergrund mache der von der Al­lianz vorgeschlagene austarierte Mix von Lenkung, Förderung und Vorschriften natürlich Sinn. Dass zudem die Baubranche proftitiere, etwa in Form von zusätzlichen Aufträgen, liege ebenfalls auf der Hand – und sei bis zu einem gewissen Grad auch so gewollt: «Der Ersatz einer Heizung ist für viele noch finanzierbar, energetische Sanierungen, wie beispielsweise eine Dachsanierung, jedoch würden viele Hausbesitzer:innen nicht in Angriff nehmen, wenn es keine Unterstützung gäbe.»