Flüchtlinge steigen in die Solar­branche ein

Refugees Go Solar+ hat Anfang Januar den Schweizer Energiepreis Watt d’Or 2023 gewonnen. Markus Schneider, Geschäftsführer von Root & Branch, und Marieline Bader, Programmverantwortliche bei Solafrica, erklären im Interview mit Angela Bernetta, wieso das Integrationsprogramm wichtig ist.

 

Anfang Januar 2023 hat das Bundesamt für Energie (BfE) den Schweizer Energiepreis Watt d’Or verliehen. Wieso hat das Programm Refugees go Solar+ den Spezialpreis der Jury bekommen?

Markus Schneider (M.S.): Mit Refugees Go Solar+ nehmen wir uns zwei wesentlichen Themenfeldern unserer Gesellschaft an. Zum einen der nachhaltigen beruflichen Eingliederung von Flüchtlingen und Langzeitarbeitslosen, zum anderen dem Ausbau von erneuerbaren Energien im Rahmen der Klimaziele 2050 der Schweiz. 

 

Was beinhaltet das Programm Refugees go Solar+?

Marieline Bader (M.B.): Wie bei einer Berufslehre verpflichten sich die Teilnehmenden bei Programmantritt, an den drei Lernorten Betrieb, Schule und Kurswesen teilzunehmen. Was sie während des Programms lernen, soll eine langfristige, berufliche Eingliederung ermöglichen. Mit dem Drei-Lernorte-Prinzip erarbeiten sich die Teilnehmer­Innen nach ihren individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten schrittweise die vorgegebenen Mindestanforderungen, um in unseren Partnerbetrieben der Solarbranche mittels Festanstellung oder einer Berufslehre langfristig Fuss fassen zu können.

 

Wer darf beim Programm Refugees Go Solar+ mitmachen?

M.S.: Das Programm Refugees Go Solar+ richtete sich während des Pilotjahrs 2019 nur an Flüchtlinge zweier Flüchtlingshilfswerke. Daher auch der Programmname. Später nahmen wir auch Langzeitarbeitslose auf, die bei der Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) gemeldet waren. Heute steht Refugees Go Solar+ allen Menschen mit einem Recht auf Arbeit offen, die beim RAV oder einem Sozialwerk gemeldet sind. Das Programm eignet sich vor allem für Menschen, die wegen ihrer individuellen Voraussetzungen Schwierigkeiten haben, eine Arbeit zu finden. 

 

Wer sind die ArbeitgeberInnen?

M.B.: Während der gesamten Programmdauer ist Root & Branch der Arbeitgeber. Nach erfolgreichem Programmabschluss erhalten die AbsolventInnen eine Festanstellung in einem unserer 70 Partnerbetriebe. Normalerweise ist das der Betrieb, in dem die Teilnehmenden ihre Ausbildung gemacht haben. 

 

Wie läuft die Ausbildung ab, und wie wird sie entlöhnt?

M.S.: Wie bei einer Berufslehre erfolgen Ausbildung und Entlöhnung stufenweise. Der Einstieg ist ein bezahltes zweimonatiges Praktikum. Nach erfolgreichem Abschluss der Praktikumszeit werden die Programmteilnehmenden im Stundenlohn angestellt. Nach erfolgreichem Programmabschluss bekommen sie den orts- und branchenüblichen Lohn. 

 

Wie erfolgreich ist die berufliche Eingliederung?

M.B.: In den drei Jahren seit Projektbeginn konnten über 60 Teilnehmende ausgebildet werden. Davon haben über 80 Prozent eine Festanstellung in der Solarbranche oder eine Lehrstelle gefunden.

 

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?

M.S.: Das + (plus)-Zeichen bei Refugees Go Solar+ steht für die Anschlusslösungen, die wir den Programmteilnehmenden nach dem Grundsatz «fördern und fordern» bieten. In Zukunft wollen wir unseren ProgrammabsolventInnen weitere Anschlusslösungen im Arbeitsmarkt ermöglichen. Vielversprechend diesbezüglich ist etwa die per August 2024 vorgesehene Berufslehre (EBA, EFZ) in der Solarbranche. Einige der Programmabsolvent­Innen haben sich mittlerweile in den Betrieben als MontageleiterInnen bewährt. Diese Qualifikation hat Potenzial, was zu einer Verbesserung von Refugees Go Solar+ beitragen kann.

 

Refugees go Solar+

Das Programm Refugees go Solar+ fördert die berufliche Eingliederung von Geflüchteten und Langzeitarbeitslosen in die Solarbranche. Was 2019 als Pilotprojekt begonnen hatte, konnte sich bis heute in über zehn Kantonen der Deutsch- und Westschweiz etablieren. Die Berner Non-Profit Organisationen Solafrica und Root & Branch sind die Anbieter des Joint-Venture-Programms. Unterstützt wird dieses unter anderem vom Fachverband Swissolar, EnergieSchweiz und dem Staatssekretariat für Migration. Refugees go Solar+ fördert nicht nur die Arbeitsmarktinklusion von geflüchteten Menschen und Langzeitarbeitslosen, sondern hilft dem Arbeitskräftemangel der boomenden Solarbranche entgegenzuwirken. Die berufliche Eingliederung erfolgt On-the-Job nach dem Drei-Lernorte-Prinzip des dualen Berufsbildungssystems der Schweiz. Geflüchtete und arbeitslose Menschen erhalten so eine reelle Chance, bei Partnerfirmen eine Berufslehre zu machen oder direkt in den Arbeitsmarkt einzusteigen. 

 

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