- Kanton Zürich
Fahrende warten auf ihren Platz
Der kantonale Richtplan sieht insgesamt fünf Stand- und dreizehn Durchgangsplätze für Schweizer Fahrende vor. Während die meisten Standplätze in den regionalen Richtplänen eingetragen sind, fehlen weiterhin acht Durchgangsplätze. Bestehende Anlagen weisen teilweise Mängel auf. Die kantonale Baudirektion stuft den Auftrag daher als nicht erfüllt ein.
Der Kanton unterstützt Gemeinden und Regionen bei der Suche nach geeigneten Flächen – auch auf Grundstücken im Besitz von Bund, Kanton oder Gemeinden. Im regionalen Richtplan ist unter anderem ein zusätzlicher Standplatz im Zürcher Oberland eingetragen. Weitere Durchgangsplätze sind im Glattal, Unterland, Limmattal, Knonaueramt und am Zimmerberg geplant. Ein verbindlicher Zeitplan liegt jedoch nicht vor. Deutlich wird die Diskrepanz zwischen Planung und Realität in der Region Zürichsee und im Knonaueramt.
Bewegung an einzelnen Orten
Am Rastplatz Gerenholz an der A3 wird demnächst ein neuer Durchgangsplatz eröffnet – ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Wädenswil und des Kantons. «Mit Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüssen für acht Einheiten, einem Entsorgungsplatz, einem beheizten Sanitärcontainer sowie geregelter Müllabfuhr bietet der Platz eine zweckmässige Infrastruktur», erklärt Reto Wullschleger vom zuständigen Ingenieur- und Architekturbüro Wullschleger & Aceti in Au/Wädenswil. Die Anlage kostet den Kanton rund 500 000 Franken.
In Meilen dürfen Fahrende ihre Fahrzeuge derzeit nur provisorisch am Vorderen Pfannenstil – nahe der Kreuzung Stuckistrasse/Herrenweg – abstellen. Dort ist ein ausgebauter Durchgangsplatz mit entsprechender Infrastruktur geplant, ebenso ein ganzjährig öffentlich nutzbarer Ersatzparkplatz. Ein Zeitplan liegt laut dem Meilemer Gemeindeschreiber Didier Mayenzet noch nicht vor.
Provisorien als Dauerlösung
In vielen Regionen dominieren Übergangslösungen. Ein Vertreter der Radgenossenschaft der Landstrasse, der anonym bleiben möchte, kritisiert: «Die befristete Nutzung zwingt uns zur ständigen Improvisation. Das führt immer wieder zu Spannungen mit Gemeinden und Anwohnenden.» Die Jenischen fordern ganzjährig nutzbare, winterfeste Plätze mit Strom, Wasser, Sanitäranlagen – und einem fairen Tagestarif von 15 Franken pro Fahrzeug.
Der Kanton plant und baut die Plätze und übernimmt eine Defizitgarantie. Für den Betrieb und Unterhalt sind die Gemeinden zuständig. Sie legen die Nutzungsbedingungen fest – oft mit einer Aufenthaltsdauer von maximal 30 Tagen. Die Plätze sind ausschliesslich für Angehörige der national anerkannten Minderheit der Jenischen und Sinti vorgesehen, eine touristische Nutzung ist ausgeschlossen.
Politischer Widerstand in den Gemeinden
Trotz der Unterstützung des Kantons fehlt es am politischen Willen. Gemeinden zögern – aus Sorge um das Ortsbild, die Sicherheit und Sauberkeit. In Thalwil etwa lehnte der Gemeinderat vor einigen Jahren einen Platz bei der Gattikerhöhe mit Verweis auf Sicherheitsbedenken ab. Derzeit ist im Ortsteil Wettinger ein alternativer Standort im Richtplan vermerkt.
Im Bezirk Affoltern am Albis gibt es bislang weder Stand- noch Durchgangsplatz. Die Zürcher Planungsgruppe Knonaueramt (ZPK) fand trotz intensiver Bemühungen keine Lösung. «Rechtliche Vorgaben, raumplanerische Einschränkungen und praktische Hindernisse verhinderten die Umsetzung», erklärt Peter Schärer von der ZPK. Ein zentrales Problem: Die Plätze dürfen nicht anderweitig genutzt werden – was für viele Gemeinden ein Hindernis darstellt.
Ein Beispiel ist Hausen am Albis: Der Parkplatz Chratz an der Weidstrasse wurde früher unter Auflagen provisorisch von Fahrenden genutzt. 2009 hob der Gemeinderat, diese Duldung wegen wiederholter Probleme auf, wie der Hausemer Gemeindeschreiber Christoph Rohner erklärt. Seither werden Fahrende bei Bedarf von der Polizei weggewiesen. «Der Parkplatz Chratz ist der einzige grössere öffentliche Parkplatz der Gemeinde», betont Rohner. «Er wird intensiv genutzt – etwa für Veranstaltungen, kirchliche Anlässe und Sportevents oder als Parkplatz für Anwohnende und das Gemeindepersonal. Auch die Grüngutmulden müssen jederzeit zugänglich bleiben.» Der regionale Richtplan sieht vor, weiterhin gemeinsam mit den Gemeinden einen Ersatzstandort zu prüfen und planungsrechtlich zu sichern.
Appell für Gleichberechtigung
Obwohl der Kanton Planung, Bau und finanzielle Mittel bereitstellt, kommt der Ausbau der Infrastruktur kaum voran. Ohne das Engagement der Gemeinden bleibt der Fortschritt begrenzt. «Häufig wechselnde Zuständigkeiten in den Verwaltungen erschweren die Umsetzung zusätzlich», erklärt der Vertreter der Jenischen. «Das bedeutet jedes Mal neue Überzeugungsarbeit und verzögert die Prozesse erheblich.» Sein Appell: «Wer die Gleichberechtigung der Jenischen ernst nimmt, muss dies auch in der Raumplanung zeigen – mit konkreten Projekten, nicht nur auf dem Papier.» Gefordert sind weiterhin gemeinsame Anstrengungen von Kanton, Regionen und Gemeinden – sowie Geduld und Kompromissbereitschaft auf allen Seiten.