- Im Kino
Exzess
Alkoholsucht ist scheisse gefährlich. Weil ihre schleichende Inbesitznahme des Denkens, des Wollens und schliesslich des Bedürfens sich partout nicht als Abhängigkeit zu Erkennen geben will. Nora Fingerscheidt («Systemsprenger») inszeniert Saoirse Ronan als Rona, wie sie sich den autobiografischen Erfahrungen von Amy Liptrot gemäss aus diesem Multielend selbstständig zu befreien sucht. Die Einsicht, ein ernsthaftes Problem zu haben, kam ihr nicht von allein. Erst als sie im Wortsinne allein auf der Strasse steht und sich selbst ihre engsten Freund:innen nicht mehr in der Lage sehen, ihr mit welchen Mitteln und Massnahmen auch immer helfen zu können, also regelrecht aufgegeben haben und sie körperlich heftig lädiert aus einer Ohnmacht mit einem kompletten Filmriss in einem Spitalbett aufwacht und den eindringlichen Fachrat einer Ärtzin zu hören bekommt, sie müsse um ihrer selbst Willen eine Entziehungskur durchlaufen, rappelt sich Rona auf. Das Problem sind augenscheinlich nicht die siebzig Tage unter Aufsicht und Betreuung. Das Problem bildet das Leben an sich. Die Zukunft als süchtige Person, die psychischen, die körperlichen Herausforderungen und daraus folgend das Finden einer neuen Sinnhaftigkeit per se. Einfach zurück ins alte Leben ist nicht möglich, weil Ronan mühselig ihre alte Routine loswerden muss und noch viel dringlicher, weil sie in ihren Exzessen sämtliches soziale Porzellan zerschlagen hatte. Sie beschliesst sich, am äussersten Ende der Welt – den Orkney-Inseln, von wo sie ursprünglich herkommt – in kompletter Abgeschiedenheit, einzig im Kontakt mit den Naturgewalten und einer kleinen Dorfgemeinschaft, hinzubekommen, was ihr die meiste Zeit als weder überhaupt machbar noch erstrebenswert erscheint.
Die Soloperformance von Saoirse Ronan ist in ihrer kämpferisch wütenden Zerbrechlichkeit von einer enorm eindringlichen Wucht. Aussenstehende können nur zuschauen.
«The Outrun» spielt in den Kinos Frame,
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