- Stadt Zürich
Es gibt noch viel zu tun
«Wir sind auf Kurs», sagte Stadtrat Andreas Hauri, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements, zu Beginn der Medienkonferenz vom Montagmorgen im Zürcher Stadthaus. Doch auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel gebe es noch «grosse Herausforderungen» zu meistern. Es folgte ein Rückblick auf den ersten Netto-Null-Zwischenbericht, den die Stadt vor ziemlich genau einem Jahr präsentiert hatte (siehe P.S. vom 24. November 2023). In der damaligen Medienmitteilung wurde Andreas Hauri übrigens wie folgt zitiert: «Die Richtung stimmt. (…) Unsere Abschätzungen zeigen, dass das Netto-Null-Ziel für die direkten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet bis 2040 realistisch, wenn auch ambitioniert ist.»
Damals standen nur die direkten Emissionen im Fokus, also jene, die die Einwohner:innen vor Ort verursachen, indem sie beispielsweise in fossil beheizten Häusern wohnen oder Benzin-Autos fahren. Schaut man sich das Total der Emissionen an, entfallen allerdings bloss 15 Prozent auf direkte Emissionen. Diese sind von 2,4 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Einwohner:in und Jahr (2022) auf 2,3 Tonnen im Jahr 2023 gesunken. Davon entfielen 54 Prozent auf Gebäude, 31 Prozent auf Mobilität und 15 Prozent auf die Entsorgung.
Indirekte Emissionen als Herausforderung
Die 85 Prozent indirekter Emissionen umfassen beispielsweise Bauen, Mobilität, Konsum und Ernährung: Beton etwa wird ebensowenig in Zürich produziert wie Baumwolle angebaut, doch wir wohnen in hier gebauten Häusern und kaufen uns hier Kleider. Andreas Hauri betonte, dass Zürich eine der wenigen Städte sei, die diese Emissionen ausweisen. Hier gelte es für die Stadt vor allem, «unsere Vorbildfunktion» wahrzunehmen. Kein Wunder: Bei den indirekten Emissionen brachten es die Zürcher:innen letztes Jahr auf die stolze Summe von 12,5 CO2-Äquivalenten pro Einwohner:in und Jahr. Hier schlägt vor allem die grosse Freude am Fliegen zu Buche, aber auch der Konsum und die Ernährung. Um das Ziel von 6,7 Tonnen CO2-Äquivalenten zu erreichen, steht denn auch praktisch eine Halbierung dieser Emissionen an. Das sei «ambitioniert» und «eine grosse Herausforderung», sagte Andreas Hauri. Der Grund liegt auf der Hand: Die Stadt kann niemandem verbieten, in die Ferien zu fliegen, neue Kleider nach zweimaligem Tragen wegzuschmeissen und jeden Tag Fleisch zu essen.
Hochbauvorsteher André Odermatt hielt zu den direkten Emissionen im Gebäudebereich fest, hierfür seien zu 90 Prozent Heizöl und Gas verantwortlich. Umso wichtiger sei der Heizungsersatz und damit auch das entsprechende Förderprogramm. Bei den indirekten Emissionen komme zum Tragen, dass «deutlich mehr gebaut» werde als in den 1990er-Jahren. Beton sei für eine sehr grosse Menge an CO2-Ausstoss verantwortlich. Deshalb sollten wir «nur so wenig wie nötig» bauen sowie dafür schauen, dass Bestehendes erhalten werde.
«Suffizienz, Re-Use, Kreislaufwirtschaft, Umnutzung und der Verzicht auf Untergeschosse» machten das Bauen zusätzlich klimaschonender, sagte André Odermatt und verwies zur Illustration auf das Re-Use-Pilotprojekt Kindergarten Mööslistrasse und das geplante neue Recyclingzentrum auf dem Juch-Areal, aber auch auf die neue Schulanlage Brunnenhof im ehemaligen Radiostudio. Die bekommt selbstverständlich eine fossilfreie Heizung – und 45 Bäume «fürs Stadtklima» obendrein. Beim Heizungsersatz komme die Stadt sowohl bei Schulanlagen etc. wie auch bei den Wohnliegenschaften und -Siedlungen «planmässig und zügig» voran: Bis 2030 sollen alle «fossilfrei» sein. Dass damit allerdings erst ein Bruchteil der rund 19 000 fossilen Heizungen in der Stadt ersetzt ist, verschwieg der Hochbauvorsteher nicht: «Je früher eine Heizung ersetzt wird, desto höher sind die Fördergelder», rief er in Erinnerung und fügte an, auch für energetische Gebäudesanierungen gebe es Unterstützung. Immer mehr Private zögen mit, was aber auch «nötig» sei angesichts von zirka 50 000 Gebäuden von Privaten und rund 5000 der Stadt.
Ein Traum, viele Massnahmen
Michael Baumer, der Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe, betonte, nebst dem Ersatz fossiler Heizungen sei vor allem der Ausbau der Fernwärme erforderlich, und zwar bis 2040 auf rund 60 Prozent des Siedlungsgebiets. Dort, wo Fernwärme nicht möglich ist, sollen Wärmepumpen oder Erdsondenheizungen zum Zug kommen. Auf der anderen Seite ist die Ablösung des Gasverteilnetzes in Zürich Nord bereits abgeschlossen und für Altstetten sowie Tiefenbrunnen geplant. Michael Baumer erwähnte weiter den schweizweiten Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion bis 2050 und den Beitrag dazu, den die Stadt Zürich auch dank des Rahmenkredits von 300 Millionen Franken leisten kann, den die Stimmberechtigten am 22. September genehmigt haben. Bei der Mobilität sieht er «den zweitgrössten Hebel», um die direkten Emissionen zu senken. Der Herr über die Trams (und die künftig voll elektrifizierte Busflotte) erinnerte an die Netzentwicklungsstrategie 2040, ans geplante öV-Ringsystem und daran, dass der öV «da sein» müsse, «wenn das Bevölkerungswachstum kommt».
Simone Brander, Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, erwähnte nach dem Motto «lebenswert bleiben, klimaneutral werden» beispielsweise die geplanten Quartierblöcke, mehr Grün und das Ziel von «mehr als 130 Kilometern Velovorzugsrouten». A propos Velo: Am 22. Mai 2025 soll der neue Velotunnel beim Hauptbahnhof im Rahmen der «Cycle Week» feierlich eröffnet werden. Zum Thema Entsorgung verwies sie unter anderem auf die an der Urne beschlossene CO2-Abscheidung samt Speicherung und auf die Kreislaufwirtschaft: Weniger entsorgen, mehr reparieren, wiederverwenden, tauschen, verschenken. Andreas Hauri kam noch auf die Ernährung zu sprechen und brachte das Beispiel des Stadtspitals, wo das klimaneutrale Menu günstiger sei als das mit Fleisch. Zudem sei dort als Massnahme gegen Foodwaste das Menu jeweils in den letzten 15 Minuten vor Schliessung des Restaurants für fünf Franken zu haben. Er schloss mit einem doch ziemlich optimistischen Fazit: «We have a Dream – und ganz viele Massnahmen.»
In ihrer am Montag verschickten Medienmitteilung zeigen sich die Grünen Stadt Zürich erfreut: «Grossflächiger Ersatz fossiler Heizungen, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Beschaffung, gesunde Mobilität, zirkuläres Bauen und bewusstes Konsumieren sind Forderungen der Grünen, und sie zeigen Wirkung: Die Stadt Zürich (…) ist auf dem Weg zum Klimaziel», halten sie fest.