- Stadt Zürich
Enttäuscht am Klusplatz
Sichtlich aufgekratzt stand Mischa Schiwow, Co-Präsident des Quartiervereins Hirslanden, an einem Apérotisch. Gerade hatte das Tiefbauamt seine Lösung für den Klusplatz präsentiert und was Schiwow zuerst noch als «Highlight» ankündigte, bezeichnete er am Apérotisch als «Enttäuschung». «Die Stadt hat an diesem Abend leider gezeigt, dass sie nicht an einer echten Mitwirkung interessiert ist», sagt Schiwow.
Es war Dienstagabend im Theatersaal des Gesundheitszentrums für das Alter «Klus Park», wo zuerst der Quartierverein Hirslanden seine Generalversammlung durchgeführt hatte und danach die Stadt erstmals ihre Lösung für den Klusplatz vorstellen sollte. Vorher dankte Schiwow den rund 50 Anwesenden für ihr Erscheinen und wies noch einmal auf eine Petition hin, die einen Klusplatz fordert, der mehr als eine Haltestelle ist. Gut 850 Menschen hätten physisch unterschrieben, für die Petition wurde nicht im Internet gesammelt.
Die schier unendliche Geschichte
Der Klusplatz und dessen Umgestaltung sind schon seit längerem ein Politikum. Bereits 2011 reichten Marianne Aubert und Hans Jörg Käppeli (beide SP) eine Motion ein, die die «Neugestaltung von benutzerfreundlichen und behindertengerechten Haltestellen für Tram und Bus am Klusplatz unter Mitwirkung des Quartiers» forderte. Das veranlasste das Tiefbauamt, die Situation am Klusplatz mit einer Studie zu prüfen, und kam zum Schluss, dass ein autonomer Einstieg für Menschen mit Behinderung nur an einer geraden Kante möglich wäre. Um das zu realisieren, müssten Häuser abgerissen oder Spuren auf der Strasse reduziert werden, was nicht realistisch sei. Nach einer weiteren Motion 2019 führte die Stadt eine Machbarkeitsstudie durch, prüfte andere Möglichkeiten und begann mit dem Projekt «22077 Klusplatz».
Um dieses Projekt zu präsentieren, war das Tiefbauamt mit einem Dreiergespann vor Ort. Zuerst erzählte Thomas Jesel, Leiter Planung und Projektierung beim Tiefbauamt, dass man regelmässig Quartiere und Quartiervereine besuche und sich über die Mitwirkung freue. Dann übernahm Projektleiter Marco Gloor und erklärte, dass die vielen Verkehrsteilnehmenden und die engen Platzverhältnisse zu einer schwierigen Situation führen würden. Dazu komme, dass fast alle Strassen um den Klusplatz überregional relevant sind, weshalb auch der Kanton mitreden darf. Insgesamt seien es zwei Dutzend Akteure mit verschiedensten Interessen, die sich einigen müssen.
Der Gewinner heisst 0+F
Um diese Interessen so gut wie möglich zu vereinbaren, hat die Stadt Cornelia Alb engagiert, die für die Partizipation verantwortlich war und nach Gloor zu Wort kam. Alb erklärte, wie der Partizipationsprozess im November 2023 begonnen hatte und was seither geschehen ist. «Das hat mich fast am meisten gestört», sagt Schiwow nach dem Anlass: «Wir vom Quartierverein sind seit Beginn der Partizipation dabei und dann erklärt man uns, wie die Partizipation funktioniert. Dabei wollten wir doch vor allem sehen, was die Stadt plant.»
Um diesem Wunsch nachzukommen, übernahm wieder Projektleiter Gloor. Präzise erklärte er, wie die Stadt nach und nach verschiedene Möglichkeiten geprüft und ausgeschlossen habe. Zuerst habe man neun Basisvarianten ausgearbeitet, wovon fünf bautechnisch oder rechtlich nicht möglich gewesen seien. Am Ende setzte sich die Variante 0+F durch. Die beinhaltet einen teilautonomen Einstieg für Menschen mit Behinderung in die Trams bei der Wendeschleife und einen vollständig autonomen Einstieg in die Überlandbusse mit einer neuen Bushaltestelle. Dieser Ausbau kommt allerdings deutlich zu spät, schliesslich ist die Umsetzungsfrist für die gesetzlich vorgeschriebene Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr Ende 2023 ausgelaufen und der Baustart für das Projekt am Klusplatz ist frühestens 2029. Zudem sollen mit der Variante 0+F dreissig neue Bäume gepflanzt werden, Velowege gebaut werden und die Busse einen neuen Warteplatz bekommen. Wie sich der Klusplatz damit genau wandelt, musste man sich zu grossen Teilen selber denken. Die Stadtvertreter:innen präsentierten kein Modell und antworteten auf Fragen nach konkreten Fussgängerstreifen oder Verkehrssituationen meist, dass sie sich des Problems bewusst seien und nach einer passenden Lösung suchen würden. Im Juni 2025 könne man mehr präsentieren und dann Ende 2025 das Projekt vorstellen. «Ich habe Angst, dass man uns irgendwann plötzlich ein fertiges Projekt vorlegt und wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden», sagt Mischa Schiwow dazu.
Eine konkrete Lösung hatte der Architekt und Bauplaner Hugo Wandeler (siehe P.S. vom 29.11.2024), der als Mitglied des Quartiervereins ebenfalls vor Ort ist und sich immer wieder einbringt. Wandeler hatte einen Plan im Massstab 1:500 erstellt, der seine Vision vom Klusplatz aufzeigt, und ihn der Stadt übergeben. Als die Stadt ihm eine Rückmeldung gab, überarbeitete Wandeler seinen Vorschlag und sandte im Dezember eine überarbeitete Version zurück. Man habe einige Dinge von Wandelers Plan übernehmen können, sagte Gloor an der Veranstaltung. Aber der vorgeschlagene Kreisel beispielsweise sei nicht umsetzbar. Es habe sich trotzdem gelohnt, als Quartierverein einen Vorschlag einzubringen, sagt Mischa Schiwow. «Es ist auch spannend, dass wir der Stadt einen genauen Plan zeigen können und sie uns mit Skizzen abfertigt.»