Ein Zuhause nach der akuten Krise

In der Neuüberbauung der Genossenschaftssiedlung Plattenhof in Horgen werden Mieter und Menschen mit psychischer Beeinträchtigung zu Nachbarn. Der Verein Horizonte kauft von der dortigen Baugenossenschaft für 7,1 Mio. Franken einen Neubau und richtet ein Wohnheim ein.

von Arthur Schäppi

 

Achtundzwanzig Millionen Franken – so viel Geld steckt die Gemeinnützige Baugenossenschaft Horgen (GBH) insgesamt in die Neuüberbauung ihrer 90jährigen Wohnsiedlung Plattenhof in Horgen rund zweihundert Meter nördlich vom Seespital. Der erste von drei Neubauten ist auf dem Gelände zwischen Bahnlinie und Seestrasse im Dezember bezugsbereit. In diesem ersten und einem zweiten Wohnblock, der dann im Sommer/Herbst 2018 fertig werden soll, entstehen 45 moderne und günstige Genossenschaftswohnungen: 4½-Zi-Wohnungen sind ab 1950 Franken zu haben und im subventionierten Teil beispielsweise 2½-Zi-Wohnungen unter 900 Franken. Nun steht auch fest, was aus dem dritten, ebenfalls noch nicht erstellten Neubau wird: Ein Wohnheim für betreutes Wohnen für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung. Von der GBH für 7,1 Millionen Franken erwerben und ab Oktober/November 2018 führen wird es der Verein Horizonte – soziales Sprungbrett Zürichsee mit Sitz in Thalwil. Diese gemeinnützige Institution unterstützt Menschen mit psychischer Beeinträchtigung nach Krisen und Klinikaufenthalten auf dem Weg zurück in einen möglichst selbstbestimmten Alltag. Und zwar mit betreuten Wohnangeboten sowie Beschäftigungsmöglichkeiten in einem Druckzentrum, einem Werkraum, Café und mit Arbeitsintegration in Thalwil.

Schon vor längerer Zeit hatte Horizonte gegenüber der GBH eine Kaufzusage für das künftige Wohnheimgebäude mit einem Fixpreis von 7,1 Millionen Franken unterzeichnet. Allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Erwerb vom Horizonte-Vorstand noch definitiv abgesegnet wird. Und genau das ist nun Anfang Woche geschehen, wie Horizonte-Geschäftsleiter Erwin Wachter bestätigt. Ein paar Wochen zuvor hatte das kantonale Sozialamt für den Hauskauf einen Beitrag von 3,4 Millionen Franken zugesichert. Für die Möblierung und einen für den künftigen Zweck angepassten Innenausbau rechnet der Verein mit einer halben Million Zusatzkosten. Horizonte schiesst  Eigenmittel von 1,5 Mio. Franken ein und nimmt für den Rest Bankhypotheken auf. Mit der formellen Unterzeichnung des Kaufvertrags und der Eigentumsübertragung müsse man allerdings noch zuwarten, bis ein kleiner Landtausch zwischen der GBH und der Gemeinde geregelt sei, erklärt Wachter. Er rechnet damit, dass dies bis Anfang 2017 der Fall sein dürfte.

 

Unter einem Dach vereint

Schon bisher hat Horizonte im Weiherhus in Gattikon sowie im Talacker in Horgen 16 betreute Wohnplätze angeboten. «Diese Wohneinrichtungen in angemieteten Räumlichkeiten werden nun unter einem Dach im Plattenhof vereint und erweitert», sagt Wachter. Damit könne Horizonte mit einem differenzierteren Betreuungsangebot besser auf die individuellen Bedürfnisse der BewohnerInnen eingehen. Und ihnen nunmehr als Hausbesitzerin auch langfristige Perspektiven gewährleisten. Entstehen soll Wohnraum für 24 Menschen. Zu Hause sein werden sie in Einzelstudios, in Wohngemeinschaften mit vier Zimmern oder in Wohngruppen für bis zu acht Personen. Auch ein Krisenzimmer für Notfälle und eine Tagesstätte für 10 bis 15 BewohnerInnen, die keine externe Tagesstruktur nutzen können, werden eingerichtet. Inklusive Nachtpikett und Hauswartung sind 9,6 Arbeitsstellen vorgesehen.

Der Neuüberbauung weichen müssen die aus dem Jahre 1926 stammenden alten GBH-Plattenhofhäuser mit 35 bescheidenen Altwohnungen. Abgerissen werden sie im Februar oder März 2017. Die Genossenschafter, die dort verblieben sind, können nächsten Monat zusammen mit Neumietern in den ersten Neubau mit total 26 Wohnungen einziehen. Dieses erste Gebäude steht auf Gemeindeland, das die Genossenschaft zu günstigen Konditionen im Baurecht erhalten hat. Sie gewährt der Gemeinde dafür ein Vormietrecht auf 6 von 18 subventionierten Wohnungen.

 

«Integration statt Isolation»

Das künftig von Horizonte genutzte Gebäude wollte die GBH von allem Anfang an für die Mitfinanzierung der beiden andern Häuser veräussern. Aber ursprünglich im Stockwerkeigentum und zu einem etwas höheren Preis. Dank der finanziellen Zuwendung einer privaten Stiftung habe man dann die Verkaufsofferte für Horizonte auf 7,1 Mio. reduzieren können, sagt GBH-Präsidentin Rita Astfalck. «Unsere Genossenschaft setzt damit auch ein Zeichen für Integration statt Isolation von behinderten Menschen», betont sie. Ohnehin erwarte man von den Plattenhof-Bewohnern, dass sie Mitverantwortung für die Siedlung übernähmen. Angestrebt werde auch eine gemeinsame Siedlungskommission von GBH und Horizonte.

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