Ein Seerestaurant, das alles kann?
Der Zürcher Gemeinderat hat die Volksinitiative der IG Seepärke für ein Restaurant am See für gültig erklärt und zwei Postulate überwiesen, die verlangen, dass das Verbot von Bierwerbeschildern an Restaurants aufgehoben wird.
Die Reihenfolge der Traktanden an der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend war stimmig: Erst ging es um ein Restaurant, dann ums Bier… Doch von vorne: Mit 3311 gültigen Unterschriften ist die Volksinitiative «Seerestaurant» der IG Seepärke Zürich zustande gekommen, wie Kommissionssprecher Roger Suter (FDP) ausführte. Die Initiative verlangt, dass die Stadt «ein Projekt für ein Seerestaurant direkt am oder über dem Wasser im Bereich der Verlängerung der Bahnhofstrasse» entwickelt, eine Umsetzungsvorlage erarbeitet und in Zusammenarbeit mit dem Kanton die Realisierung organisiert. In der Kommission sei man sich einig, dass die Initiative gültig sei, sagte Roger Suter. Einigkeit herrsche auch darüber, dass Bauten direkt am Wasser von hoher architektonischer Qualität sein müssten. Diskutiert habe man jedoch über den Standort. Die IG sehe das Restaurant direkt am See vor dem Bürkliplatz, also dort, wo einst die Männerbadi war, während der Stadtrat den Standort des heutigen Kioskes bzw. Ticketverkaufshäuschens der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft vorschlage. In der Vorlage des Stadtrats findet sich zudem eine lange Liste mit Anforderungen an das Projekt: Von einer «gastronomisch niederschwelligen, preislich attraktiven Küche» über «beschattete und witterungsgeschützte Aussenplätze» bis zu Kiosk- und Souvenir- Angeboten, von einem Schalter für Zürich-Tourismus und die Zürcher Schfffahrtsgesellschaft bis zur Verbesserung der Fussgänger-Verkehrsführung, von Velo- und Kinderwagenabstellplätzen, Kinderspielbereichen und einem Züri-WC bis hin zur Koordination mit dem Projekt «Cool City» und den «Bedürfnissen an eine EWZ-Seewasserzentrale (eigenständiges Projekt EWZ)» ist alles dabei.
Für die Kommissionsminderheit führte Mischa Schiwow (AL) aus, die Umsetzungsvorlage entspreche nicht den Wünschen der Initianten, ja es handle sich gar um eine «Mogelpackung». Die Ansprüche an diesem Ort seien zu unterschiedlich, als dass sie durch ein «Restaurant im Taschenformat» befriedigt werden könnten. Umgekehrt wollten die Menschen, die den Kiosk nutzten, nicht dem Konsumzwang auf einer Restaurantterrasse ausgesetzt sein. Die AL lehne die Vorlage ab.
Vier Begleitpostulate
Als nächstes befasste sich der Rat mit den vier Begleitpostulaten, die zur Seerestaurant-Vorlage eingereicht worden waren: Die GLP regte an, dass das neue Seerestaurant nicht höher sein sollte als der bestehende Kiosk. Ann-Catherine Nabholz führte zur Begründung aus, wenn in das Seerestaurant-Projekt alles Vorgeschlagene eingebaut werden solle, dann würde es zweistöckig. Das aber würde dazu führen, dass das Gebäude mit Seesicht allen anderen die Seesicht versperren würde. Claudia Rabelbauer (EVP) begründete die Ablehnung der Mitte-/EVP-Fraktion damit, dass der Stadtrat mit dem Kiosk eine «pragmatische Lösung» vorschlage. Nun müsse man ihm auch die Freiheit lassen, «das Optimum herauszuholen», anstatt ihn sogleich wieder einzuschränken.
Die Grünen forderten, dass der Stadtrat beim Erarbeiten der Umsetzungsvorlage einige Eckwerte einhalten sollte. Brigitte Fürer schickte ihrer Begründung des Postulats voraus, das Seeufer sei öffentlich und sollte nicht noch mehr «kommerzialisiert» werden. Deshalb sei das Raumprogramm auf das Minimum zu beschränken, dem «zirkulären Bauen» sei Rechnung zu tragen, und es seien Synergien mit den erforderlichen Bauten für «Cool City» und die Seewasserzentrale aufzuzeigen. Die Grünen forderten weiter die Verbesserung des öffentlichen Zugangs zum und ins Wasser und die Optimierung der Fuss- und Velowegführung.
Zum Postulat der SVP erklärte Jean-Marc Jung, seine Frakton fordere den Stadtrat auf, zu prüfen, wie und ob das neue Seerestaurant direkt unterhalb der Bürkliterrasse angelegt werden könne, und zwar mittels «Anhebung der Terrasse». Man müsste die Terrasse nur etwa um einen Meter anheben, und schon hätte ein Restaurant Platz, und die Bäume, die man dafür fällen müsste, seien natürlich zu ersetzen. Schliesslich begründete Roger Suter noch das Postulat der FDP, die eine erneute Standortevaluation verlangt: In der Vorlage des Stadtrats sei ein möglicher Fussgängersteg nicht Bestandteil der Abklärungen. Zudem entspreche der Standort beim Tickethäuschen/Kiosk nicht der Forderung der Initianten.
Hochbauvorsteher André Odermatt führte aus, die «intensiven» Diskussionen in der Kommission erstaunten ihn nicht, gehe es doch um einen «prominenten Ort unserer Stadt», der allerdings «nicht toll daherkommt». Mit Verweis auf das kantonale Leitbild Seebecken gab er zu bedenken, dass der Kanton mitreden werde, weshalb es erst eine Machbarkeitsstudie und danach eine Testplanung brauche. Auch er betonte die «Komplexität» und die «vielen Bedürfnisse» an diesem Ort. Er bezweifelte, ob sich die Terrasse wirklich so leicht anheben liesse, wie sich die SVP dies vorstellt, und gab der FDP zu bedenken, Pläne für ein Restaurant am See seien ja alles andere als neu, weshalb auch bereits eine ausführliche Standortevaluation stattgefunden habe. Deshalb lehne der Stadtrat diese beiden Postulate ab.
Nach ausführlicher Debatte erklärte der Rat die Volksinitiative mit 112:0 Stimmen für gültig. Die Ausarbeitung einer Umsetzungsvorlage durch den Stadtrat nahm das Parlament mit 107:7 Stimmen (der AL) an. Das Postulat der GLP kam mit 82:30 Stimmen (von FDP und Mitte-/EVP) durch, jenes der Grünen mit 96: 0 Stimmen bei 8 Enthaltungen (der AL). Das SVP-Postulat lehnte der Rat mit 20:86 Stimmen bei 8 Enthaltungen (der AL) ab, und das FDP-Postulat fiel mit 40:73 Stimmen durch.
Bierwerbung vs. Prävention
Mit zwei Postulaten zum selben Thema, einem von Dominique Zygmont und Flurin Capaul (beide FDP) und einem von Samuel Balsiger und Susanne Brunner (beide SVP), befasste sich der Rat zum Schluss der Sitzung: Beide Postulate forderten die Aufhebung des Verbots von Bierwerbung bzw. der entsprechenden Schilder an Gaststätten. Dominik Waser (Grüne) begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit dem Argument der Prävention, und für die AL fügte Tanja Maag an, Werbeflächen sollten grundsätzlich nicht weiter ausgebaut werden. Nicole Giger (SP) hingegen führte aus, kleine Gaststätten am Stadtrand seien durchaus auf Bierwerbung angewiesen, und im Sinne der Vielfalt gelte es auch diese zu erhalten. Mit 90:22 Stimmen (von AL und Grünen) kam das Postulat der FDP durch und mit 67:37 Stimmen (von AL, Grünen und GLP) jenes der SVP.
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