- Gemeinderat
Ein Garten, viele Gärtner:innen
An der Dreifach-Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwoch stellte der Präsident der Rechnungsprüfungskommission (RPK), Sven Sobernheim (GLP), das Budget 2025 sowie den Finanz- und Aufgabenplan (FAP) 2025–2028 vor. Das Budget beinhaltet ein Defizit von 244,7 Millionen Franken. Im Vergleich zum Vorjahr sind 676,5 zusätzliche Stellenwerte budgetiert, davon 381,5 Stellenwerte im Schul- und Sportdepartement. Die Steuereinnahmen von natürlichen Personen, von juristischen Personen wie auch die Quellensteuer und die Erträge aus der Grundstückgewinnsteuer sehen alle eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr vor. Im Finanz- und Aufgabenplan «steht de facto dasselbe drin wie letztes Jahr», fuhr Sven Sobernheim fort. Dass die selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten neben dem Budget erstmalig auch einen Finanz- und Aufgabenplan vorgelegt hätten, begrüsse die RPK. Allerdings hätten die Anstalten diese Aufgabe «unterschiedlich detailliert» ausgeführt. Ein «unschönes Thema» sei, dass die Asylorganisation Zürich es nicht geschafft habe, rechtzeitig ihr Budget einzureichen. Nach einem Exkurs zu den Globalbudgets erwähnte er noch den Steuerfuss von 119 Prozent, dem die Mehrheit zustimme, sowie zwei Minderheiten, die 116 bzw. 112 Prozent beantragten.
Fraktionserklärungen
Florian Utz, Co-Praktionspräsident der SP, startete mit der Feststellung, es sei «höchste Zeit für mehr bezahlbare Wohnungen» und verwies, wie andere Redner:innen im späteren Verlauf der Debatte auch, auf die Sugus-Häuser (siehe auch Gemeinderatsbericht im P.S. von letzter Woche und Seite 10 dieser Ausgabe). Die SP-Fraktion bedauere es, dass sie keine Mehrheit für ihren Vorschlag finden konnte, die Investitionen für den Kauf von Grundstücken und Liegenschaften um 250 Millionen Franken zu erhöhen, hielt Florian Utz fest. Doch «dank einem Kompromiss mit Grünen und AL» sei eine Erhöhung «um wenigstens 100 Millionen Franken» möglich. Die FDP hingegen sieht den Stadtrat «weiterhin im finanzpolitischen Rausch» und fordert eine «Steuersenkung jetzt!», wie Martin Bürki betonte: «Der Stadtrat gibt weiterhin das Geld mit allen Händen aus und malt gleichzeitig das Schreckensszenario eines Defizits an die Wand, weil er die Steuern nicht senken will.» Die «völlig ausser Kontrolle geratenen Liegenschaftskäufe auf Pump sind massiv zu reduzieren», stellte er klar.
Die Grünen wollen «Zukunft! Mehr bezahlbare Wohnungen, mehr Chancengerechtigkeit – ein Züri für alle!» Felix Moser verwies zudem auf den «von uns geforderten Wohnraumfonds», der 2025 «endlich» starte. Beim Verkehr und im Klimabereich sei die Stadt jedoch «mit angezogener Bremse» unterwegs: «Der Ausbau von Photovoltaik muss schneller vorwärts gehen, AKW-Strom hat keine Zukunft mehr.» Für den «zügigen Ausbau» von Velovorzugsrouten fordern die Grünen «mehr Ressourcen bei der Stadt» – dies, obwohl sie selber festhalten, dass es harzt, weil der Ausbau «systematisch durch Einsprachen behindert» wird. Für die GLP sprach Sven Sobernheim davon, dass der Stadtrat mit dem FAP nicht Transparenz schaffe, sondern das Gegenteil. So seien Beträge für den Mobilitätsbeitrag für städtische Angestellte «auf insgesamt 81 Konten» budgetiert worden. Und gemäss dem EWZ dürfe man die öffentliche Beleuchtung der Stadt Zürich, die Fernwärmeleitung, ein Wasserkraftwerk und einen Glasfaseranschluss «nicht einzeln betrachten, sondern muss sie in einem 3-Milliarden-Budget vermischen».
«Ausgabenwachstum in der Stadt Zürich ausser Rand und Band – SVP warnt seit Jahren», las Samuel Balsiger vor. Das waren noch Zeiten, als die SVP Jahr für Jahr den «Pleitegeier» beschrieb, der angeblich über der Stadt kreise… Weiter hält die SVP in ihrer Fraktionserklärung fest, «der Staat soll sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, Sicherheit und Freiheit gewährleisten und die Bürger möglichst in Ruhe lassen». Für die Mitte-/EVP-Fraktion erklärte Markus Haselbach (Die Mitte), es brauche «keine Budgeterhöhungen auf Vorrat». Seine Fraktion fordere in der Dienstabteilung Kultur einen «Verzicht auf zusätzliche Sollstellen für die Aufrechterhaltung des Status quo» und wolle bei der Fachstelle für Gleichstellung «den Ausbau auf eine Stelle beschränken». Die AL gab ihrer Erklärung den Titel, «Zukunftsfähigkeit und soziale Tragfähigkeit – ein Spannungsfeld». Ihre Sprecherin Tanja Maag präzisierte: «Ohne soziale Investitionen droht Zürich vollends zu einer kalten, gentrifizierten Metropole zu verkommen.» Die Leerkündigungen in den Sugus-Häusern zeigten, «dass Menschen nicht nur aufgrund teurer Neubauten ihre Wohnungen verlieren, sondern auch in bestehenden Liegenschaften wortwörtlich ‹wegsaniert› werden».
«Ein grosser Garten» im Überblick…
Finanzvorstand Daniel Leupi sagte, er habe die Fraktionserklärungen «mit Interesse» verfolgt. Die «üblichen Unterstellungen», was die Stadt angeblich nicht mache, brächten ihn nicht ins Schwitzen: Die Stadt sei «ein grosser Garten», da sei «nicht immer allen klar, was in den hinteren Beeten los ist». Beim Budget wollten die einen möglichst viel Wasser für ihre Pflänzli, «aber die können auch versaufen», während andere «alles abstellen» möchten, weil ihnen «die Wasserrechnung zu hoch» sei. Demgegenüber habe der Stadtrat «ein vernünftiges, durchdachtes Budget» erarbeitet, «damit der städtische Garten blüht». Es wachse aber «nicht alles gleich schnell und gleich hoch», fügte Daniel Leupi an, und es brauche auch Investitionen an Orten, wo das Wachstum «nicht die erwünschten Effekte» habe. Im FAP sei «von Sukkulenten bis Wasserpflanzen alles drin», knüpfte Sven Sobernheim für die Mehrheit an, die diesem zustimmen wolle. Für die Minderheit erklärte Johann Widmer (SVP) unter anderem, die Klimamassnahmen kosteten «zwölf Milliarden», dabei seien «die Klimaziele einem Wahn geschuldet». Mit 83 gegen 34 Stimmen (von SVP und FDP) nahm der Rat den FAP zur Kenntnis.
…und im Detail
In der Detailberatung des Budgets wurden die ersten 43 von total 109 Änderungsanträgen abgearbeitet. Zu reden gaben einerseits die ‹üblichen Verdächtigen›, also beispielsweise Polizeistellen, die Fachstelle für Gleichstellung oder natürlich das Wohnthema. Anderseits gab es viele Wortmeldungen wegen ‹nur› 50 000 Franken, die Grüne, SP und AL für die «Unterstützung der Fundación Pueblo Kawésqar im Rahmen der Erinnerungskultur und Versöhnung» ins Budget einstellten. Dafür hätten die Investitionen für den Kauf von Grundstücken und Liegenschaften wahrscheinlich noch mehr zu reden gegeben, wenn der in der SP-Fraktionserklärung erwähnte Kompromiss für 100 statt 250 Millionen nicht zustande gekommen wäre. Die Detailberatung wurde gestern Donnerstag nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe fortgesetzt.