(Bild: Annette Boutellier)

Egotrip

Durchgeknallt, wie wenn die Erwachsenen das Ritalin des Kindes geschluckt hätten.

Im Zentrum von Dmitrij Gawrischs Erziehungsfarce «Die Dampfnudel» steht Papa Niels (Jan Maak). Geschlagen vom Zwang für breitbeinig egozentrisches Auftreten, plagt ihn die Kindsmutter mit der Forderung, Abmachungen einzuhalten, piesackt ihn die aktuelle Lebensabschnittspartnerin Saskia (Jeanne Devos) mit dem Begehren nach intimer Zweisamkeit, und einfach gar niemand, nicht mal der gemütlich im kostengünstigen warmen Süden seinen Unruhestand pflegende Vater William (David Berger) will Verständnis für seine doch ach so missliche Lage aufbringen. Dabei hat Niels doch allein das Kindswohl im Sinn. Also eine möglicherweise nicht vollends uneigennützige Interpretation davon. Held sein will er halt und dafür gelobt, gestreichelt und gebauchpinselt werden. Seine Masche im zwischenmenschlichen Umgang bekommen die Ex (Irene, nicht physisch auftretend) und Saskia jeweils als Verlauf von rasch aufeinanderfolgenden Comboxnachrichten über seine derzeitige Bestürzung über irgendwas nicht Ihmgemässes zu spüren und das Publikum in der Inszenierung der Jungregisseurin Loretha Lara zu erleben. Sie entscheidet sich kurzum dafür, die gesamte Handlung als jenseitig grenzdebil über jedweden Realitätsanspruch hinaus übertrieben zu inszenieren, was ihr Ensemble im Gastspiel der Bühnen Bern bis in die letzte Faser verinnerlicht hat und als Speedrausch über die Bühne lehrt. Opas Pflegeroboterin Arnie (Vanessa Bärtsch) ist in der Schamlosigkeit so grenzenlos, wie die dargestellte Therapeutin (auch Vanessa Bärtsch) übergriffig. Der Dreikäsehoch sind wir und die Bauklötzchen, die wir zum Frass vor die Füsse bekommen, sind nicht zum Spielen, sondern zum Staunen da. Entweder ist das Stück ein Antierziehungsratgeber oder dann eine grob aus sich hinausfahrende Elternfeindseligkeit. Ohne den Einbezug eines realen Hintergrunds, also der Rollen der Frau(en), könnte es einen gewissen Humortypus durchaus anregen.

«Die Dampfnudel», 14.10., Winkelwiese, Zürich.