DIY-Ikone

Das selbstverständliche, positive Leck-mich-Credo von Peaches ist mehr als Attitüde.

«Ich brauche weder eine Infrastruktur noch eine Industrie, die mir vorscheibt, was ich zu tun habe», sagt die heute auch nicht mehr ganz taufrische Merrill Nisker alias Peaches. Immer schon hatte sie sich gewünscht, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer sexpositiv-empowernden Weltsicht anpassen würden. So richtig dran geglaubt, dass es einmal so weit kommen würde, hat sie indes nicht. Wer sich verausgabt und lustvoll-schräg die Untergrundbühnen der Subkultur bespielt, wo sich alle Avantgardeströmungen ihrer Zeit auf einem Haufen versammeln und wie in ihrem Fall lange überhaupt nicht ernst genommen wurde, foutiert sich bald einmal um Konventionen. 

Allein mit einer Groovebox und niemals singend – «nicht meine Stimme soll im Fokus stehen, sondern die Inhalte» – hat sie sich seit den 1990er-Jahren einen Status als DIY-Ikone erarbeitet und scheint nimmermüde. Philipp Fussenegger und Judy Landkammer übersetzen ihre unbändige Energie in einen freudig anstachelnden Dokfilm. 

Ihre ersten Jahre tourte sie mit Chilly Gonzales als «The Shit» durch die Keller des Berliner Untergrunds, worauf letztlich beider Karriere fusst. Sie wurde zu einer Ikone vor allem der Lesben, was die Erwartungshaltung auflud, sie selber wäre eine bekennende Frauen liebende Frau. Sie kontert souverän und kokett: «Das Geschlecht spielt keine Rolle.» Ihr langjähriger Lebensmensch Ellison Glenn alias Black Cracker stimmt ihr zu: «Ein Schwanz geht dich nur was an, wenn du ihn im Mund hast.» In diesem Film wird augenscheinlich, wie subkulturelle Selbstverständlichkeiten von früher in ein Mainstreamgedankengut des Heute eingedrungen sind – und Teile noch heute irritieren. Verblüffend ist allein, dass Erfolg und Ruhm dem übergrossen Punkherzchen von Peaches über all die Jahre nichts anhaben konnten. Sie blieb selbstverständlich selbstbestimmt. Sie liess sich nicht schleifen, nicht korrumpieren und lässt sich nach wie vor nicht vereinnahmen. Jetzt ist (immer noch respektive schon wieder) ihre Zeit und auch dieser ist sie erneut voraus. Frisch, frech, frei.

«Teaches of Peaches» spielt im Kino RiffRaff.