Digitalpakt, Eigentumsreligion,Turbostaat…

Radio fürs linke Ohr: Radiotipps von Hans Steiger

Samstag, 28. März

8.30 SWR: «Pionier der Medienpädagogik.» Joachim Meissner über Adolf Reichwein und seine heutige Bedeutung. Digitalpakt! Er soll deutsche Schulen für den digitalen Wandel fit machen. Verstanden wird das meist als Anschaffung von Laptops und Tablets. Doch wie lassen sich neue Medien im Unterricht pädagogisch sinnvoll einsetzen? Blicke in die analoge Vergangenheit könnten bei der Zukunftsaufgabe helfen. Bereits in den 1930er-Jahren entwickelte nämlich der Widerstandskämpfer und Reformpädagoge Adolf Reichwein wegweisende Konzepte für das, was heute Medienkompetenz genannt wird. Dabei gilt immer noch: Das Medium folgt der Pädagogik, nicht umgekehrt.

11.00 DLF: «Verschleierte Debatte.» Laizität in Frankreich. Birgit Kaspar in der Reportagen-Reihe Gesichter Europas. Die strenge Trennung von Staat und Kirche gekoppelt an Glaubens- und Gewissensfreiheit ist in Frankreich seit 1905 gesetzlich verankert. Ursprünglich zur Befriedung zwischen der entmachteten katholischen Kirche und der Republik gedacht, wird die Laizität immer häufiger als politisches Instrument missbraucht und militante Interpretationen der Laizität gefährden die friedliche Koexistenz. SRF 2 wiederholt die «Musik für einen Gast» mit Susanne Hochuli, ehemalige Regierungsrätin des Kantons Aargau.

17.00 SWR: «Zeitgenossinnen.» Margarete Imhof, Bildungspsychologin. Permanent wird gesendet und gepostet. Alle kommunizieren, keine(r) hört zu … Und bei SRF 1 in der Jazz Collection: «Elis Regina, die Königin.»

20.00 SRF 2: «Ellbogen.» Radiofassung des Romans von Fatma Aydemir. «Wut ist eine eruptive, unkalkulierbare Kraft. Sie frisst sich langsam durch die sorgsam gewahrte Fassade, bis sie plötzlich und ungeplant explodiert.» Ausgangspunkt des zweiteiligen Hörspiels ist Berlin, wo Hazal eingezwängt zwischen den traditionellen muslimischen Vorstellungen ihrer Eltern und der brutalen Realität ihres Berliner Kiezes lebt. Auf der Suche nach Perspektive und Heimat macht sie einen fatalen Fehler: Sie flieht nach Istanbul, wo sie noch nie im Leben war … Der zweite Teil folgt in einer Woche! Parallel beim Deutschlandfunk: «Studio LCB.» Lesung und Gespräch mit Frank Witzel. Der befragt laut Vorschau in seinem Roman ‘Inniger Schiffbruch’ den Gefühls- und Wissenshorizont seiner kürzlich verstorbenen Eltern. «Angesichts einer sich nicht erwartungsgemäss einstellenden Trauer, beginnt eine Erkundung der elterlichen Lebenswelt, die wie das Verfahren der Psychoanalyse assoziativ und bildlich ist. Er tut dies anhand von Kindheitserinnerungen und zieht die vom Vater hinterlassenen Tagebücher und Kalendereintragungen heran.» Doch die Mutter, eine Heimatvertriebene aus Schlesien, bleibe «dem Erzähler in der Rolle der schweigsamen Hausfrau unzugänglich».

21.00 SRF 2: «Wie geht es den Zeitschriften für neue Musik?» Florian Hauser fragte nach.

22.00 DLF: «Hinter der Mauer ein Garten.» Jeremias Schwarzers Soloprogramm mit Werken von Giacinto Scelsi, Hildegard von Bingen und persischer Ney-Musik. Zu hören ist die Reprise einer Aufnahme vom Februar 2012 im Atelier neuer Musik.

23.00 DLF: «Liebe und Zorn.» Eine Lange Nacht über den Mystiker und Theosophen Jacob Böhme. Gestaltet von Ronald Steckel. Er war Zeitgenosse Shakespeares, Giordano Brunos und Galileis, lebte als Schuhmacher und Tuchhändler in Görlitz an der Neisse. «Eine der unbekanntesten und gleichzeitig bedeutendsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte.»

 

Sonntag, 29. März

8.30 SWR: «Wo sind die Grenzen des Sagbaren?» Thilo Baum, Buchautor und Kommunikationsexperte, fragt in der Aula danach. «Die Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten Grundrechte. Und die Hochschulen sind auf den ersten Blick ein idealer Ort für Debatten. Nachdem Studierende in Hamburg mit Gewalt den Auftritt von AfD-Gründer Bernd Lucke verhinderten, sah der Deutsche Hochschulverband die Debattenkultur in Gefahr. «Es gibt Meinungsäusserungen, die zwar zulässig sind, aber trotzdem nicht sagbar. Wo sind die Grenzen?» Und bei SRF 2 geht es in den «Perspektiven» um vier singende Theologiestudenten und eine Hebamme: die Adams Wedding Band.

9.30 DLF: «Eigentumsreligion.» Oder: Von der Idee, mit Grund und Boden reich zu werden. Essay von Timo Rieg. Die einen erben Immobilien, andere zahlen exorbitante Mieten. Gerechtfertigt wird das gern mit dem freien Markt oder dem Grundrecht auf Eigentum. Aber muss die Gesellschaft unbedingt so funktionieren? Immerhin steht seit 1949 im deutschen Grundgesetz auch: «Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.»

11.00 und 20.00 SRF 2: «Wie wir gehen» von Andreas Neeser. Buch-Gespräch. «Was geschieht, wenn sich Eltern und Kinder ein Leben lang fremd bleiben, weil sie keine gemeinsame Sprache finden?» Dies die Ausgangsfrage des «vielschichtigen» Romans.

12.00 SWR: «Wachsende Angst.» Katharina Thoms über Antisemitismus und jüdisches Leben in Deutschland.

12.40 SRF 2: «Musik für einen Gast.» Peter Steiger, Landschaftsarchitekt.

13.30 DLF: «Zwischentöne.» Musik und Fragen zur Person. Lajos Rovatkay, Cembalist.

14.00 SWR: «42 Jahre, Grossvater, Roma, schwul.» Der Comedian und Aktivist Gianni Jovanovic. Feature von Almut Schnerring und Sascha Verlan. «Übrigens ist er auch Dentalhygieniker mit eigener Praxis. Er ist er. Aber wie wurde er zu dem, der er ist?»

15.00 SRF 2: «Dieter Meier, ein Zufall.» Passage-Porträt von Björn Schaeffner. Der nun 75jährige Meier wurde als Bankiersohn geboren, war Jurastudent und pokerte, wurde Aktionskünstler und legte dann im Duo Yello eine beispiellose Schweizer Popkarriere hin. «Und wenn er Musik mache, fühle er sich immer noch wie das Kind, das Sandburgen bauen darf.»Parallel beim Deutschlandfunk in Rock et cetera: «Alles ist irgendwie politisch.» Anja Buchmann porträtiert eine Punkrock-Band namens ‘Turbostaat’. Jan, Marten, Rollo, Tobert und Peter kennen sich aus Kindheitstagen in der nordfriesischen Kleinstadt Husum. Seit über 20 Jahren machen sie zusammen Musik, wohnen inzwischen in Berlin und Hamburg. Und doch gehe es bei ihnen vielfach um ihre norddeutsche Heimat, «die Musik ist schnell, geradlinig, voller Energie, und auch politische Themen finden unbedingt ihren Platz» – etwa mit Bezug auf die Nazi-Flüchtlingsroute bei ‘Rattenroute Nord’ oder in anderen Songs, in denen ihre – politisch linke – Haltung durchschimmert.

16.30 DLF: «Frankensteins Biene.» Der Kampf gegen das leise Sterben. Joachim Budde in Forschung aktuell.

18.20 SWR: «Das Pferd.» Hörspiel nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon. Eine finstere Regennacht während des Zweiten Weltkriegs. Hungrig, durstig, verstört vor Angst und Müdigkeit, beziehen der Erzähler und sein Regiment, französische Dragoner, Quartier in einem nordfranzösischen Dorf. Und werden Zeuge des langsamen Sterbens eines verletzten Armeepferdes.

20.00 SWR: «Al gran sole carico d’amore.» Oper von Luigi Nono. In der Vorschau wird sie als ein «politisches Panorama der Revolutionen» umschrieben. Sie wurde 1975 in Mailand uraufgeführt, sei ein Schlüsselwerk des Musiktheaters der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. «Der Aufwand ist enorm. Umso bemerkenswerter, dass sich ein kleineres Haus wie das Staatstheater in Mainz dem gestellt hat.» Première wäre am 14. März gewesen. Corona hat diese verhindert. «Wir senden stattdessen die Aufzeichnung der Generalprobe, die zumindest akustisch ein vorläufiges Dokument dieses Mainzer Ereignisses ist.» Und beim Deutschlandfunk wird die Reihe’‚Leibkultur’ mit einer Reprise beendet: «Waschbrettbauchträume.» Fitnesskult zwischen Wahn und Sinn. Feature von Hilde Regeniter.

23.00 SWR: «Duo Hollydays.» Französisches Chanson mal ganz anders. Eine Musikpassage von Marlene Küster.

 

Montag, 30. März

8.30 SWR: «Die Zukunft der NATO und Folgen für Europa.» Andrea Rehmsmeier über das Manöver Defender 2020 und anderes.

9.00 und 18.00 SRF 2: «Ein Lob auf die Handfertigkeiten.» Kontext-Gespräch mit Mareile Flitsch, Sinologin, und Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist.

14.00 SRF 1: «Berta und Marta.» Hörspiel von Susanne Hinkelbein. Alt sind sie geworden, die zwei Schwestern. Sie leben im Haus ihrer Kindheit. Die eine krank an den Füssen, die andere krank im Kopf und zwingend aufeinander angewiesen. Nachts, vor dem Einschlafen, erzählen sie sich Geschichten …

15.00 SWR: «Bio oder billig?» Bäuerin werden in herausfordernden Zeiten. Ina Jackson und Kristine Kretschmer berichten.

22.00 SWR: «Über das Unheimliche.» Der dritte Teil einer Essay-Reihe von Pascal Richmann. Auf welche Weise sind die eigenen Erinnerungen verwoben mit jenen, die wir teilen? Und was haben eigentlich Sie an jenem 11. September getan?

 

Dienstag, 31. März

15.00 SWR: «Alte Bausünden.» Dieter Jandt zum Wandel des Architekten Walter Brune. 1973 setzte er ein riesiges Einkaufszentrum auf die Grüne Wiese, das er später als grosse Bausünde bezeichnete. Seit langem kämpft er gegen Investoren, die mit Outletcentern und anderen Konsumtempeln das Stadtbild vieler Kommunen verschandeln und setzt sich auch mit 93 Jahren – und eigenen finanziellen Mitteln – für eine Architektur und Stadtplanung ein, in der der Mensch im Mittelpunkt steht.

21.00 SRF 2: «Jazz Collection.» Eric Clapton wird 75!

22.00 SWR: «Die Hoffnung stirbt zuerst.» Grosse neue Romane aus Österreich. Carsten Otte im Gespräch mit Birgit Birnbacher und Valerie Fritsch.

 

Mittwoch, 1. April

8.30 SWR: «DDR-Politiker, Bürgerrechtler, Stasi-Spitzel.» Gregor Papsch über Ibrahim Böhme.

15.00 SWR: «Enttäuschte Bürgerrechtlerin.» Martina Gross zu Tilda Overstreets Kampf in Mississippi.

19.15 DLF: «Autobahnkirchen.» Göttlicher Beistand am Strassenrand. Feature von Vivien Schütz.

20.00 SRF 1: «Tic Tac» mit Ferruccio Cainero. Spasspartout-Mitschnitte. Im letzten Oktober bot der italienische Geschichtenerzähler dem Publikum im ‘Millers’ eine Zeitreise. Und bei SRF 2 in «Musik unserer Zeit»: Die Sound-Art-Künstlerin Teresa Carrasco.

22.00 SWR: «Zivilgesellschaft und Demokratie.» Feature von Markus Metz und Georg Seesslen. Von drei Seiten in die Zange genommen: von Wirtschafts- und Industrielobbyisten, von konservativen Parteien, denen ihre Einmischungen und Kritik lästig sind, sowie einer sich formierenden rechten Anti-Zivilgesellschaft.

 

Donnerstag, 2. April

22.00 SWR: «Die Welt ist, wofür ich sie halte.» O-Ton-Hörspiel von Andreas Weiser. Wie ist zu antworten auf die Globalisierung der Wahrnehmung, die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, die aber im Zeitalter digitaler Kommunikationstechnologie nicht real zu erleben ist? Mit dem Mix-Computer.

 

Freitag, 3. April

19.15 DLF: «Das Haus des Apothekers.» Feature von Manuel Gogos. Was passiert an Orten, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten unberührt sind von Menschenhand, weil kaum noch jemand weiss, dass es sie überhaupt gibt? Reprise in der Reihe Urban Exploration.

20.00 SRF 1: «Illusionen.» Hörspiel von Iwan Wyrypajew. Vier junge Schauspieler erzählen die Geschichte zweier befreundeter Paare: Danny und Sandra, Margareth und Albert, mittlerweile alle hoch in den Achtzigern, haben ihr Leben gelebt, die Liebe gefunden, Familien gegründet, Karriere gemacht und ihre Freundschaften gepflegt. Doch plötzlich, auf dem Sterbebett, schwinden die Gewissheiten … Und bei SRF 2 ist «eine Reise durch den radiophonen Raum» angesagt: «Voyager 3.» Feature von Frank Kaspar und Jochen Meissner. Zweitausstrahlung am Sonntag um 15 Uhr!

22.30 SWR: «Abpfiff.» Hörspiel nach dem Kriminalroman von Dominique Manotti.

0.05 DLF: «Nr. 989, Aichach.» Vera Brühne Mitschnitte. Krimi von Michael Farin.

 

DLF/Deutschlandfunk – 100,6 und 105,1 MHz. SWR/Südwestrundfunk 2 – 90,4 und 97,9 MHz auf UKW. Beide auch in digitalen Kanälen und Netzen zu finden. Zudem sind die meisten Sendungen im Podcast-Angebot.

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