- Winterthur
«Die Schützenwiese soll ihren Charakter behalten»
«Kein anderes Stadion in der Schweiz ist bei den Fans derart verankert wie die Schützenwiese», hielt Martina Blum (Grüne) an einer Medienorientierung in der «Libero-Bar» des Stadions fest. Das Ziel der Erneuerung sei es, das knapp 70jährige Stadion so zu erneuern, dass diese Verankerung erhalten bleibe. Gleichzeitig sei es aber wichtig, dass das Stadion und die entsprechende Parzelle mitten in der Stadt besser genutzt werden können. Die Erneuerung sei dringend, unabhängig davon, in welcher Liga der Verein spiele. Um möglichst rasch vorwärts machen zu können, hat der Stadtrat beschlossen, die Gesamt-Entwicklung aufzuteilen.
Ursprüngliches Stadionprojekt wieder aufgegriffen
Konkret beantragt der Stadtrat nun beim Stadtparlament einen Projektierungskredit von 3,5 Millionen zur Erneuerung der beiden Stirntribünen – heute im Norden einerseits die sogenannte Bierkurve und die «Sirupkurve», im Süden der Gästesektor. Bis Ende 2025 soll das Projekt stehen, 2026 die Volksabstimmung stattfinden, 2027 bis 2029 sollen dann die beiden Tribünen schrittweise gebaut werden. «Für den FCW entscheidend ist, dass wir auch während dem Bau im Stadion spielen können», sagt dazu Christian Habegger, Verwaltungsrat des FCW. Möglich ist dies, weil das Stadionprojekt von 2011 von Sollberger Bögli Architekten wieder aufgegriffen wird. Aus diesem Projekt wurde 2015 die heutige Gegentribüne eröffnet – und es war von Anfang an modular geplant. «Ein Sparprogramm und danach die Covid-Pandemie verhinderten, dass die Erneuerung weitergeführt wurde», hielt der Leiter des Sportamtes, Dave Mischler fest. Nun nehme man es wieder auf, wolle jedoch prüfen, ob auch in den Stirntribünen weitere Nutzungen untergebracht werden können – von Büros über Garderoben bis zu Catering oder weiteren Infrastruktureinrichtungen war die Rede. Je nachdem, welche dieser Nutzungen integriert werden, kommen die beiden Tribünen auf etwa 21 bis 30 Millionen zu stehen. Hätte nicht die bürgerliche Stadtratsmehrheit von 2014 bis 2018 die Stadionerneuerung gestoppt, würden die Stirntribünen heute vermutlich stehen und wären um einiges billiger gewesen. Die umgesetzte Gegentribüne kostete knapp 10 Millionen, sodass zwei wesentlich kleinere Tribünen vermutlich nicht mehr als das Doppelte gekostet hätten…
Neue Haupttribüne mit der Gesamtparzelle planen
Tempi passati. Heute treibt eine rot-grüne Mehrheit das Projekt voran. Während das Projekt für die Stirntribünen rasch umgesetzt werden soll, wird parallel dazu auch das Projekt für eine neue Haupttribüne konkretisiert. «Dabei ist es wichtig, dass neben der Nutzung durch den FCW zusätzliche Nutzungen evaluiert und eingeplant werden», betonte Martina Blum. Es handle sich bei der Parzelle um eines der grössten Areale der Stadt. Der vor zwei Jahren abgebrannte Kindergarten müsse auf dem Areal platziert werden, genauso wie auch die schulexterne Betreuung dringende Platzbedürfnisse habe. «Ziel ist, dass das Areal zukünftig 365 Tage im Jahr genutzt werden kann.» Gelöst werden muss zunächst auch die Frage, was überhaupt an der Haupttribüne geändert werden kann, da diese und die südlich gelegene Eulach im Bundesinventar der geschützten Ortsbilder eingetragen sind. Allerdings können gemäss der üblichen Praxis auch Bauten aus diesem Inventar ersetzt werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse vorhanden ist – wovon bei der Stadionerneuerung auszugehen ist.
Auch Christian Habegger und Andreas Mösli vom FCW betonten die Wichtigkeit eines solchen Vorgehens. «Heute machen die Junior:innen etwa zwischen Schule und Training in einem Luftschutzkeller ihre Aufgaben oder essen», führte Andreas Mösli aus. Neben dem Super-League-Team nutzen heute 27 weitere Teams die Infrastruktur, dazu rund 80 Trainer:innen. Teil des FCW ist auch der FCW Brühlgut, bei dem rund 30 Menschen mit Beeinträchtigungen Fussball spielen – auch dies ein einzigartiges Projekt des FCW. Mösli betonte, wie wichtig eine Erneuerung der Infrastruktur unabhängig von der Liga sei, in der die erste Mannschaft spiele. «Weder die sanitären Einrichtungen noch zum Beispiel das Restaurant sind noch zeitgemäss.» Die FCW-Vertreter zeigten sich auch durchaus offen für eine Mehrfachnutzung der Infrastruktur, sei dies etwa die schulexterne Betreuung oder Quartiernutzungen.
Die Ideen – und auch Ansprüche dazu sind vielfältig. «Zuerst ist es aber nun wichtig, dass das Projekt genauer definiert wird», betonte Martina Blum. Danach soll ein neuer Architekturwettbewerb durchgeführt werden. Ein Baubeginn ist frühestens nach Abschluss der Erneuerung der Stirntribünen geplant. «Es ist ein Generationenprojekt, das möglichst der ganzen Bevölkerung Winterthurs zugute kommen soll», wurde sowohl von Seiten des FCW wie auch der Stadt betont.