Der Kanton will neu auch einen Anteil an der Grundstückgewinnsteuer. (Bild: erstbezug.ch)

Der Kanton will mehr

Der Regierungsrat will den kantonalen Finanzausgleich überprüfen und sich einen Anteil an der Grundstückgewinnsteuer sichern. Die SP und die SVP kritisieren die Vorschläge.

Dreizehn Jahre ist die letzte Revision des Zürcher Finanzausgleichs her, nun fordert der Regierungsrat eine Überprüfung dieses Gesetzes. Publik machte er das bei der Präsentation des «Gemeinde- und Wirksamkeitsberichts 2025», der den Finanzausgleich des Kantons sowie verschiedene Entwicklungen in den Gemeinden in den Jahren 2020 bis Anfang 2024 betrachtete. SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr zog zwar eine positive Bilanz und hob hervor, dass der Finanzausgleich gut funktioniere und alle Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen konnten. Doch der Kanton und die Gemeinden hätten sich seit der letzten Änderung 2012 auch weiterentwickelt. 

Die Steuerkraft, also die gesamten Steuereinnahmen geteilt durch die Anzahl Einwohner:innen, wachse in allen Gemeinden. Besonders in den ohnehin finanzstarken Gemeinden sei die Steuerkraft gestiegen, so Fehr. Zudem hätten sich verschiedene Aufgaben und deren Finanzierung von den Gemeinden zum Kanton verschoben. Deshalb will der Regierungsrat ein Postulat mit dem Titel «Braucht der innerkantonale Finanzausgleich eine Auffrischung?» von Mario Senn, Barbara Franzen und Beat Habegger (alle FDP) aus dem Kantonsrat entgegennehmen. Im Rat wurde noch nicht über das Postulat abgestimmt, die SP hat allerdings bereits bekannt gegeben, dass sie den Neugestaltungsprozess kritisch begleiten werde. Besonders das Argument, dass der Kanton immer mehr Aufgaben übernehme, mache stutzig. «Erst letzte Woche hat der Regierungsrat klargestellt, dass er sich – trotz gegenteiligem Auftrag des Parlaments – nicht an der Finanzierung der familienergänzenden Betreuung von Kleinkindern beteiligen will. Diese Kosten sollen stattdessen die Gemeinden und die Eltern übernehmen», wird Tobias Langenegger, Co-Fraktionspräsident der SP im Kantonsrat, in der Mitteilung zitiert. Dass der Regierungsrat den Zentrumslastenausgleich infrage stellt, mit dem die Städte für ihre stärkere Belastung entschädigt werden, kritisiert die SP ebenfalls. 

Wer soll von der Grundstücksteuer profitieren?

Weitere Einnahmemöglichkeiten für den Kanton sieht der Regierungsrat bei der Grundstückgewinnsteuer. Wie der SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker erklärte, seien die Ausgaben für die Infrastruktur in den letzten Jahren hoch gewesen und von 2010 bis 2023 um 60 Prozent gestiegen. Das liege unter anderem an den hohen Landpreisen. «Wenn wir in einem Gestaltungsplan einen Strich machen, gehen die Preise direkt hoch», so Stocker. Doch davon würden heute nur die Gemeinden profitieren und zwar doppelt: einerseits von der neu gebauten Infrastruktur, andererseits von der Grundstückgewinnsteuer. Die Einnahmen aus der Steuer haben sich seit 2008 beinahe verdreifacht und beliefen sich im Jahr 2023 auf 1,255 Milliarden Franken. Zudem fliesse das Geld aus der Grundstückgewinnsteuer nicht in den innerkantonalen Finanzausgleich ein, erklärt Stocker. Deshalb schlägt der Regierungsrat vor, dass in Zukunft ein Viertel der Einnahmen in die Kantons- statt in die Gemeindekassen fliessen soll. Der Kanton Zürich ist mit dem Kanton Zug der einzige, der nicht an der Grundstückgewinnsteuer beteiligt ist. In Basel-Land, Appenzell Innerrhoden, Neuenburg, Genf und im Tessin geht die Einnahme gar vollständig zum Kanton.

Kritik von rechts und links

Für seinen Vorschlag wurde Finanzdirektor Stocker als erstes von seiner eigenen Partei kritisiert. Die SVP sieht in der Beteiligung des Kantons an der Grundstückgewinnsteuer einen Eingriff in die Autonomie der Gemeinden. So werde das Geld den Gemeinden weggenommen und stattdessen für kantonale Prestigeprojekte ausgegeben. «Unsere Gemeinden brauchen dieses Geld für eigene zwingende Investitionen. Eine faktische Enteignung kommt nicht infrage», wird SVP-Kantonsrat Marc Bochsler in der Medienmitteilung zitiert. Bochsler hat es stattdessen auf den Zen­trumslastenausgleich abgesehen. In einem Entwurf eines Vorstosses fordert er, dass nicht nur die Belastung gesehen werde, unter der Zürich und Winterthur durch ihre Stellung als Zentren leiden, sondern auch der Nutzen, den die Städte daraus ziehen würden. Bochsler schlägt vor, dass der Regierungsrat einen Lasten- und Nutzenkatalog definieren soll, anhand dessen jedes Jahr die effektive Belastung der Städte erhoben werden könnte. 

Auch bei der SP kommt der Vorschlag nicht gut an, besonders im Zusammenhang mit der Abstimmung vom 18. Mai. Dann entscheidet die Stimmbevölkerung über eine weitere Senkung der Unternehmenssteuer, nachdem der Kanton diese erst 2021 von acht auf sieben Prozent gesenkt hatte. Dem Kanton und den Gemeinden entgehen so Steuereinnahmen in der Grössenordnung von 350 Millionen Franken pro Jahr. «Wenn es um die Entlastung der Gemeinden oder der Bevölkerung geht, ist es entweder zu teuer oder nicht Aufgabe des Kantons. Wenn es jedoch um die Entlastung von Unternehmen und Konzernen geht, sind dreistellige Millionenbeträge plötzlich überhaupt kein Problem», so Co-Fraktionspräsident Langenegger in der Medienmitteilung. «Die Politik des Regierungsrates lässt sich momentan in fünf einfachen Worten zusammenfassen: Konzerne profitieren. Wir alle bezahlen.»