Vor der Ratssitzung bekam Stadträtin Simone Brander (rechts) eine vom Quartierverein Hirslanden lancierte Petition – und einen Kaktus – überreicht. Über 850 Personen haben die Petition «Unser Klusplatz will mehr sein als nur eine Haltestelle» innert zwei Monaten unterzeichnet. Sie wünschen sich einen «echten Quartierplatz». (Bild: zVg)

«Der ESC gehört nach Zürich»

Der Zürcher Gemeinderat hat einen Rahmenkredit von 20 Millionen Franken für die Austragung des Eurovision Song Contests 2025 bewilligt.

An seiner Sitzung vom Mittwochabend stand zuerst ein Rücktritt an, jener von Marion Schmid (SP), die dem Rat achteinhalb Jahre lang angehört hatte. Für die letzte Woche verabschiedete Monika Bätschmann (Grüne) rückte Roland Hurschler nach. Sowohl SP wie auch Grüne verlasen sodann Fraktionserklärungen zum Bericht zur Sammlung Bührle vor (siehe auch Seite 22 dieser Ausgabe). Ihre SP-Fraktion sehe «grossen Handlungsbedarf» und fordere «lückenlose Aufklärung», sagte Maya Kägi Götz. Markus Knauss doppelte für die Grünen nach, der Bericht von Raphael Gross und Team sei «vernichtend».

«Offene Fragen»

Ausführlich befasste sich der Zürcher Gemeinderat mit dem Eurovision Song Contest (ESC) beziehungsweise mit der Kandidatur der Stadt Zürich, die sich bekanntlich als Host-City bewirbt, um die Austragung des ESC 2025 nach Zürich zu holen. Für die Kosten für Bewerbung, Planung und Durchführung des ESC 2025 beantragte der Stadtrat dem Gemeinderat einen Rahmenkredit von 20 Millionen Franken. Dieses Geld wird nur benötigt, wenn die SRG der Stadt Zürich den Zuschlag gibt. Mit der Vorlage kam der Stadtrat auch einem Wunsch des Parlaments entgegen: An der Sitzung vom 12. Juni hatte es zwei dringliche Postulate überwiesen, die den Stadtrat aufforderten zu prüfen, wie er dazu beitragen könne, dass der ESC 2025 in Zürich durchgeführt werden kann (siehe auch P.S. vom 14. Juni).

Michael Schmid (AL) forderte dennoch als erstes, dass die Vorlage nicht, wie vom Stadtrat beantragt, sofort behandelt, sondern wie üblich erst der vorberatenden Kommission zugewiesen werde: «Es geht um 20 Millionen Franken, und wir konnten keine Fragen dazu stellen», sagte er zur Begründung seines Antrags. Sein Namensvetter, Michael Schmid von der FDP, entgegnete ihm, Fragen zu stellen sei wichtig, doch bei diesem Geschäft fehle zum einen die Zeit dazu. Zum anderen sei der Fall klar: Es gehe ganz einfach darum, ob man diese Veranstaltung in Zürich wolle oder nicht. Mit 86 gegen 27 Stimmen und einer Enthaltung (dagegen waren SVP, AL und einige Grüne) sprach sich der Rat dafür aus, die Vorlage sofort zu behandeln.

«Von Nemo verzaubert»

Stadtpräsidentin Corine Mauch freute sich: «Auch Sie sind offenbar von Nemo verzaubert…». Die Stadt bewerbe sich, weil «wir den ESC in Zürich wollen». Zürich könne sich als weltoffene, vielfältige Kulturstadt positionieren, und der Anlass werde eine positive Ausstrahlung nach innen wie nach aussen haben. Zudem ermögliche er «eine ganz beträchtliche Wertschöpfung beim lokalen und regionalen Gewerbe». Zürich habe viel Erfahrung mit Grossanlässen, verfüge über die passende Infrastruktur und erfülle auch die Anforderungen bezüglich genügend Hotelzimmern oder guter Erschliessung. Nebst den nun zu sprechenden 20 Millionen Franken würden zusätzliche Mittel und Leistungen von der SRG kommen sowie vom Kanton, vom Bund und von Sponsoren. Der Kanton habe bereits fünf Millionen Franken zugesagt. Kurz: Zürich und der ECS passten perfekt zusammen, «it‘s a match!», schloss die Stadtpräsidentin.

Sebastian Zopfi (SVP) erklärte, Michael Schmid von der AL habe «völlig recht gehabt» und die SVP lehne die 20 Millionen ab. Die Gesamtkosten seien wohl eher bei 30 Millionen zu verorten, doch ein Betrag über 20 Millionen Franken hätte dem Volk vorgelegt werden müssen – von dem obendrein nicht einmal bekannt sei, ob es diesen Anlass überhaupt wolle oder nicht. An die Adresse der Ratslinken erklärte er, «etwas derart Kapitalistisches müssen Sie ablehnen, sonst werfen Sie Ihre Prinzipien über Bord!». Der ESC müsste «ohne Geld vom Steuerzahler» auskommen.

Marco Denoth (SP) hingegen sprach von einer «once in a lifetime-Chance»: «Der ESC gehört nach Zürich.» Wir hätten die nötige Infrastruktur, die obendrein «schon gebaut» sei, was eine «nachhaltige» Veranstaltung erlaube. Er erinnerte auch an die hohe Wertschöpfung, von der frühere ESC-Austragungsorte profitiert hätten. Es handle sich somit bei den 20 Millionen nicht um eine Ausgabe, sondern um eine «Investition in die Zukunft». Përparim Avdili (FDP) sagte, er sei stolz, dass wir den ESC in die Schweiz holen könnten. Es sei klar, dass die Wertschöpfung und der Mehrwert, die sich erzielen liessen, auch einen Preis hätten, doch die Wirtschaft werde profitieren.

Dominik Waser (Grüne) gab bekannt, seine Fraktion habe Stimmfreigabe beschlossen. Er sprach für jene, die Nein stimmen wollten, und nannte als ersten Grund die «unnötigen Flugreisen», die der Anlass verursachen werde, sowie die «ewige Kommerzialisierung». Zweitens sei er überrascht, ja «irritiert» darüber, dass das Geschäft ohne Kommissionsberatung direkt ins Plenum komme. Zudem finde sich nirgends in der Vorlage ein Hinweis auf die Klimaziele der Stadt. Auch Sophie Blaser (AL) fand, es gebe zu viele offene Fragen. Die Polizeidienstleistungen etwa sollten gemäss Vorlage weder verrechnet noch ausgewiesen werden. Sie stellte den Änderungsantrag, diese Kosten seien auszuweisen. Dem stimmte der Rat mit 77 gegen 35 Stimmen (der SP) zu. Der 20-Millionen-Rahmenkredit kam bei einer Enthaltung mit 82 gegen 29 Stimmen (von SVP, AL und einem Teil der Grünen) durch.