- Kantonsrat
«Der andere könnte recht haben»
Blumensträusse wurden an diesem verkürzten Ratsmontag verteilt. Zunächst vom abtretenden Kantonsratspräsidenten Jürg Sulser (SVP) an die abtretende Regierungsratspräsidentin Natalie Rickli (SVP). Dann erhielt er einen Blumenstrauss von seinem Nachfolger Beat Habegger (FDP), der mit 158 Stimmen (bei 173 Anwesenden) ein sehr anständiges Resultat erzielte. Jürg Sulser fand in seiner Abschiedsrede, er habe ein Brückenbauer sein wollen. Er betonte, dass der politische Streit nötig sei, der aber zu Lösungen führen müsse. Beat Habegger meinte in seiner Lobrede für ihn, dass es unternehmerische Qualitäten brauche, um einen Rat zu leiten, also «Probleme erkennen und dann lösen.» Und sich Unterstützung holen, wenn man sie benötige. Jürg Sulser benötigte diese mitunter, wenn es um knifflige Abstimmungsmodi ging. Die holte er sich meistens bei den Parlamentsdiensten. Zudem war er nicht stur. Er sagte zwar gerne, «ich will es jetzt so», aber er liess immer mit sich reden und nahm auch mal Entscheide zurück. Vor allem strahlte er viel Freude an seinem Amt aus, auch wenn er mit schwierigen Namen und mitunter mit der Lautsprecheranlage auf Kriegsfuss stand.
Einen weiteren Blumenstrauss erhielten Romaine Rogenmoser (SVP) für ihre Wahl als erste Vizepräsidentin und Monika Wicki (SP) für ihre zur zweiten Vize. Beide erzielten je 132 Stimmen, was anständig, wenn auch nicht brillant ist. Monika Wicki ging so ihren Weg von der Bildungspolitikerin zur Ratssekretärin nun auf den Bock weiter, den sie in zwei Jahren präsidieren wird. Als Ratssekretär folgt ihr Christoph Ziegler (GLP), bisher ebenfalls Bildungspolitiker. Ob er ihr im nächsten Frühling auf den Bock folgt? Die GLP hat dann den Anspruch auf das zweite Vizepräsidium.
Beat Habeggers Eröffnungsrede hatte einen Kernsatz: «Der andere könnte recht haben». Im politischen Streit könne man durchaus auf die Pauke hauen, aber eben auch daran denken, dass – selbstverständlich nur ausnahmsweise und nicht als Regel – in diesem speziellen Falle der andere recht haben könnte. Es brauche Vertrauen in die Institutionen und man solle im Meinungsstreit die Fakten nicht verschleiern oder bewusst falsch darstellen. Auf wen er dabei anspielte, liegt auf der Hand, ohne dass er den Namen nannte.
Zum Persönlichen: Hannah Pfalzgraf (SP) gab ihren Rücktritt als Kantonsrätin, da sich ihre Ausbildung zur Hebamme mit dem Mandat zeitlich nicht vereinbaren lässt. Sie hatte als Finanzpolitikerin ihre grossen Auftritte mit energischen Reden jeweils beim Budget und der Rechnung.
Sachlich behandelte der Kantonsrat noch zwei parlamentarische Initiativen. Sowohl die Senkung des Quorums auf 60 Stimmen für eine geheime Wahl, die Thomas Forrer (Grüne) verlangt hatte, wie auch die obligatorische schriftliche Wahl der Mitglieder des ZKB-Bankrats und des EKZ-Verwaltungsrats (Initiative Mitte) erzielten die nötigen Stimmen zur Weiterbearbeitung und beide haben reelle Chancen, auch Realität zu werden.