Buche, Platane und Spitzahorn unter Druck

Mit der neuen Ausstellung «Bäume in der Stadt» will die Stadt Zürich die Herausforderungen für die Stadtbäume sichtbar machen und wirft dabei die Frage auf: Wie sieht die Zukunft unserer Bäume aus?

 

Fabienne Grimm

«Wir brauchen mehr Bäume in Zürich», erklärt Stadtrat Richard Wolff – obwohl er kurz zuvor von einer herunterfallenden Eichel am Kopf getroffen wurde. Die Presseorientierung über die neue Ausstellung von Grün Stadt Zürich beginnt unter den Ästen einer grossen, 120 Jahre alten Eiche. Wie wertvoll Bäume für das Leben in der Stadt sind, wird hier schnell deutlich (wenn man die Eichelgeschosse, die hin und wieder auf den Boden und die Köpfe der Anwesenden donnern, einmal ausser Acht lässt). Trotz des heissen Spätsommertages herrscht ein kühles Lüftchen. «Stadtbäume leisten einen wichtigen Beitrag für die Lebensqualität in der Stadt Zürich», erklärt Wolff. «Gerade wenn es um Hitzeminderung geht, spielen die Stadtbäume eine grosse Rolle. Sie spenden Schatten, reinigen die Luft von Schadstoffen und kühlen sie durch Verdunstung ab.» Der Ruf nach mehr Grün und weniger Asphalt sei mehr als verständlich und berechtigt. 

 

Gesetze für verbindlichen Baumschutz

Doch «mehr» ist in diesem Fall gar nicht so einfach, wie es sich anhört: «Bäume brauchen Platz, nicht nur oberirdisch, sondern auch unterirdisch», erklärt Wolff. Gerade die Tendenz, immer mehr Tiefgaragen zu bauen, mache es schwierig, neue grosskronige Bäume zu pflanzen. Doch auch die bereits bestehenden Bäume hätten es in den letzten Jahren nicht einfach gehabt, erläutert Christine Bräm, Direktorin Grün Stadt Zürich. Der Klimawandel macht den Stadtbäumen das Leben schwer: Mehr Trockenheit, längere Hitzeperioden, mildere Winter und mehr Starkregen führen dazu, dass Bäume absterben. So reagieren beispielsweise Buchen sehr empfindlich auf lange Trockenperioden. Aber auch neuartige Krankheiten und Schädlinge gefährden den Baumbestand. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, braucht es neue Techniken, aber auch neue, zukunftsfähige Baumarten. Besonders schlecht sieht es für Bäume auf privaten Parzellen aus. Bautätigkeiten und innere Verdichtung haben hier dazu geführt, dass der Baumbestand in den letzten Jahren gesunken ist. Deshalb brauche es Anpassungen auf gesetzlicher Ebene, die für alle verbindlich seien, erklärt Bräm. Ausserdem müssen alle Beteiligten für die Thematik sensibilisiert werden. «Es braucht jetzt ein Umdenken für den Baum.»

 

Baumarten und ihre Eigenarten

Genau dies will die Stadt mit der Ausstellung «Bäume in der Stadt» in der Stadtgärtnerei erreichen. «Indem wir hier in der Ausstellung über die Stadtbäume reden, machen wir die Herausforderungen sichtbar», erläutert Bräm. Im ersten Raum der Ausstellung sehen Besucher­Innen all das, was ein Stadtbaum täglich mitmachen muss: Von pinkelnden Hunden über kollidierende Autos zu Hitze und in die Rinde eingekratzten Liebesnachrichten. Im zweiten Raum treffen die BesucherInnen auf zehn typische Stadtbaumarten. Jede Baumart wird dabei durch verschiedene hölzerne Boxen repräsentiert, die über die spezifischen Eigenschaften der Bäume informieren. Zu guter Letzt zeigt die Ausstellung Möglichkeiten auf, wie in Zukunft mit den verschiedenen Herausforderungen umgegangen werden kann. 

 

Bald Palmen in Zürich?

Ein potenzieller Blick in die Zukunft bietet auch eine Baumallee, die sich ausserhalb des Gebäudes befindet. In der sogenannten «Zukunftsallee» stehen 46 nicht-einheimische Bäume unterschiedlichster Art. Die Hopfenbuche oder der echte Mehlbeerbaum, die hier zu sehen sind, sind bereits besser an klimatische Veränderungen angepasst. Deshalb werden sie zukünftig wohl vermehrt in Zürich anzutreffen sein. Ganz sicher, dass diese resistenteren Bäume für alle kommenden Herausforderungen  gewappnet sind, ist man aber bei Grün Stadt Zürich nicht. «Es kann gut sein, dass einige Arten, die wir hier pflanzen, doch nicht so gut auf die Veränderungen reagieren, wie wir hoffen. Wir wissen nicht genau, wie sich die Dinge in Zukunft entwickeln werden», erklärt Axel Fischer, Leiter Park- und Grünanlagen Stadt Zürich. Palmenalleen wird es aber wohl in Zürich trotz des Klimawandels sobald nicht geben. «Dies wäre für die Biodiversität nicht von Vorteil», erklärt Fischer. «Man muss auf nicht-einheimische Pflanzen setzen, die mit unseren einheimischen Pflanzen verwandt sind.» So fühlt sich der Buchfink wahrscheinlich nicht nur auf dem einheimischen Spitzahorn, sondern auch auf dem Schneeballblättrigen Ahorn wohl.

 

Die Ausstellung «Bäume in der Stadt» dauert bis am
22. August. Stadtgärtnerei, Sackzelg 27, 8047 Zürich.
Öffnungszeiten: Täglich von 12 bis 16.30 Uhr. 

www.gruenagenda.ch

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