- Stadt Zürich
Brüche und Baustellen bei der VBZ
Fünf tödliche Tramunfälle erschütterten Zürich im Jahr 2024 – eine traurige Bilanz, wie sie seit Jahren nicht mehr verzeichnet wurde. An der Jahresmedienkonferenz am Dienstag suchten Michael Baumer, Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe, und die VBZ-Spitze nach Erklärungen und Lösungen. Co-Direktor Thomas Hablützel: «Diese Unfälle machen uns alle bei den VBZ sehr betroffen.» Die Ursachen sind vielschichtig: dichter Verkehr, Menschen, die mehr auf ihr Smartphone als auf die Strasse achten und ein enger städtischer Raum. Baumer betonte: «Jeder dieser Unfälle ist eine Tragödie.» Technische Lösungen wie Tram-Airbags werden zwar getestet, doch bis sie serienreif sind, bleibt es bei Appellen an die Aufmerksamkeit der Passanten. Es sei spürbar, dass die Hektik im Alltag zugenommen habe, so Hablützel. Die VBZ beteiligen sich deshalb an einer nationalen Kampagne, die Fussgänger:innen für mehr Aufmerksamkeit im Verkehr sensibilisieren soll.
Personalmangel und kreative Lösungen
Der akute Trampilot:innenmangel zwang die VBZ 2024 zu einem ausgedünnten Fahrplan. Abends verkehrten diverse Trams und Busse nur noch im 15-Minuten-Takt. Die Konsequenzen waren nicht nur verspätete Pendler:innen, sondern auch finanzielle Einbussen, wie die VBZ in einer Medienmitteilung schreiben: Der Zürcher Verkehrsverbund kürzte die Subventionen, wodurch ein Defizit von 11,6 Millionen Franken entstand. Weniger Fahrten bedeuten eben auch weniger Geld in der Kasse, während die Fixkosten unverändert blieben. Für den Moment scheint das Personalproblem gelöst – dank einer unkonventionellen Rekrutierungskampagne, die sich gezielt an ältere Arbeitnehmende richtete. Mit Slogans wie «Wir suchen Trampilot:innen, die noch zu Nenas 99 Luftballons im Volkshaus abhoben» oder Erinnerungen an Tetris auf dem ersten Gameboy trafen sie den Nerv der Generation 50 plus. Nostalgie als Türöffner – und der Plan ging auf: Die Bewerbungen von über 50-Jährigen stiegen um 38 Prozent, die Stellenaufrufe auf der VBZ-Job-Website um 32 Prozent. Und die Kampagne wurde mit einem Branchenpreis für Plakatwerbung ausgezeichnet.
Trotz dieses Erfolgs ist die Lage fragil. «Die Situation bleibt herausfordernd», betonten Baumer und Hablützel unisono. Hohe krankheitsbedingte Ausfälle und anstehende Pensionierungswellen könnten erneut zu Engpässen führen. «Wir haben einen breiten Strauss an Massnahmen ergriffen und kehren mit gutem Gewissen zum Normalfahrplan zurück», sagte Hablützel. Doch ob das Fundament trägt, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen, wenn Winter und Grippewellen sich weiter ausbreiten.
Tram Affoltern auf Abwegen
Das Tram Affoltern sollte das Verkehrsproblem im schnell wachsenden Norden Zürichs entschärfen. Mit geplanten Kosten von rund 450 Millionen Franken – finanziert durch Kanton, Bund und Stadt – war der Baustart für 2026 vorgesehen. Doch nun hat der Kanton die Finanzierung um zwei Jahre verschoben, und juristische Einsprachen blockieren den Fortschritt zusätzlich. Michael Baumer machte keine konkreten Angaben zu den laufenden Gesprächen, unterstrich aber die Dringlichkeit: «Die Stadt wächst schnell, Zürichs Norden ebenso. Affoltern braucht diese Infrastruktur.» Der früheste Baustart ist nun 2028, was die Entlastung weiter in die Ferne rückt.
Auch nach Grossveranstaltungen wie Fussballspielen im Letzi
grund bleibt die Verkehrssituation angespannt. Immerhin konnte eine Lösung gefunden werden, um den Tramverkehr schneller wieder aufzunehmen. Die Linie 3 verkehrt inzwischen wieder durchgehend, und die Anstrengungen, die Linie 2 zügig zu normalisieren, zeigen erste Erfolge. «Wir bemühen uns, den Betrieb jeweils schnellstmöglich wieder hochzufahren», erklärte Hablützel. Und es gibt weitere positive Nachrichten: Die Flottenmodernisierung macht Fortschritte. Das 70. Flexity-Tram wurde geliefert, 52 weitere sind bestellt. Diese neuen Trams bieten mehr Platz für die Fahrgäste, mehr Sicherheit, und sie sind energieeffizienter. Bis Ende 2024 erwarten die VBZ rund 300 Millionen Passagiere – fast so viele wie vor der Pandemie. Auch die Erneuerung der Seilbahn Rigiblick schreitet voran, bis Sommer 2025 sollen neue Fahrzeuge in Betrieb gehen.