Das Naturfreundehaus Sonnenberg liegt zwischen Sihl- und Zürichsee auf 1087 Metern über Meer. (Bild: Hermann Koch)

«Berg frei!» für 100 Jahre Naturfreunde Schweiz

Morgen Samstag feiert der Landesverband «Naturfreunde Schweiz» (NFS) sein 100-Jahr-Jubiläum in Zürich.

Die Anfänge der «Naturfreunde»-Bewegung in der internationalen Arbeiterbewegung begannen bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert. 1905 wurde in der Schweiz eine erste Sektion in Zürich gegründet. 1925 schlossen sich die Sektionen zum Landesverband «Naturfreunde Schweiz» zusammen. Ein kleiner Rückblick auf eine bewegte, nicht unpolitische Geschichte.

Gegründet wurde der Touristenverein «Die Naturfreunde» 1895 in Wien. Er entwickelte sich zu einer internationalen Freizeit- und Ferienorganisation der Arbeiterbewegung. Ziel war, der Arbeiterschaft ein gemeinsames Freizeiterlebnis in der Natur zu ermöglichen. Am 2. Juli 1905 wurde im Restaurant Schlauch die Sektion Zürich gegründet. Weitere Sektionen entstanden in Luzern, Bern, Davos, Biel, St. Gallen und Winterthur. Alle Sektionen waren mit der internationalen Zentrale in Wien durch die Landesgrenzen überschreitende Zeitschrift ‹Der Naturfreund› verbunden. Landesverbände gab es nicht. Der Meinungsaustausch zwischen den Sektionen war somit grenzenlos. Einzig der Erste Weltkrieg erschwerte damals die Zusammenarbeit. 

Erst am 11. August 1925 schlossen sich im Zentraldepot in Zürich die Schweizersektionen zum Landesverband «Naturfreunde Schweiz»  (NFS) zusammen. Dieser wuchs kontinuierlich dank neuen Sektionen und Mitgliedern. Der Verbandssitz war bis 1988 in Zürich. Da wurde er unter dem damaligen Zentralsekretär Rudolf H. Strahm nach Bern verlegt. Im gleichen Jahr wurde der Sitz der «Naturfreunde Internationale» (NFI) wieder zurück nach Wien verlegt. Das 100-jährige Jubiläum feiert der Verband aber im Volkshaus Zürich. 

Hüttenbau während der Wirtschaftskrise

Schutzhütten zu bauen, um die Freizeit gemeinsam in der Natur geniessen zu können, war eine der Aufgaben der Sektionen. Um 1920 gab es bereits fast ein Dutzend Hütten im meist voralpinen Gelände. Die ersten Häuser waren bescheiden ausgebaut, wurden oft als Ferienheime betrieben. Schon damals kam die Idee auf, das Proletariat sollte den Anspruch auf schönere und grössere Häuser an sich stellen. Während der Wirtschaftskrise wurden vermehrt NF-Häuser gebaut, auch um Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Nicht alle gebauten NF-Häuser konnten finanziell oder personell  gehalten werden. Etliche wurden gegen Ende des 20. Jahrhunderts verkauft. Heute gibt es gesamtschweizerisch noch 74 NF-Häuser, davon sind elf Partnerbetriebe. 

Überlebenshilfe während dem Naziregime 

Als die Nazis sowohl in Deutschland als auch in Österreich dazu übergingen, das Eigentum der Naturfreunde zu konfiszieren – Schutzhütten wurden dem Deutschen Alpenverein übergeben, das Vermögen eingezogen –, wurde 1934 der Hauptsitz der NFI inklusive der Redaktion des ‹Naturfreunds› von Wien nach Zürich verlegt. In der Schweiz versuchte die Redaktion, mit noch vorhandenen Sektionen den Kontakt mit Korrespondenz aufrechtzuhalten, was immer schwieriger wurde. 1960 wurde das internationale Blatt zugunsten nationaler Naturfreunde-Zeitschriften eingestellt. 

Solidarisch zeigten sich die Sektionen bei der Aufnahme von jüdischen Flüchtlingen. So erklärten sich «die Ortsgruppen Schaffhausen (Buchberghütte) und Zürich (Albishaus) bereit, jüdische Emigranten in ihre Häuser zu nehmen und dort zu verpflegen». Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg bemühten sich die Naturfreunde, in Europa wieder aktiv zu werden. In der Schweiz traten nun in vielen Sektionen politische Spannungen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten auf. Im Zeichen der Hochkonjunktur stieg die Zahl der NFS-Mitglieder auf über 30 000 an. Dazu trug bei, dass sich die NFS öffneten. Der ursprünglich «linke Verein» wurde politisch neutral. 

Ausblick

Gemäss der aktuellen Webseite sind die NFS mit über hundert Sektionen «der Verband für alle Outdoor-Enthusiast:innen und solche, die es noch werden wollen: ob Klettern, Wandern oder auf Skitouren – was alle Naturfreund:innen verbindet, sind unsere gemeinsamen Bemühungen für den Erhalt der Natur». Rund 13 000 Mitglieder zählt der Verband, der sich für «eine nachhaltige Entwicklung und den Erhalt unserer natürlichen Lebensräume» einsetzt. «Das gemeinsame Naturerlebnis steht dabei im Mittelpunkt!»

Der Kantonalverband Zürich zählt 16 Sektionen. Hütten betreiben die Sektionen Schlieren («Altberg»), Altstetten («Eichholz»). Gemeinsam tragen und betreiben Rüti-Tann-Bubikon, Wetzikon, Stäfa und Zürich das Naturfreundehaus «Sonnenberg» oberhalb des St. Meinrad-Passes in Richtung Stöcklichrüz. An ruhiger und sonniger Lage zwischen Sihlsee und Zürichsee hat man vom dunkelroten Haus aus eine grandiose Panoramasicht. International sind die NFS über die weltweite Dachorganisation der Naturfreunde Internationale NFI, verbunden. Diese zählt rund 300 000 Mitglieder auf allen Kontinenten. Der Gruss der Naturfreunde lautet bis heute «Berg frei!».

Festivitäten

Das Jubiläum feiern die NFS mit 100 verschiedenen Aktivitäten, die über das ganze Jahr verteilt in der gesamten Schweiz stattfinden. Das Programm enthält Wanderungen, offene Türen in Naturfreundehäusern, Umwelteinsätze, kulturelle Besichtigungen, Feste oder Wildkräuter-Exkursionen. Organisiert werden diese Aktivitäten von engagierten Sektionen, einige direkt vom Landesverband.

Mehr über die bewegende Geschichte der NF-Bewegung gibt es im Buch «…engagiert…unterwegs – 100 Jahre Naturfreunde Schweiz», im Verlag «hier + jetzt» sowie in der Mitgliederzeitschrift ‹Der Naturfreund›, Nr. 1/2025.